Ein Dschungel namens Bürokratie
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Sonntag, 02. Dezember 2012
Ein Westafrikaner hat im Landkreis Haßberge Frau, Kind und Arbeit - bislang aber noch keine Aufenthaltsgenehmigung. Deswegen stand er vor dem Richter. Der stellte das Verfahren gegen ihn kurzerhand ein.
           
Ein aus dem westafrikanischen Ghana stammender 25-Jähriger lebt seit 2010 mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen viermonatigen Kind im Maintal. Dem jungen Mann geht es nicht darum, als Asylbewerber anerkannt zu werden. 
  
  Im Schichtbetrieb tätig
 Vielmehr suchte er sich so schnell wie möglich eine Arbeit und fährt inzwischen täglich zu einer Großbäckerei in Gerolzhofen, wo er im Schichtbetrieb eingesetzt ist.  Da er von Dezember 2011 bis August 2012 ohne Aufenthaltstitel hier wohnte, hatte er sich strafbar gemacht und landete vor dem Kadi. 
  
  Verfahren wird eingestellt
 Nach kurzer Verhandlung stellte Richter Roland Wiltschka - mit Zustimmung des Staatsanwalts -  das Verfahren ein, weil die Schuld des Täters als gering angesehen wird und ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung nicht besteht.
Ausländer aus einem anderen EU-Land, also sogenannte Unionsbürger, haben das verbriefte Recht, sich innerhalb der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Man spricht in diesem Zusammenhang vom Freizügigkeitsrecht.
 Anders sieht es bei Staatsangehörigen etwa aus Afrika, Asien oder Südamerika aus. Wenn solche Personen sich - nicht nur zu Besuch - auf deutschem Boden befinden, brauchen sie eine Aufenthaltserlaubnis. Und genau daran haperte es bei dem Ghanaer.
  
  Befristete Genehmigung
 Bevor er nach Deutschland kam, lebte er bereits einige Zeit in Frankreich. Sein Aufenthalt hierzulande war erstmal legal, weil der so genannte französische Aufenthaltstitel nach EU-Recht auch in deutschen Landen gilt. Die Genehmigung aus dem Nachbarland war aber befristet, und der Westafrikaner hatte es versäumt, sich rechtzeitig im Haßfurter Landratsamt bei der Ausländerbehörde zu melden.
 Im August 2012 aber klopfte er doch an die Tür des Ausländeramtes, und seit 29. August besitzt er eine gültige, auf ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis.
Nachdem der Vorsitzende kurzerhand die Verhandlung unterbrach, um mit der Ausländerbehörde zu telefonieren, signalisierten die dortigen Beamten, dass sie an einer weiteren Strafverfolgung nicht interessiert sind.
 Damit fehlt es am öffentlichen Interesse, das beispielsweise dann bejaht wird, wenn sich Straftaten rasch vermehren, weil sie nicht oder zu spät verfolgt werden.
Zudem gilt die Schuld als geringfügig, weil der junge Mann strafrechtlich noch nie in Erscheinung getreten ist. Allerdings muss er demnächst einen Sprachkurs besuchen, um seine noch mangelhaften Deutschkenntnisse zu verbessern. 
  
  Mit der Heirat wird alles anders
 Aufgewachsen ist er mit der ghanaischen Amtssprache Englisch. Der Schwarzafrikaner hat einen klaren Zukunftsplan vor Augen: In absehbarer Zeit will er, wie er bei der Verhandlung vor Gericht schilderte,  die Mutter seines Kindes heiraten und hier sesshaft werden.