Eine Attacke "kann überall passieren"
Autor: Friederike Stark, Ronald Heck
LKR Haßberge, Dienstag, 19. Juli 2016
Wie fühlen sich die Bahnreisenden aus dem Landkreis einen Tag nach dem Axt-Angriff eines 17-jährigen Afghanen auf Zugpassagiere in Würzburg?
Knappe zwölf Stunden ist es her, dass ein 17 Jahre alter Jugendlicher in einem Regionalzug auf der Fahrt von Treuchtlingen nach Würzburg Passagiere mit einem Messer und einer Axt angegriffen hat. Doch Wolfgang Brühl, Kreisvorsitzender der SPD, beeinflusst das nicht in seinen Reiseplänen. "Ich fahre heute über Bamberg und Würzburg nach Köln", sagt er und lehnt sich gelassen gegen eine Mauer am Ebelsbacher Bahnhof. Für ihn ist klar: Solche schrecklichen Taten können leider überall verübt werden, wo viele Menschen aufeinander treffen.Diesmal sei es eben im Zug passiert.
Angreifer ist tot
Bei dieser schrecklichen Tat hat am Montagabend gegen 21.15 ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan völlig unvermittelt mehrere Zuginsassen mit einer Axt und einem Messer angegriffen. Vier Menschen wurden schwer verletzt, ein weiterer leicht, wie das Polizeipräsidium Unterfranken und die Staatsanwaltschaft Würzburg mitteilten. Unter den Opfern sind vier Mitglieder einer Familie aus Hongkong. 14 Menschen erlitten einen Schock. Als der Zug per Notbremse stoppte, sprang der Täter aus dem Zug und flüchtete. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei, das zufällig wegen eines anderen Einsatzes in der Nähe gewesen sei, habe die Verfolgung aufgenommen, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. Als der Jugendliche dann auch auf die Einsatzkräfte losgegangen sei, hätten diese das Feuer eröffnet. Wie die Polizei berichtet, wurde der 17 Jahre alte Angreifer mit mehreren Schüssen getötet.
In Ebelsbach sitzt an diesem Dienstagmorgen Armin Wolf-schmidt am Bahnhof und wartet auf den Zug Richtung Schweinfurt. Wolfschmidt ist momentan auf den Zug angewiesen, fühlt sich aber nicht unsicherer als vorher: "Sicher, im Hinterkopf hat man das schon, aber ich fühle mich nicht unsicherer."
Mehr Kontrollen gefordert
Ein anderer Mann, der soeben am Bahnsteig zum ersten Mal von der Tat hört, schimpft empört: "Das haben wir von der Merkel. Die lässt ja alles rein, auch diese ganzen Verbrecher."Differenzierter beurteilt das der 19 Jahre alte Johannes Pickel aus Neubrunn, der auf den Zug Richtung Bamberg wartet. "Das zeigt, dass man bessere Kontrollen durchführen muss und vielleicht psychologische Tests machen sollte."
Auch ein 17-jähriger Schüler aus Eltmann ist der Meinung, der Fall zeige, dass etwas schief laufe. "Ich würde derzeit vielleicht auch politische Veranstaltungen eher meiden. Aber sonst beeinflussen mich solche Taten nicht in meinen Entscheidungen", meint der Jugendliche.
Der Vorfall in der Regionalbahn in Würzburg beschäftigt auch viele Zugreisende am Bahnhof in Haßfurt. Einen Tag nach dem Axt-Angriff steigen einige Zugreisende durchaus mit einem mulmigen Gefühl in den Zug. Von dem Anschlag, der nur Stunden vorher im knapp 60 Kilometer entfernten Würzburg stattgefunden hat, haben viele Bahnfahrer über die Nachrichten oder die sozialen Medien erfahren.
Eine Frau, die in Haßfurt am Gleis zwei auf ihre Bahn wartet, sagt: "Ja, ich habe Angst, jetzt in den Zug einzusteigen." Bevor sie in die Regionalbahn Richtung Würzburg geht, fügt sie noch hinzu: "Und ich habe Angst, dass das erst der Anfang ist und enttäuschte Einzeltäter jetzt häufiger solche Anschläge verüben."
Gegenüber am Bahngleis eins steht Manikien Seryodja. Der 23-Jährige aus Schmachtenberg fährt gleich mit der Bahn nach Zeil, von dem gestrigen Vorfall wusste er bisher noch nichts. "Also für mich ist alles in Ordnung", sagt der gebürtige Armenier, der in Haßfurt eine Ausbildung zum Automechaniker macht. "Ich fühle mich im Zug sicher. Ich habe noch nie Probleme gehabt, außer, dass der Zug manchmal unpünktlich ist und der Ticketautomat in Zeil in den letzten Wochen nicht funktionierte", sagt Seryodja.
Keine Angst zulassen
Ähnlich gelassen fährt eine Rentnerin aus Königsberg heute mit dem Zug. Sie ist regelmäßig mit der Bahn unterwegs. Zugfahren hält sie auch weiterhin für sicher. "Autofahren ist noch gefährlicher", findet sie. Von den vielen Unfalltoten auf der Straße höre und lese man jedoch nicht so häufig in den Medien. Der Angriff in Würzburg sei ein schlimmes Unglück, aber sie meint, die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas passiert, sei sehr gering. Sie äußert jedoch Bedenken, dass wegen des Angriffs die Stimmung beim Thema Flüchtlinge hochkocht.Ein Münchner, der wegen seiner Arbeit in Haßfurt war und auf den Regionalexpress in Richtung Nürnberg wartet, will sich von dem Anschlag nicht verunsichern lassen. "Angst ist ein schlechter Lehrmeister", sagt der Reisende. Er will sich von solch schlechten, angsteinflößenden Nachrichten nicht zu sehr beeinflussen lassen. "Ich kann jetzt nicht nur zu Hause rumsitzen und nichts machen", findet der Münchner und steigt in seine Bahn.