Eberner lernt an altem Stuck in Bella Italia
Autor: Katharina Becht
Ebern, Mittwoch, 20. Februar 2013
Der junge Handwerksmeister Anton Gerstenkorn aus Ebern lebte und arbeitete dank eines Stipendiums für drei Monate in Norditalien. In Venedig und Florenz ging es um die Werte der Vergangenheit.
           
In Italien leben und arbeiten. Dieser Traum ist für Anton Gerstenkorn aus Ebern in Erfüllung gegangen - zumindest für eine kurze Zeit. Über den Zentralverband des Deutschen Handwerks hat der Jungmeister, der 2011 seine zweite Meisterprüfung mit sehr gutem Erfolg abgelegt hatte, ein Stipendium erhalten. Damit durfte er einen dreimonatigen Kurs im Europäischen Zentrum für die Berufe in der Denkmalpflege in Thiene, Provinz Vicenza in Italien, absolvieren. 
Über die Meisterschule in Würzburg, bei der Anton Gerstenkorn seine Prüfung zum Malermeister abgelegt hatte, hat er von diesem Stipendium erfahren und sofort beschlossen "da mach ich mit." Auch sein Chef, Dieter Gerstenkorn, war sofort angetan. "Wie oft hat man schon so eine Gelegenheit." Besonders der internationale Austausch zog den jungen Maler- und Stuckateurmeister an.
"Es war interessant zu sehen wie Denkmalpflege in den anderen Ländern praktiziert wird", berichtet Anton Gerstenkorn. "In Italien ist der Denkmalschutz zum Beispiel viel strenger, als bei uns." 
  
  Tolle Gemeinschaft
 Zusammen mit zwei Däninnen, vier Schweizerinnen, einer Österreicherin sowie neun weiteren Deutschen bezog er also eine Wohngemeinschaft in Thiene, nahe der Schule in der Villa Fabris. Dazu kamen im Schulbetrieb noch einige Italiener. Zusammen haben die jungen Leute viel unternommen. Vom Fußball-Spiel nach der Schule über gemeinsame Ausflüge in die Umgebung bis hin zur natürlich dazugehörenden Feier, haben sie fast alles gemeinsam unternommen. 
"Die Gemeinschaft war klasse" findet der 25-Jährige jetzt noch. "Und dadurch, dass die Werkstatt immer bis nachts offen stand, haben sich die verschiedenen Gewerke auch gegenseitig ihre Fertigkeiten beigebracht." So lernte er beispielsweise Steine behauen von den Steinmetzen. "Dafür haben wir Stuckateure den anderen gezeigt, wie man Stuck zieht." 
Aber auch der Unterricht war interessant. "Die haben in vier Sprachen gleichzeitig unterrichtet, mit Dolmetscher" erzählt Anton Gerstenkorn. Die Sprachen waren Deutsch, Italienisch, Französisch und Englisch. "Und Italienisch-Unterricht hat für uns auch zum Stoff gehört."
 Trotzdem haben er und seine Kollegen nicht alle Dozenten gut verstanden. "Zu dem einen Lehrer haben wir gemeint, er soll einfach arbeiten, wir lernen durchs Zuschauen" grinst der junge Eberner. Das hat dann auch hervorragend geklappt. Und der Dozent war ebenfalls ganz erstaunt und begeistert davon, dass diese jungen Deutschen alleine durch das Zuschauen gelernt haben.
  
