Druckartikel: Ebern wagt Zeitsprung ins Mittelalter für einen Tag

Ebern wagt Zeitsprung ins Mittelalter für einen Tag


Autor: Eckehard Kiesewetter

Ebern, Donnerstag, 06. Juni 2013

Am Samstag, 22. Juni, lässt Ebern seine Vergangenheit aufleben. Musiker, Gaukler, Marketender und "fahrende Leut'" sind zu Gast beim Mittelaltermarkt in der Eberner Altstadt. Organisatoren sind Stadt, Tourismus- und Werbegemeinschaft sowie der Bürgerverein.
Helen Zwinkmann zeigt das Plakat für den Mittelaltermarkt. Den Entwurf, der im Kunstunterricht der zehnten Klassen entstand und von einer Jury ausgewählt wurde, hat die Gymnasiastin Sophie Will geliefert.Foto: Eckehard Kiesewetter


Demografisch hat sich die Bevölkerung schon immer entwickelt, auch wenn man das Auf und Ab früher noch nicht so nannte. Auch eine Stadtentwicklung gab es in der Civitas schon vor Jahrhunderten, als noch kein Planungsinstitut wissenschaftliche Gutachten dafür lieferte. Dafür haben Handel und Prosperität, kirchliche und weltliche Herren, Kriege, Stadtbrände und Seuchen Eberns Entwicklung geprägt

Im späten Mittelalter gab es Noble und Adelige, reiche Kaufleute, vor allem aber Ackerbürger und Handwerker, Tagelöhner und Arme in Ebern. Dass damals bereits die "soziale Schere", wie man sie heute nennt, weit auseinander klaffte, ist bis heute an den noblen Bürger- und Geschäftshäusern entlang des Marktplatzes einerseits und den Häuschen in den schmalen Altstadtgassen und dem Mühlenviertel andererseits abzulesen. Über Jahrhunderte hinweg gehörten auch Reisende zum Bild der kleinen Stadt. Klein-Nürnberg heißt noch heute der Bereich südlich des Grauturms, weil einst vor verschlossenem Tor in der Nacht viele Händler aus der Kaiserstadt ihr Lager aufschlagen mussten.

Teilweise Neuland

Heute ist Ebern in vieler Hinsicht offener. Und doch darf man sich so oder so ähnlich, dazu historisierend verklärt, das Szenario für ein Spektakel vorstellen, mit dem die Stadt in gut 14 Tagen (abgesehen von historischen Umzügen zu Jubiläen oder den Handwerkermärkten bei den ersten Altstadtfesten in den 1970er Jahren) Neuland betritt.

Für einen Tag schaltet die Stadt Ebern am Samstag, 22. Juni, die Zeitmaschine ein. Sie will die Bevölkerung und deren Gäste für zwölf Stunden zurück in die Zeit des Mittelalters entführen. Von 10 bis 22 Uhr soll Handeln und Wandeln herrschen, wie es vor vier oder fünf Jahrhunderten üblich gewesen sein könnte.

Erfolgreiche Vorbilder

Für Helen Zwinkmann ist es die bisher größte Herausforderung, "die zeitaufwendigste auf jeden Fall", sagt die Tourismus-Fachkraft der Stadt. Mit dem "Mittelaltermarkt" am 22. Juni, bereitet sie die Premiere für einen fremdenverkehrs-wirksamen Festtag vor, wie er in anderen alten Städten schon längst erfolgreich praktiziert wird. Die "Historienszene" soll nicht nur über die Burgenstraße und den Deutschen Burgenwinkel durch die Stadt hindurch gelotst werden, sondern künftig auch in Ebern eine fixe Station im Jahreskalender finden, hoffen die Veranstalter. Was in Seßlach, der Bamberger Altenburg oder Königsberg funktioniert, müsste sich doch auch in Ebern machen lassen, haben die Tourismus- und Werbegemeinschaft und der Bürgerverein als Organisatoren gedacht.

