Ein Platz für einen guten Lebensalltag
Autor: Ralf Naumann
Haßfurt, Sonntag, 01. Mai 2016
Das neue "Wohnheim 50plus" der Lebenshilfe Haßberge ist im Herbst bezogen worden. Die offizielle Einweihung erfolgte jetzt.
17 Monaten Bauzeit brauchte es für das 4,36 Millionen Euro teure und 1878 Quadratmetern große Gebäude in der Haßfurter Goethestraße. Hier leben 24 Bewohner, außerdem gibt es sechs Plätze für eine Tagesstruktur, die Menschen mit Handicaps tagsüber besuchen können.
Ein neuer Lebensabschnitt
Es war nicht nur für Eva-Maria Rausch und ihre Kollegin Tanja Hennig ein Ereignis, als Haßfurts Pfarrer Stephan Eschenbacher und seine evangelische Kollegin Doris Otminghaus bei einem ökumenischen Gottesdienst die Räume segneten. Das "Hausleitungsduo" kümmert sich um die Bewohner und 20 Mitarbeiter. "Es hat Spaß gemacht, unser Haus von Anfang an mitzugestalten und zu strukturieren.
Umso schöner ist es nun zu sehen, wie positiv sich unsere Bewohner in ihrem neuen zuhause entfalten", freute sich Tanja Hennig, gerontopsychiatrische Fachkraft im Wohnheim. Ihrer Meinung nach werden die Arbeitsabläufe durch die Räume und neue Hilfsmittel erleichtert. Noch wichtiger aber ist für sie die Lebensqualität der Bewohner, die "erheblich gesteigert" wurde, wie sie feststellte.
Ein ganz normales Leben
Im Wohnheim liegt "großer Wert auf Normalität", wie die Heilerziehungspflegerin Eva-Maria Rausch betonte. Familienähnliche Strukturen ("jeder macht alles") sind in den Gruppen mit maximal acht Personen gut umsetzbar. Dafür ist das Haus ausgestattet. Im großen Gemeinschaftsraum mit Küche, Wohn- und Esszimmer kann man zusammensein. Hier spielt sich der Tagesablauf ab. Es wird gemeinsam gekocht, geredet, gelacht und gelebt.
Die hellen großen Einzelzimmer mit Badezimmer geben "die Möglichkeit auf Rückzug und individuelle Gestaltung."Wie in den Lebenshilfe-Wohnheimen A und B in der Sylbacher Raiffeisenstraße meistern die Behinderten alle Lebenslagen. "Beim Wäschewaschen, beim Einkaufen, bei Gartenarbeiten, bei der Reinigung der Zimmer oder beim Kochen werden die Bewohner je nach Wunsch individuell mit einbezogen. So lernen sie den Prozess von Ursache und Wirkung", erklärte Tanja Hennig. Dazu gibt es Freizeitangebote wie Kegeln, Qi Gong, Malen, Massage, Gestalten, Ausflüge, Einkauf, Schwimmen oder Sauna. "Jeder und jede kann jedoch seinen Tagesablauf selbst bestimmen."
Hohe Lebensqualität
Am meisten freuen sich die Hausleitungen, dass sich die Bewohner "von Anfang an" in ihrem neuen Zuhause wohl gefühlt haben und das neue Gebäude sowie das neue Team "ein hohes Maß an
Lebensqualität ermöglicht." Die Kleingruppen bieten Zeit, um individuell auf die Bedürfnisse jedes einzelnen einzugehen sowie Ressourcen zu fördern. "Durch das neue motivierte Team ist in der kurzen Zeit ein guter Zusammenhalt sowie ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Betreuern und Bewohnern gewachsen", zog Eva-Maria Rausch ein positives erstes Fazit.Als "Gewinn" bezeichnete Landrat Wilhelm Schneider den Neubau des "Wohnheims 50plus". "Für die Lebenshilfe, für unseren Landkreis, für die Stadt Haßfurt und insbesondere natürlich für die Bewohner, für die hier ein neues Zuhause für ein besseres Leben geschaffen wurde." Zugleich sei der Lebenshilfe Haßberge "ein großer Schritt in ein neues Zeitalter der stationären Einrichtungen für ältere Menschen mit Behinderungen gelungen." Kleine moderne Wohneinheiten inmitten der Stadt Haßfurt böten den Bewohnern künftig noch mehr Lebensqualität.
"Kerngedanke des Konzeptes ist es, dass behinderte Menschen mit der erforderlichen Unterstützung ein Leben so normal wie möglich führen können", betonte der Kreischef. Ebenso bezeichnete Schneider den Standort als "ideal, weil das Wohnheim wirklich mitten im Wohngebiet, also mitten drin im Geschehen ist." Dadurch werde Inklusion und Integration nicht nur "groß geschrieben", sondern auch gelebt.
Haßfurts Bürgermeister Günther Werner lobte die Mitarbeiter. "Sie machen das Wohnheim zu einem wirklichen Zuhause für seine Bewohner und verhelfen ihnen dazu, ihren Platz in unserer Gesellschaft zu finden. Sie bieten ihnen Lebensqualität." Darüber hinaus würden sie Mitmenschlichkeit beweisen, "ohne die eine Gemeinschaft, ohne die eine Kommune, nicht auskommen kann." Werner richtete sich direkt an die Bewohner: "Sie werden Tag und Nacht gut betreut, Sie leben in einer Gemeinschaft, die Ihnen Rückhalt bietet, Sie werden darin bestärkt, Ihr Leben, so weit es geht, eigenständig zu gestalten."
Karin Renner aus Bad Kissingen, die Behindertenbeauftragte des Bezirks Unterfranken, sprach von einem "großen Tag für die Lebenshilfe und die Menschen, die eingezogen sind". Für sie ist die Lage des Wohnheims perfekt. "Es ist schön, dass es mitten in einem Wohngebiet steht. Das ist Inklusion", so die CSU-Politikerin.
Ein dickes Lob hatte Lebenshilfe-Vorsitzender Thomas Sechser für Geschäftsführer Olaf Haase parat: Das Gesamtprojekt wäre ohne dessen steten und gewissenhaften Einsatz vielleicht anders verlaufen. Auch Haase zeigte sich stolz angesichts der Verwirklichung eines Projektes in dieser Größenordnung. Es sei für einen kleinen Lebenshilfeverein nur zu schultern, "wenn alle Beteiligten daran Hand in Hand arbeiten und ein gemeinsames Ziel vor Augen haben." Weitere Grußworte sprachen Johann Lechner von der Regierung von Unterfranken, Markus Kuhn vom Haßfurter Planungsbüro Kuhn und Uhlich sowie Künstler Hermann Schmitt.
Das neue Wohnheim der Lebenshilfe Haßberge in Zahlen
24 Plätze, davon zwölf für Werkstattgänger und zwölf für Senioren sowie sechs Plätze für eine Tagesstruktur.
Grundstücksfläche: 3494 Quadratmeter.
Wohnfläche gesamt: 1878 Quadratmeter.
Kosten: 4 362 000 Euro.
Zuschüsse: Staatsregierung 64 Prozent, Bezirk zehn Prozent, "Aktion Mensch" 110 000 Euro, Stadt Haßfurt 50 000 Euro. Eigenmittel der Lebenshilfe Haßberge: 23,48 Prozent (1 025 000 Euro).