  Lernen im internationalen Vergleich
  Überhaupt, so berichtet Anton Gerstenkorn weiter, waren die Italiener verblüfft, mit welcher Geschwindigkeit und Perfektion die Deutschen arbeiten und welche vielfältigen Fertigkeiten sie einsetzen. Außerdem seien die Italiener neidisch auf das deutsche Ausbildungssystem. 
"In Italien macht man meistens mehrere unbezahlte Praktika und muss selber schauen, was man dabei lernt, wird aber eigentlich nur ausgenutzt", hat er erfahren: "Da bin ich echt froh, dass ich in Deutschland gelernt hab."
Ziel der Schule und des Kurses sei, "die Werte der Vergangenheit, also letztlich Venedig" zu erhalten. Deshalb war die Schule anfangs auch in Venedig selbst, auf der Insel San Servolo, ist dann aber vor etwa fünf Jahren nach Thiene in die Villa Fabris umgezogen. Der Grund, so haben die Schüler erfahren, waren Bauplatzspekulationen von Hotelbetreibern. Seitdem ist die Schule und der dort angebotene Kurs fast in Vergessenheit geraten. "Und das ist total schade", findet Anton Gerstenkorn. 
  
  Der "Jackpot"
 Immerhin hatte er über diesen Kurs und seine Unterbringung nur 90 Kilometer von Venedig entfernt auch die Möglichkeit in dieser faszinierenden Stadt selbst zu arbeiten. "Das war eigentlich der beste Teil", denn da konnte er die vor allem theoretisch erworbenen Kenntnisse aus den ersten Wochen dann endlich anwenden. 
"Die Zuteilung der Gewerke auf ihre Baustellen war wie eine Preisverleihung. Wir Stuckateure haben dabei den Jackpot gezogen." Grinst er. Denn zusammen mit den anderen Stuckateuren durfte er in Venedig in einem Palazzo eine Stuckdecke restaurieren. "Da wären die anderen auch gerne hin."
 Alleine die Materialien auf die Baustelle zu bekommen, sei in einer Stadt wie Venedig einmalig, erzählt Anton Gerstenkorn weiter. "Wir haben unser Material per Boot auf die Baustelle gebracht, oder mit dem Sackkarren durch die Gassen gefahren. Bei uns kennt man sowas gar nicht mehr" erinnert er sich auch an Erzählungen seines Großvaters. 
  
  Beste Beziehungen
 "Außerdem ist im Winter in Venedig absolut nichts los" schmunzelt er. "Auf dem Markusplatz sind dann mehr Tauben als Touristen zu sehen", und er konnte zusammen mit seinem Kurs auch viele Sehenswürdigkeiten besichtigen, die sonst nicht zugänglich sind: "Über die Schule bestehen da Connections, das ist Wahnsinn."
 So konnte er zum Beispiel nicht nur die Kuppel des Doms in Florenz besteigen, sondern auch die Kuppel des Markus-Doms in Venedig. Der 25-Jährige: "Der Blick von dort oben ist genial." Aber auch die Krypta in Venedig, die erst vor kurzem trocken gelegt wurde, konnten die Schüler der Villa Fabris besichtigen. "Überhaupt muss ich sagen, dass die Organisation echt top war", schwärmt der Handwerksmeister.
Worüber kann er jetzt, im Nachhinein, noch so richtig lachen? "An die Arbeiten auf dem Gerüst, als wir die eine Stuckdecke restauriert haben." Denn dank seiner Körpergröße, er war mindestens einen Kopf größer als alle anderen im Kurs, konnte er auf dem Gerüst sitzend die Decke bearbeiten, während alle anderen stehen mussten. 
Und besonders stolz ist er noch jetzt darauf, dass ihn die italienischen "Maestros" mehrmals gefragt haben, ob er nicht bleiben wolle, immerhin gibt es gerade in Venedig für entsprechend ausgebildete Fachkräfte sehr viel zu tun. Doch Anton Gerstenkorn zog es wieder zurück zum Familienbetrieb nach Franken.
  
  Stipendium
 Förderung:
Das Stipendium (Wert 10 000€) wird vom Bundesbildungsministerium in Berlin vergeben. Die Verteilung erfolgt nach einem Bewerbungsverfahren. Man sollte Erfahrung in Restaurationen nachweisen können.
 Villa Fabris:
Die Schule in Thiene ist für die Kunstgewerke Stuckateure, Maler, Steinmetze und Schreiner/Tischler
Näheres: 
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Zentralverbands des Deutschenhandwerks e.V. unter www.zdh.de.