Stets kokettiert die Stadt mit ihrer Historie, den kleinen Gassen, den pittoresken Fachwerkhäuschen und den mittelalterlichen Türmen. Sie sind Wahrzeichen und viel bestaunte Zeugnisse von Eberns bewegter Vergangenheit. Und Eberns Türmer, der - wenn auch in Phantasie-Uniform - einem historischen Vorgänger folgt, ist als Repräsentant dieser Vergangenheit längst zu einem "Maskottchen" geworden. Er darf beim Mittelaltermarkt nicht fehlen, auch wenn seine Stube im Grauturm wegen statischer Probleme gesperrt bleibt.

Rings um den Turm allerdings wird sich der Markt abspielen, erklärt Helen Zwinkmann: "Das Festgelände wird sich vom Gänseturm am Heimatmuseum vorbei und entlang der Stadtmauer in der Walk-Strasser-Anlage bis zum Diebsturm erstrecken. Vor dieser Kulisse werden fahrende Leute lagern, Gaukler und Musiker ihre Kunst darbieten und die Vertreter alter Zünfte werden, die Funken sprühen, die Drehscheiben rotieren und die Muskeln spielen lassen. Schmied, Besenbinder und Töpfer, Drechsler und Steinmetz - werden ihre Fertigkeit zeigen, und beispielsweise bei der Wollverarbeitung oder der Gestaltung von Lederwaren dürfen die Besucher auch selbst Hand anlegen oder beim Obstbrenner edlen Stoff verkosten.

Angebote direkt aus Ebern

Helen Zwinkmann hat darauf geachtet, bevorzugt einheimische Handwerker einzubeziehen und die Vorstellungen interaktiv und damit interessant zu gestalten. "Auch die Gastronomen von hier haben schon ganz tolle Ideen," macht Zwinkmann den Markttag kulinarisch schmackhaft. Originaler Met, gegrillte Sau - das Wappentier der Stadt - und Wildschweinbratbürste dürften besonderes Interesse finden, meint sie. Außerdem wird es einen Antik-Flohmarkt geben und Historien-Lektüre, die natürlich die Burgen und Ruinen der Umgebung vorstellt.
"Gruppen, die sich auf das Mittelalter spezialisiert haben und es nachempfinden, gibt es inzwischen viele", sagt Zwinkmann, die sich freut, dass "Dumdideldei" und "Schabernackrakeel" sowie die Lokalmatadoren von "Intermusicalisch" für passende Musik sorgen werden. Klar hat man auch an die kleinen Gäste gedacht. An verschiedenen Stationen wird ihnen Kreativität und Geschick abverlangt und gezeigt, wie Kinder früher spielten. Dazu gehört auch eine Schau mit Spielzeugburgen, die einst in Kinderzimmern erstürmt wurden.

Diplom-Kauffrau Zwinkmann hat in den letzten Wochen "viele Kontakte geknüpft und da lässt sich noch Einiges ausbauen". Für die Premiere am übernächsten Wochenende, die man bewusst zunächst auf einen Tag reduziert habe, verspricht sie ein eindrucksvolles Spektakel. "Wenn der Tag viel Zuspruch findet, können wir das Fest regelmäßig und in einem größeren Rahmen austragen."

Straßen gesperrt

Weil moderne Blechkarossen und mittelalterliches Flair nicht zusammenpassen, bleiben in der Zeit von 8 bis 24 Uhr die Häfnergasse, Teile der Rittergasse und die Durchfahrt durch den Grauturm gesperrt, teilt die Stadtverwaltung mit. Die Umleitung sei beschildert.

Das Programm

12 Uhr Einzug, Fanfarenruf,
Begrüßung und Bieranstich

13 bis 18 Uhr Kinderprogramm: Bogen- und Armbrustschießen,Tonen, Stelzen- und Seillaufen, orientalische Märchen, Pinsel binden und anderes mehr

14 und 16 Uhr Tanzvorführungen des Burg- und Heimatvereins Altenstein

12 bis 22 Uhr Vorführungen an den Handwerker-Ständen
Mittelalterliche Musik mit den Gruppen "Dumdideldei", "Intermusikalisch und "Schabernackrakeel",
Lagerleben mit den Gruppen "Armoricum Gaudii" und "Pfalzgraf von Wallenrode"

18 Uhr Jagdhornbläser am Grauturm

21 Uhr Nächtliche Stadtführung mit dem Eberner Türmer

22 Uhr Feuershow am Grauturm. ft