Eher Sommerfrische als Winter
Autor: Gerhard Schmidt
Ermershausen, Donnerstag, 16. Januar 2014
Frühsommerliche Episoden mitten zur "kalten Jahreszeit" gab es schon früher. Ein 200 Jahre altes Tagebuch aus Ermershausen beweist es.
Wer glaubt, der aktuelle, milde Winter sei abnormal, der täuscht sich. Unserem Mitarbeiter Gerhard Schmidt aus Ermershausen liegt ein Tagebuch vom Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts vor, in dem ebenfalls außergewöhnlich warmes Winterwetter im oberen Haßgau beschrieben wird. Der Autor dieser Aufzeichnungen stammte aus Ermershausen.
So ist im Jahr 1796 vermerkt: "Im Dezember und Januar war es so warm, da wir in Walchenfeld aufs Neu Jahr singen waren und so sind die Wiesen voller Herbstblumen gestanden, die Bienen haben geflogen wie im Sommer, die Schulknaben haben fast alltäglich barfüßig auf der Gass abends mit Heller gestöckelt."
Vor 210 Jahren hat der Verfasser geschrieben: "... bis die Weihnacht, da ist es sehr warm geworden und hat den ganzen Januar 1804 hindurch immer geregnet und ist eine solche Wärme gewesen, das die Bauern im Acker gefahren und ich den 1. Febr. Salat im Garten gesät, die Knospen an den Bäumen seyn überall herfür kommen, also das den 1. Febr. in Königshofen im Stadtgraben ein Pfirsig Baum in seiner völligen Blüte gestanden...".
Früher war's folgenreicher
Einen sehr warmen Winter muss es auch 1816 gegeben haben, denn dazu liest man im Tagebuch: "... nach den Christtagen, also den 27. Dez., haben meine Kinder mit 2 Taglöhner die Wiesen auf den Schwanhäuser Gewend herunter gegraßet, da war kein Schnee und war warmes Wetter...".
Man sieht also, auch früher schon war der Winter keineswegs Garant für Eis und Schnee. Auch zu Zeiten, als noch niemand über den Klimawandel sprach, gab es sehr warme Winter.
Damals waren die Menschen allerdings viel mehr vom Wetter abhängig als heute. Solche Wetterkapriolen lösten oft Hungersnöte aus, weil die folgenden Sommer meist stark verregnet waren und das Brotgetreide kaum in die Scheunen gebracht werden konnte.