Ebern nimmt es mit Humor
Autor: Johanna Eckert
Ebern, Montag, 28. Juli 2014
Im Hof des Rathauses in Ebern gaben sich die Kabarettisten ein vergnügliches Stelldichein. Vor allem die fränkischen Humoristen kamen beim Publikum prima an.
Im Schatten des Bieres und abseits des modernen Dirndl-Trubels haben beim 35. Altstadtfest in Ebern hochkulturelle lyrische Darstellungen und sinnfreies Kabarett so manchen "unterhopften" Besucher bei Abenddämmerung in den Rathaushof gelockt. Eine Frau eröffnete, und eine Frau beendete dabei das Programm.
Doch gerade diese beiden weiblichen Leuchten in der Welt der Kleinkunst hatten es nicht ganz einfach mit dem Eberner Publikum. Ihr größtes Problem: Die eine kam aus München, die andere aus Hamburg. Stopp - nicht ganz. Präziser: Die eine packte den oberbayerischen Dialekt aus dem Koffer und die andere konnte einfach nicht Fränkisch reden. Hamburg ist ab vom Schuss.
Und das Fazit, kurz und knapp: Am meisten hat's geknallt, wenn's echt "fränggisch" war.
"Zwischen Sex und 60"
"Zwischen Sex und 60" war der Titel des Programms, das die attraktive Angelika Beier aus München auftischte. Es war für alle gedacht, die sich zwar noch gut an das "Erste Mal" erinnern können, aber nicht mehr wirklich an das letzte Mal. Wer da war, weiß jetzt, welchem Mann und welcher Frau genau das "Eine" im Leben fehle.
Angelika Baier selbst rast mit "Vollgas in die zweite Lebenshälfte". Der Bestseller "Shades of Grey" hat sie gefesselt. Wortwörtlich. Bis die Feuerwehr mit Blaulicht anrückte. "Mei war mir das peinlich", gab sie über diesen Vorfall in ihrem Sexleben zu. "Sie müssen sich nicht schämen", erwiderte ihr der Münchner Feuerwehrmann damals, "das ist heute schon unser 14. Einsatz dieser Art. Seitdem es diese Buch gibt, fesselt sich die ganze Stadt."
Überhaupt nicht peinlich war für die "Beier-Solo" ihre Forever-Young-Schürze. Im Gegenteil. Wohl hat sie sich gefühlt mit dem Whiskeymixer und dem Kuchenrezept der Oma. Am Ende hat sie die Zitronen in der Milch gewälzt und ihre Nüsse ausgedrückt. Es hat gedauert, bis der Ofen heiß war, aber der Kuchen hat dem Publikum in Ebern vorzüglich geschmeckt.
"Das Eich"
Zur besten TV-Sendezeit eines Samstagabends bat die Organisatorin des Kabarett-Programms des Altstadtfestes, Helen Zwinkmann, Stefan Eichner alias "Das Eich" auf die Bühne. Ob sie wusste, dass bei dem der "Schwachsinn galoppierte"?
Der Kulmbacher jedenfalls freute sich, "mal vor der Haustür zu spielen", hatte aber an das Publikum nicht gar so viele Erwartungen: "In einem Publikum sitzen ja viele verschiedene Menschen. Die stillen Genießer, das könnten auch Exponate der Körperwelten sein. Die bewegen sich den ganzen Abend nicht. Dann gibt's die Zwerchfellhopser", verdeutlichte "Das Eich" mit einem jauchzendem leisen Lachen, "und die extrovertierte fränkische Granate. Aber da gibt's keinen unter euch." Damit hatte er fast Recht.
"Das Eich" gab im Rathaushof etliche Gelegenheit komplett auszurasten, doch die eventuell vorhandenen "Scharniere am Körper" bewegten sich bei den wenigsten. Nicht mal bei einer noch so sinnfreien Nummer. "Die Franken sind einfach gefühlskalt, können es aber nicht so zeigen", wusste er aus seinen zahlreichen Bühnenauftritten in der Heimat. "Das ist die stoische fränkische Gelassenheit. Beim Franken kann die Bude einfallen, der bleibt locker."
Locker blieben sie, aber überhaupt nicht ruhig. Süchtig waren die Gäste nach seinem Humor. Auch nach der letzten Nummer ließen sie ihn nicht gehen, hätten sie doch die Möglichkeit gehabt, den "entspannten Franken" mit langen blonden Haaren auf der Bühne am Grauturm zu feiern. Eine Zugabe war Pflicht. Nun, mit dieser konnte er aber lediglich die Frage zu tage bringen: "Was passiert eigentlich, wenn man sich zweimal halbtot lacht?" In Ebern passierte da nichts, denn sein Kabarettprogramm überlebten alle mit vielen Lachtränen.
Solist vom TBC
TBC ist ein Begriff? Nein, nicht Tuberkulose, sondern: Totales Bamberger Cabaret. Die dienstälteste Kulturgruppe hat sich in der letzten Zeit verjüngt. Und der neue von ihnen, eine "Fürther Spaßkanone", hat sich zum Altstadtfest nach Ebern getraut: Michael A. Tomis. Sein erstes Fazit: "Wenn man nix erleben will, dann ist Ebern wirklich ideal." Für eine knappe Stunde machte er keine niveauvolle Unterhaltung und outet sich als vehementer Gegner des Musikantenstadls.
In seiner "Lesung aus dem Buch Hansi Hinterseer" zerfetzte er die kitschig-romantischen Liedtexte des österreichischen Entertainers in der Luft und wagte dabei an den Dichter Schiller zu denken: "Der würde sich umbringen und fragen, warum er nicht auf diese Texte gekommen ist."
Michael A. Tomis las nicht nur Texte von Hansi Hinterseer, sondern las auch aus seinem Buch: "Ich gehe mit offenen Augen durch das Leben. Dann kommen die Ideen. Und die stehen in diesem Buch. So muss ich auch mein Programm nicht auswendig lernen." Er hatte es trotzdem drauf, das Publikum zum ausflippen zu bringen.
Vor allem Top-5-Listen schreibt der charismatische Franke gerne auf. Die fünf besten Todesanzeigen, Grabsteinsprüche oder Durchsagen der Deutschen Bahn. Der bester Spruch für eine Todesanzeige: "Ich bin umgezogen." Pietät - herzlich willkommen. Im neuen Social-Media-Zeitalter müsse man da aber schon neue Sprüche haben, meinte Michael A. Tomis. "Strg+Alt+Enf" oder "Hier liegt M.T. 26 Personen gefällt das" sind nur zwei seiner Vorschläge.
Der Comedian inszenierte eine Oscarpreisverleihung mit dem krönenden Abschluss "Fuck you, Mr. President" im Eberner Rathaushof. Seine Liebsten aus dem Fernseher - Heinz Erhardt, Inge Meyßel, Theo Lingen und & Co - schickte Tomis auf die Mörder-Suche und überzeugt dabei mit fulminantem Talent eines Schauspielers. Das Ende ist nüchtern: "Ihr ward ein fantastisches Publikum im Rahmen eurer Möglichkeiten."
Mit Humor
"Frankensima" alias Philipp Simon Goletz und die Hanseatin Helga Siebert ergänzten dieses "saustarke" Kabarettprogramm. Der eine füllte den Hof, die andere räumte die Bänke. Schenkelklopfer am Fließband haute der eine raus, bei den Witzen der anderen musste vor dem Lachen das Gehirn angeschaltet werden. Allen gemeinsam: Sie zeigten, wie man das Leben und das Altstadtfest mit Humor nehmen kann.