Ebern und Haßfurt als Rennrad-Hauptstädte
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Samstag, 16. Mai 2015
Die Radrenn-Experten Klaus Angermann (ZDF-Moderator) und Johannes Knab (Olympiateilnehmer aus Hallstadt) loben Organisation und Stimmung bei der Bayern-Rundfahrt für Radprofis im Kreis Haßberge. Der Hauptsponsor zieht sich aber zurück.
"Das war die beste Etappe, ein absoluter Superlativ - was die Stimmung, die Strecke und die Leistung der Fahrer betrifft, die zuletzt noch ein Durchschnitts-Tempo von 60 Stundenkilometer herausgekitzelt haben." Ein Lob aus berufenem Munde. Und der Mann, der das sagt und von einer "Top-Ankunft" in der Gleusdorfer Straße in Ebern schwärmt, muss es wissen, führte er doch im Voraus-Fahrzeug den Pulk der 131 Radprofis an, um per Funk ständig zu übermitteln, was im Teilnehmerfeld passiert und wie das Rennen läuft.
46 Mal die Tour de France begleitet
Die Rede ist von Klaus Angermann (76), Reporter-Legende bei Radrennen und über Jahrzehnte "das Gesicht" der ZDF-Sportreportage am Sonntag. Der Moderator arbeitete von der Geburtsstunde anno 1963 bis 1998 beim Sender am Lerchenberg in Mainz. Er hat 46 Mal die Tour de France begleitet. "Das hat kein französischer Kollege geschafft", erzählte er beim offiziellen Tourabend in der Eberner Frauengrundhalle und zog Bilanz über die Veranstaltung mit einem 500.000-Euro-Budget.
Seit drei Jahren reist er als ständiger Begleiter der Bayern-Rundfahrt mit. In Ebern traf er auf gute Bekannte. "Einen meiner besten Freunde, den aus Ebern stammenden Dr. Albert Güßbacher, den ich als Arzt der Ringer und Judoka bei acht olympischen Spielen kennen und schätzen gelernt habe."
Den hat er ob der Quartier-Not im seit Monaten ausgebuchten Ebern zwar nur kurz getroffen, da der Orthopäde nach Mürsbach ausweichen musste, dafür tauschte er sich umso intensiver Johannes Knab aus.
Bis zum Jahr 2000 noch Seniorenrennen gefahren
Der Hallstadter, der als Radfahrer 1968 (in Mexiko) und 1972 (in München) bei den olympischen Spielen für Deutschland (und den RMV Strullendorf) startete, war schon sportlicher Leiter der Bayern-Rundfahrt und ist seinem Sport bis zum heutigen Tag treu geblieben. "Ich habe 1962 richtig angefangen und bin bis 2000 noch Seniorenrennen gefahren", erzählte der 67-Jährige, der von 1995 bis 2003 als Rennleiter der Bayern-Rundfahrt fungierte.
Er war noch "richtiger" Amateur. "Mit fünf Jahren bekam ich mein erstes Fahrrad, mit dem ich zur Tante fahren musste, um bei der Ernte zu helfen." Mit 15 Jahren sattelte er vom Fußballer zum Radfahrer der Spitzenklasse um. Ohne Manager und Rennstall mit Millionen-Budget, wobei er trotz verlockender Angebote aus Köln bis heute stets dem kleinen RMV Strullendorf die Treue hielt, auch wenn er bei hochkarätigen Rennen stets als Einzelkämpfer antreten musste.
Gewann "schwere Klassiker"
"Als Amateur lagen mir vor allem die langen und schweren Straßenrennen", erinnert sich der Hallstadter an seine erfolgreiche zehnjährige Karriere, in der er zahlreiche schwere "Klassiker" wie Rund um den Henninger-Turm, Rund um Frankfurt, den Herpersdorfer Tucher-Preis, das Schweinfurter Ernst-Sachs-Gedächtnis-Rennen gewann.
Dreimal war Knab 1967,1970 und 1971 gut platzierter WM-Teilnehmer im Straßenrennen. Auch bei internationalen Amateur-Rundfahrten zählte er zu den besten deutschen Teilnehmern.
Aus dieser Zeit kennt er auch Klaus Angermann, der sich im Frankenland richtig heimisch fühlt, obwohl aus Dresden stammend und jetzt in Wiesbaden lebend. "Ich komme oft nach Franken und kenne Ebern durch Albert Güßbachers Mutter seit 30 Jahren."
Dem Sport etwas zurückgeben
Und jetzt kostet er aus, was 50 Berufsjahre so mit sich brachten. "Der Sport hat mir so viel gegeben, da gebe ich gern etwas zurück." Und immer noch prickelt es in ihm, wenn "lange Etappen mit so einer Ankunft wie hier in Ebern entschieden werden". Und das vor so vielen Leuten. "Ist in Ebern überhaupt noch jemand auf Arbeit oder daheim gewesen?"
Angermann spürte, dass "Radsport hier eine Familienangelegenheit ist", wobei er nicht nur Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) und dessen Gattin als begeisterte Biker meinte.
"Das Etappenziel war top", schwärmte auch Tour-Chef Ewald Strohmeier. "Hier gibt's noch Leut', die mithelfen wollen." Dies sei beim Bayerischen Fernsehen nicht so. "Da werden wir nieder bewertet", urteilte der Organisator mit Blick auf Rennen einer geringeren Kategorie in anderen Bundesländern, wo jeder Tag live übertragen werde. "Wir aber sind die Spitzenveranstaltung des Radsports in Deutschland."
"Ebern hat das perfekt umgesetzt"
Strohmeiers persönliches Fazit für Selb-Ebern fällt wieder ganz anders aus : "Das war ein sauschöner Tag, alle Leut' haben mitgezogen. Wir haben heute das eingefahren, was wir seit Monaten geplant hatten. Ebern hat das perfekt umgesetzt, eine tolle Veranstaltung. Bis zum nächsten Mal muss es nicht wieder 36 Jahre dauern."
Dass es 36 Jahre gebraucht hat, Etappenstadt zu werden, sagte Christian Senff, Vorstandssprecher der Raiffeisen-Volksbank, der über die Organisation ein kurzes Urteil fällte: "Es hat wunderbar geklappt." Das sah auch Michael Wüstenberg, Kommandant der FFW Ebern und Einsatzleiter, so: " Es gab keinerlei Probleme."
Wenn es nach dem Bürgermeister geht, soll es bald eine Wiederholung geben. "Wir haben unsere Visitenkarten abgegeben." Und die kann sich sehen lassen. Die Feuerwehren aus Ebern, Unterpreppach Reutersbrunn, Eichelberg, Heubach und Jesserndorf hätten beste Arbeit abgeliefert. "Es hat super geklappt, war bestens organisiert, weil echte Profis am Werk waren", so Hennemann.
"Nunterwärts" könnte ermithalten
Den Profi-Schuh wollte sich Hennemann für seine Pedale nicht ganz anziehen: "Wir haben die Rundstrecke ja getestet. Ich brauchte 25 Minuten, muss also noch etwas üben. Bergnaufwärts hatte ich Probleme, nunterwärts könnte ich mithalten."
Eine Neuauflage wird aber in eine neue Form gegossen. Wie beim Tourabend in Ebern bekannt wurde, zieht sich der Hauptsponsor, der Genossenschaftsverband Bayern, nach 36 Jahren, zurück. "Es wird aber mit neuen Partnern weitergehen", versicherte der Nürnberger Peter Streng, Vize-Präsident des Bundes deutscher Radfahrer.