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"Echte Bürger" aus Ebern bekommen Geld


Autor: Ralf Kestel

Ebern, Dienstag, 25. März 2014

Eberns "echte Bürger" mit entsprechendem Stammbaum haben als Rechtler viel von ihrem Forst. Der wirft tüchtig Gewinne ab und bietet nicht für für Jäger, sondern auch Naturfreunden ein attraktives Refugium.
Eine neue Aufforstung bei Kirchlauter stellte Betriebsleiter Bernhard Schmitt beim Waldgang im Sommner vor.


Es mutete fast an wie eine wichtige Abstimmung im Bundestag, da alle Abgeordnete von ihren Fraktionsvorsitzenden einbestellt und aus ihren Büros geholt werden, um Mehrheiten zu sichern. Ähnlich ging es bei der Mitgliederversammlung der Bürgerwaldkörperschaft am Montagabend im Awo-Saal zu. Hektisch wurde telefoniert, um Mitglieder einzubestellen. Die unterbrachen Geburtstagsfeiern, ließen die Kinder allein daheim oder schleppten sich trotz eines Gebrechens doch noch in die einstigen Kaserne.

Was machte sie so wichtig? Eine Änderung der Satzung stand an. Dies geht beim ersten Anlauf aber nur, wenn die Hälfte der aller Mitglieder anwesend sind: Dazu waren 124 Stimmberechtigte notwendig.

Obwohl der Saal schon tüchtig gefüllt war, hatten sich zunächst aber nur 113 Bürgerwald-Rechtler eingetragen. Dies trotz solcher Verlockungen wie Freigetränke, Brotzeitplatte und eine Verlosung von fünf Ster Brennholz.

"Der Saal ist voll, aber wir haben unser Ziel noch nicht erreicht" gab Bürgermeister Robert Herrmann als Vorsitzender den "Saalordner" - "wir haben aber noch Reserven", verkündete er und ließ erst einmal die Brotzeitteller verteilen, während sich sein Stellvertreter Wilhelm Schobert ein Telefonbuch und das Handy schnappte, um die "Rückruf-Aktion" zu starten. Ein erfolgreiches Unterfangen. Nach der Brotzeit standen 126 Stimmberechtigte auf dem Zettel und einige davon im Saal, weil es an Stühlen mangelte. Ausgerechnet der Ehrenvorsitzende Eugen Scherer war der Mehrheitsbeschaffer, wie sich Vorsitzender Herrmann freute, der die wichtigsten Passagen der Satzungsänderung erläuterte.

Tradierte Vorgaben reformiert

Neu geregelt wird das Eintrittsalter (nun einheitlich ab 21 Jahren) sowie die Vorgabe, dass bei Heirat von zwei Rechtlern nur einer Mitglied sein darf. "Das hielt der Notar für nicht konform mit dem Grundgesetz." Künftig darf der Bürgerwaldausschuss Aufträge bis zu 30 000 Euro vergeben, auch der Anspruch auf Bauholz wurde klarer definiert.

Unter den 126 Stimmberechtigten (Herrmann: "Die größte Teilnehmerzahl seit Jahrzehnten") gab es dazu kaum ein Murren. Lediglich Peter Oppelt störte sich an der erneuten Jagdvergabe im Bürgerwald. "Was hier getrieben wird, ist nicht in Ordnung, wenn der Vorstand an den eigenen Vorsitzenden vergibt und der auch noch die Hochsitze dazu bekommt." Der so "Angeschossene" wehrte sich energisch gegen den Eindruck, dass der Vorstand die Jagd zu günstigen Konditionen vergeben habe.

Bürgermeister "angeschossen"

Robert Herrmann: "Ich habe einen von acht Pirschbezirken bekommen und liege dabei deutlich über vergleichbaren Werten. Ich sehe meine Jagd als Verpflichtung, verzichte aber auch gerne und geh' dann eben woanders auf die Jagd." Herrmann fand, dass "es dem Bürgerwald gut bekommen ist, wie wir die Jagd betreiben und wir auf dem richtigen Weg sind, wie er auch bei unseren Nachbarn im Rotenhanschen und im Staatswald verfolgt wird. Natürlich stehen wir bei denen im Feuer, die ein anderes Ergebnis haben wollen, aber wir sind von unserer Linie überzeugt."

Bei sechs Gegenstimmen wurde die Jagdvergabe von der Versammlung bestätigt.

Herrmann verteidigte auch die Tatsache, wonach die Mitglieder des Bürgerwaldausschusses eine Aufwandsentschädigung erhalten. "Das ist zwar ein Ehrenamt, aber der Aufwand ist so groß, das er nicht im Vorbeigehen zu erledigen ist." Hermann Müller regte dazu, dass diese Aufwandsentschädigung nicht vom Bürgerwaldausschuss, sondern von der Mitgliederversammlung beschlossen wird.

Womit man schon bei den Finanzen angelangt war. Kassier Matthias Batzner sprach von einem Vermögen von 554 000 Euro und einem Jahresüberschuss von 120 000 Euro. "Das beste Ergebnis seit zehn Jahren." Batzner: "Da sind keine Belastungen mehr hängen geblieben", verwies er auf den Rechtsstreit, wonach nunmehr keine Holzbezugsrechte der Stadt oder der Julius-Pfründner-Spitalstiftung mehr bestehen. "Diese Bezugsrechte wurden herausgenommen und abgelöst", so Vorsitzender Hermann, was auch zur Satzungsänderung, die über Jahre vorbereitet worden war, führte.

46.000 Euro ausgeschüttet

46.000 Euro werden an die Mitglieder ausgereicht: 286 Bezugsberechtigte erhielten 50 Euro als Bürgergeld sowie 220 jeweils 110 Euro, weil sie auf das ihnen zustehende Bürgerholz verzichteten. Den Rest des Überschusses will Vorsitzender Herrmann auf die hohe Kante legen. "Reserven, um den Grundstock weiter zu erhöhen", spielte er auf weitere Zukäufe an, da zuletzt im Bereich Kirchlauter Flächen angekauft und aufgeforstet wurden.

Trotz der guten Preise blieb man beim Holzeinschlag mit 2900 Festmetern etwas unter dem Plan (3000 Festmeter)  "Das Ergebnis ist aber so gut, dass wir da keine Bedenken haben müssen, außerdem geht es um die langfristige Entwicklung", so Herrmanns Fazit.