Druckartikel: Eberns späte Liebe zum "Adoptivsohn"

Eberns späte Liebe zum "Adoptivsohn"


Autor: Helmut Will

Ebern, Dienstag, 17. Mai 2016

Die Stadt gedachte des Dichters und Sprachgelehrten und "korrigierte" nach 150 Jahren eine schwierige Beziehung.


Am Rückertdenkmal in der neu überarbeiteten Friedrich-Rückert-Anlage gedachte Ebern des 150. Todestags des Dichters und Orientalisten Friedrich Rückert und feierte seinen 228. Geburtstag. "Er kam immer wieder gerne nach Ebern zurück und verweilte oft an seinem Geburtstag bei uns in der Stadt. Wir wollten zu seinem 150. Todesjahr, diesen Anlagenbereich etwas auffrischen und zum Geburtstag herausputzen", sagte Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) bei der Begrüßung der Gäste. Die Zahl 150 mag auch für die Anzahl der Personen stehen, die zur Feierstunde gekommen waren.
Für die Umgestaltung der Friedrich-Rückert-Anlage habe man sich etwas einfallen lassen, Vorschläge diskutiert, von denen einige nun umgesetzt seien. Zahlreiche Aktionen fanden statt oder seien noch vorgesehen, sagte der Bürgermeister. In Anbetracht des nasskalten Wetters lud der Bürgermeister zum Geburtstagsumtrunk und für die weitere Veranstaltung in die Xaver-Mayr-Galerie des Bürgervereins ein.
Kreisheimatpfleger Günter Lipp zeichnete in einem "gewürzten" Vortrag ein authentisches Bild des 1778 in Schweinfurt geborenen Rückert. Wohin man auch schaue, ein Gedicht von Rückert über Ebern sei nicht zu finden. "Selbst in seinem Gedicht über die Barbara-Kapelle spricht er nur vom Städtchen. Europas Mitte hätte es sein können, aber diese Auszeichnung hat er, undankbar wie der Adoptivsohn war, an Rentweinsdorf vergeben."


Unendlich gelangweilt

Ebern und seine Gesellschaft seien ihm nicht anregend erschienen. Er habe sich hier unendlich gelangweilt, besonders im Winter. "Nicht mal die Bürgerstöchter haben ihn beeindruckt, selbst ihre 24 Mädchenbeine kaum." Seine ersten Liebschaften hat er außerhalb gesucht und eine davon in Rentweinsdorf gefunden. "Seinen 29. Geburtstag hat er übrigens nach einer Reise am 16. Mai 1817 lieber auf der Bettenburg verbracht als in Ebern. Erst am nächsten Tag ist er dann für wenige Tage wieder in Ebern aufgetaucht."
Die Stadt Ebern hatte umgekehrt auch keine Beziehung zu ihm. Dieser Amtmannssohn sei den Bürgern ein seltsamer, dunkler Vogel gewesen, der kaum grüßte und keinen Kontakt suchte. Rückert sei mehr in der Umgebung von Ebern als in der Stadt selbst gewandert und habe wohl auch keines der Wirtshäuser besucht.
"Was wäre das heute für eine Reklame" sinnierte Lipp. "Hier saß vor Ihnen der Dichter und Sprachgelehrte Friedrich Rückert und aß seinen Rückert-Spieß und oben drüber noch der Wirtshausname "Zum alten Friedrich."
1821, als sich Rückert in Coburg zur Heirat anmeldete, seien die Stadtväter von Ebern aufgewacht. "Sie haben gemerkt, welch bunter Vogel ihnen durchs Gitter ging und ihm umgehend das Bürgerrecht angeboten, aber eine Antwort von Rückert auf das Angebot ist nicht bekannt."
"Maustot" sei ein Jahrhundert lang das Verhältnis von Rückert zu Ebern gewesen. "Erst der mehr rührige und gefühlvolle als kenntnisreiche Hauptlehrer Karl Hoch hat es in den 1920er Jahren wieder angeblasen", so Lipp. Er ging auf "die drei Rückerdenkmale" in Ebern ein - eine Ehrentafel, einen Rückertstein und das Ehrendenkmal.
Ein Lob vom Kreisheimatpfleger an die Stadt Ebern: "Die Stadt, genauer ihr Bauhof, hat es in den letzten Wochen sehr schön renoviert - endlich." Auch lobte er die Wahl der Blumen um das Denkmal, denn "Tulpen kommen ursprünglich aus Persien und Persien war das ferne Lieblingsland von Friedrich Rückert." In Ebern sei neben den Denkmalen einiges nach Rückert benannt, vom Gymnasium über die "Rückertstraße" und die Rückert-Wurst, bis zur Rückert-Torte. "Er hat hier seinen Liebes-Frühling gefeiert; Ebern feiert jetzt seinen Liebes-Herbst zu ihm."


