Keine besonderen Vorkommnisse hieß es am Wochenende aus Eberns Polizeizentrale. Was erstaunt. Sexorgien, Kindesentführung, Mord und Totschlag waren am Samstagabend zwar nicht an der Tagesordnung, aber in der Speisekarte dreier Gasthäuser und in den Krimi-Romanen bei der 1. Eberner Krimi-Nacht zu finden.
Über 150 Zuhörern nahmen neben den ("Drogen"-)Küchen Platz und hatten ihren Spaß daran. Heimische Kost wurde kredenzt und goutiert.
Nicht, dass der Franke allgemein, und der Eberner speziell, hochgradig kriminell wäre (es kamen viele Gäste teils von weither), aber das Lokalkolorit in den Restaurants (welch ein Wortspiel!) mundete besonders.
Ein Heimspiel hatte der Rattelsdorfer Helmut Vorndran, der in seinem aktuellen Roman "Habakuk" ein altes Haus in Jesserndorf in die Luft jagt und dann die Eberner Feuerwehr anrücken lässt. Welch ein (R)Einfall!
Böse Buben in Unterpreppach
Vorndrans böse Buben kommen aus Unterpreppach und an Zeugs ran, das die selben fatalen Folgen nach sich zieht, wie bei den Übeltätern des Coburgers Volker Backert in "Hardrock": Die Modedroge Chrystal meth, gepanscht mit Geldgier, Größenwahn, Sucht, Prostitution und anderen vorteilhaften Charakterzügen.
Der Dritte im Bunde war neben dem Rein-Oberfranken Backert, dem Ober-/Unterfranken-Mischling Vorndran (er stammt aus Bad Neustadt) der Mittelfranke Josef Rauch, ein Fööörther ("Die Stadt, die regelmäßig gegen den Club gewinnt"), der seinen Helden, den Privatdetektiv Marlein, bei der Suche nach der gestohlenen "Schwarzen Madonna aus Altötting" im Marienwallfahrtsort Reutersbrunn schnüffeln lässt und dabei auf ebenso obskure wie obszöne Ereignisse stößt.
Nimmt man den Verkaufserfolg am Samstagabend zum Maßstab, war Rauch der Gewinner, auch wenn sein Ziel, die Auflage von "Sakrileg" zu toppen, (noch?) nicht erreicht wurde. Sex sells, weiß jeder Literat und in diesem Dunstkreis bewegen sich Rauchs Hauptdarsteller. Eine Sekte, die das Christentum in seinen Grundfeste erschüttert, da die Gottesmutter Maria über Jesu und Gottvater gestellt wird, Sex als Gottesdienst predigt und als Göttin der Fruchtbarkeit ihre Jünger sämtliche Begierden hemmungslos ausleben lässt.
Orgie auf dem Hohlen Stein
Als ob das noch nicht reichte, die wüste Rudelbumserei spielt noch auf dem Plateau des Hohlen Stein inmitten des lauschigen Haßbergwaldes, einem Staatswald - und keine staatliche Aufsicht weit und breit.
Dabei wirkte der Autor bei seinem ersten Auftritt eher schüchtern-verklemmt. Doch ein spitzbübische Grinsen verrät den wachen Geist, in dem solche lasziven Visionen spuken. Sein 45-minütiger Vortrag wird unterbrochen von Einspielungen einer "eher unbekannten Boyband" - den Beatles: Lady Madonna, Let it be, All you need is love, alles Anspielungen auf die Marienverehrung der Pilzköpfe.
Zwei Jahre hat Rausch für seinen Krimi benötigt. "Ein Jahr davon war reine Recherche." Dazu gehörte das Studium der "Legenden und Sagen in Franken" wie Besuche der Kultstätten in Marienweiher, Gößweinstein oder eben in Reutersbrunn.
Die örtlichen Gegebenheiten sind auch Helmut Vorndran nicht fremd. Das Publikum beim Jesserndorfer Weihnachtsmarkt hat er sich ganz genau angeschaut, ehe sein Kommissar Haderlein dort von der kleinen Annagret-Sophie eine großherzige Gabe für einen Glühwein entgegennimmt.
Für Amüsement bei der Zuhörerschaft sorgen auch die Beschreibungen des tollpatschigen Bürgermeisters Hahnemann, den seine Feuerwehr im Stich lässt. Statt mit dem neuen Einsatzfahrzeuges kommt sie mit dem Traktor und Spritzenhänger an, als das Haus, in dem ein Kühlschrank explodierte und die Bewohner vom Dies- ins Jenseits beförderte, bereits runtergebrannt ist. Seinen Frieden hat Vorndran mit den Jesserndorfern am Samstagabend aber geschlossen, als er, als ausgemachter Macho, eine Zuhörerin fragte. "Kann man Dich noch zu heiraten?"
Solche Frühlingsgefühle beseelen Volker Backerts Rocker aus dem Zuhälter- und Drogenmilieu nicht. Seine neuer Roman spielt in Coburg und der Tschechei. Der Stones-Fan lässt seine Charaktere in Jugendsprache über den Drogenstrich marschieren und von mehreren Peinigern gleichzeitig vergewaltigen. Aber im Eberner Polizeiberichte tauchte davon nichts auf.