Ebern bereitet sich auf Asylbewerber vor
Autor: Johanna Eckert
Ebern, Mittwoch, 09. Oktober 2013
In Ebern ging es um das Thema Asyl, denn die Stadt wird wohl bald schon weitere Asylbewerber aufnehmen. 95 zusätzliche Asylbewerber könnte der Landkreis Haßberge in Zukunft aufnehmen müssen.
100.000 Menschen, rechnet man, werden im Jahr 2013 in Deutschland Asyl suchen. Die Zahl steigt stetig. 15 Prozent der Personen muss das Bundesland Bayern aufnehmen. Somit werden 1500 Menschen nach Unterfranken kommen, davon 95 in den Kreis Haßberge, rechnet Franz Hümmer, Betreuer der Asylbewerber in den Unterkünften im Landkreis vor.
Im Stadtteil Jesserndorf leben bereits seit Anfang diesen Jahres Menschen aus Tschetschenien, die auf einen positiven Bescheid ihres Asylantrages warten. Das ist nur der Anfang. Die Zahl der Asylbewerber wird steigen, auch im Kreis Haßberge und in der Stadt Ebern. In Zusammenarbeit mit den beiden Kirchengemeinden hat die Volkshochschule Ebern daher am Dienstagabend zu einem Informationsabend eingeladen. Thema war die Unterbringung von Asylbewerbern in Ebern. Franz Josef Zeheter, Moderator des Abends machte deutlich, dass die Bürger gefordert sind, wenn die Integration funktionieren soll.
Stein kommt ins Rollen
Der Auszug der Caritas Sozialstation aus dem Benefiziatenhaus der Katholischen Kirchengemeinde St. Laurentius in Klein Nürnberg, vor den Stadtmauern Eberns, hat den Stein ins Rollen gebracht. Hier könnte man doch - haben sich die beiden Pfarrer Rudolf Theiler und Bernd Grosser gedacht und das Thema "Asylbewerber" auf den Tisch gebracht.
"Wir haben das Haus in Klein Nürnberg bereits angeschaut. Für zwei Familien wäre das Haus sehr gut geeignet. Die Bausubstanz ist auch in Ordnung", erklärt Dieter Sauer, Sachgebietsleiter Sozialer Aufgaben im Landratsamt Haßberge, zu dem Fortschritt in den Planungen, Asylbewerber vor Ort unterzubringen. Er freut sich über diesen Informationsabend, "denn oft fühlen sich die einheimischen Bürger bei solchen Beschlüssen übergangen und es entwickelt sich eine Angst." Aus der Praxis weiß er, dass Information und Kommunikation sowie Überlegungen zu einem Betreuungskonzept der Asylbewerber im Vorfeld viele Vorurteile und Ängste abbauen können.
Schwierige Situation
Das deutsche Aufenthalts- und Ausländerrecht ist hoch komplex, die Asylpraxis oft unverständlich und kompliziert und das Leben der hier in Deutschland Asyl suchenden Menschen wenig rosig. In den Gemeinschaftsunterkünften gibt es Essenspakete oder Warengutscheine, mit denen die Menschen selbst einkaufen gehen können. Asylbewerber sind zudem nicht krankenversicherungspflichtig und ein Arztbesuch wird direkt mit der zuständigen Sozialverwaltung abgerechnet. Das Leistungsspektrum ist aber deutlich eingeschränkt und vor Behandlung durch einen Arzt wird überprüft, ob wirklich eine Krankheit vorliegt.
"Mit den Muslimen in Jesserndorf ist es manchmal nicht ganz einfach, vor allem wegen dem Fleisch", weiß Edmund Vogel zu berichten, der sich um die Sprachprobleme der "Neubürger" in Jesserndorf als Dolmetscher kümmert. Eine Familie wurde schon wieder abgeschoben. Drei Monate musste sie warten. Während dessen hatte einer von ihnen eine Rückenoperation. "Naja, wenigstens das hat er von der Zeit hier in Deutschland mitnehmen können", sagt Vogel.
95 Asylbewerber in einem Jahr
"Im laufenden Jahr werden wir im Landkreis Haßberge etwa 95 Asylbewerber aufnehmen", so Franz Hümmer, der die Asylbewerber in den Unterkünften in Zeil und Dippach betreut. "Aber die Asylantenheime, so wie man sie sich vorstellt, gibt es hier nicht."
Meist sind es weniger Familien, sondern vermehrt Einzelpersonen und allein stehende Frauen mit ihren Kindern, die in ganz normalen Wohnungen mit Asylbewerbern aus anderen Ländern wie in einer Wohngemeinschaft zusammen leben. Zwei Personen teilen sich jeweils ein Zimmer, sechs bis sieben Personen leben in einer Wohnung zusammen. Meist sind es ältere Unterkünfte.