Brief an Rückert

An den "Adoptivsohn" Friedrich Rückert gewandt, auch wenn er es nicht mehr hören kann, sagte Lipp: "Du hast uns nicht gemocht, aber es hat dir nichts genützt. Wir Eberner haben dich trotzdem lieb." Karl-Heinz Krebs aus Ebern hatte zur Feder gegriffen und einen "nicht ganz ernst" gemeinten Brief an Friedrich Rückert geschrieben. Diesen gaben im gemeinsamen Dialog Bürgermeister Jürgen Hennemann und "Friedrich Rückert" in Person von Rudolf Hein den Besuchern kund.


Verse von Walter Dold

In diesem Brief, von den "Schauspielern" Hennemann und Hein lebendig vorgetragen, streifte Krebs vor allem die Zeit, während der sich Rückert in Ebern aufgehalten hat und richtete einen ungetrübten Blick auf den Raucher und Mädchenjäger, erinnerte an einen Unfall des Dichters und sein Interesse daran,was alles so in Ebern geschah. Zu hören war, dass Rückert das Frankenland, den Baunachgrund, für den Mittelpunkt Deutschlands hielt. Das er Ebern nicht irgendwann mal gelobt habe, sei "nicht o.k.".
Spontan gab Walter Dold, ehemaliger und in Sendelbach wohnender Lehrer, seine eigene Dichtkunst kund, indem er in die Person des Poeten schlüpfte und als "Sendelbacher Rückert" wohlgesetzte Reime aus eigener Feder vortrug und somit zum Schluss der Veranstaltung die Gäste ebenso belustigte wie zuvor Jürgen Hennemann und Rudolf Hein. Durch diese Veranstaltung erfuhr Rückert als "Adoptivsohn" Eberns am Pfingstmontag posthum eine Ehrung.


Postkartenwettbewerb

Die Idee, einen Postkartenwettbewerb der Stadt Ebern zum Rückertjahr zu veranstalten, hatte Walter Ullrich, Vorsitzender des Sport- und Kulturvereins und Zweiter Vorsitzender des Kulturrings Ebern. Beteiligt haben sich 15 Personen, zwei davon von außerhalb von Ebern. Bei der Geburtstagsparty zu Ehren Rückerts am Pfingstmontag, wurden die Gewinner prämiert.
Gewonnen hat Werner Eichler aus Ebern mit seinem Stahlstich "Rückert in Ebern." Rudolf Hein, ebenfalls Ebern, erzielte mit seiner Collage "Handschriftlich" Platz zwei, den er sich mit Gisela Röder, Ebern, teilt. Auch ihre Collage "Rückert und Ebern 2" kam auf den zweiten Platz. Den ebenfalls zweigetielten Platz drei gab es für die Fotokunst von Bert Niklaus von der Künstlergruppe Weißenbrunn mit dem Titel "Rückert & Modern 13Art" sowie für Rudolf Hein mit der Collage "Rückerthaus". Weitere Teilnehmer waren Steffen Schanz, Ebern, Erich Wolfert, Frank Wolfert, Heubach und von der Künstlergruppe Weißenbrunn, Beate Streit, Ebern, Karin Hommert, Weißenbrunn, Erika Freibott, Ebern und Michaela Lehnhardt, Ebern. Beteiligt haben sich weiterhin Hans Schömburg, Schonungen, und Alfred Müller, Pfarrweisach.
Als Jurymitglieder fungierten Andrea Meister, Gabi Pfeufer, Zweiter Bürgermeister Harald Pascher, Linda Lang, Karl-Heinz Krebs und FT-Redakteur Ralf Kestel.
Die Gewinner erhielten aus der Hand des Bürgermeisters jeweils ihre Entwürfe als Postkarten gedruckt.