Ein langer Weg
Bevor die Asylsuchenden in den Landkreis Haßberge kommen, haben sie bereits einige Zeit in einer zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber in München oder Zirndorf verbracht. "Dort stellen sie ihren Asylantrag und werden meist schon nach sechs Wochen den Regierungen zugewiesen", berichtet Franz Hümmer aus seinem Arbeitsalltag. "Und dann müssen wir schauen, dass sie da hinkommen, wo sie hinmüssen." Nach Jesserndorf kamen die Asylbewerber mit einem Sammelbus aus Zirndorf, denn der öffentliche Nahverkehr ist hier nicht genug vorhanden. Ein freundlicher Empfang und anfängliche Hilfe ist der deutschen Gesellschaft nicht vorgeschrieben.
An diesem Punkt setzt die Arbeit der Caritas Haßberge oder ehrenamtlicher Flüchtlingshilfen ein. "Die Regierung stellt die Basismittel wie Wohnung, Essen oder Kleidung zur Verfügung. Wir begleiten und unterstützen die Asylbewerber dann persönlich", beschreibt Thomas Jakob seine Arbeit beim Caritasverband. Es wird mit dem Ziel gearbeitet, die Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren und ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen. Anträge werden ausgefüllt, Rechtsanwälte vermittelt, Bescheide erklärt, Deutschkurse abgehalten aber auch Wohnungen gesucht für Personen, die nach langem Warten einen positiven Bescheid bekommen haben. Denn diese müssen aus den Unterkünften für Asylbewerber ausziehen. Im ländlichen Raum ist das nicht so einfach, adäquate Wohnungen zu finden. Zudem muss dann auch noch ein Arbeitsplatz her, wenn sie in Deutschland bleiben dürfen.
Von wegen lukrativ
"Wir haben auch öffentliche Reserveobjekte in der Hinterhand. Hier müssten wir aber einiges an Sanierungsarbeit leisten. So sind wir froh, wenn wir auch immer wieder private Unterkünfte für die Asylbewerber angeboten bekommen", sagt Dieter Sauer zur Diskussion über Pensionsunterkünfte. "Da stoßen sich doch manche Pensionswirte gesund", so ein vehementer Einwand aus dem Publikum. "Wenn es so lukrativ wäre, wie sie tun, dann wundert es mich, dass nicht alle Pensionen im Landkreis mit Asylbewerbern voll sind", schloss Moderator Zeheter. Die Frage, nach den Kosten eines Asylbewerbers pro Monat blieb offen im Raum stehen.
Die 50 bis 60 Asylbewerber die Heribert Schneider mit seinem Team vom Verein "EFIE - Ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuung in Erlangen" betreut, leben nicht in Häuser oder Pensionen, sondern in Containern. Und die übliche Bevölkerung hat ein Stück Abstand dazu. "Seit dem ich Kontakt zu den Asylbewerbern habe, hat sich bei mir und meiner Einstellung zu diesem Thema so viel geändert", beschreibt der Psychologe seine Erfahrungen mit den Menschen aus anderen Ländern. Sein Verein leistet ganz praktische Hilfe und versucht dadurch Brücken zu bauen und den kulturellen Austausch anzuregen.
"In den Gemeinschaftsunterkünften leben die Leute dicht gedrängt aufeinander. Untereinander sprechen sie verschiedene Sprachen. Sie dürfen die Stadt nicht verlassen. Wir schauen, dass die Leute einfach auch noch etwas anderes machen." Neben der Begleitung von Behördengängen, Beratungsangeboten und rechtlichem Beistand bietet Heribert Schneider mit seinem zwölfköpfigem ehrenamtlichem Team Ferienprogramme für die Kinder, Grillfeste, Hausaufgabenbetreuung und interkulturelles Kochen an. "Es ist eine Menge an Dingen, die man von diesen Menschen erfahren kann. Mir macht die Arbeit einen Heidenspaß und bereichert mich sehr", motiviert Heribert Schneider die zu diesem Informationsabend gekommenen Eberner Bürger.
Ehrenamtliche sind gefordert
"Wer nach Ebern kommt, kann nicht vorher bestimmt werden. Aber es ist auch noch kein Objekt in Ebern angemietet", so Dieter Sauter. Aber die Asylbewerber werden kommen, und dann braucht es Ehrenamtliche, die sich um die Neuankömmlinge kümmern. Freiwillige konnten sich an dem Abend in eine Liste eintragen.