Ebelsbach stellt "Koffer" als Mahnung auf
Autor: Günther Geiling
Ebelsbach, Sonntag, 11. November 2018
Die Ebelsbacher erinnerten die jüdische Geschichte des Ortes. Dabei wurde ein kleines "Denkmal" entfüllt, das eine besondere Verbindung herstellt.
           
Den größten jüdischen Bevölkerungsanteil wies Ebelsbach im 19. Jahrhundert auf, als die Juden mit 144 Bürgern ein Drittel der damaligen Dorfbevölkerung ausmachten. 1939 verließ der letzte jüdische Bürger Ebelsbach, aber eine Gedenktafel und ein Straßenschild weisen heute noch auf den damaligen "Judenhof" hin. Nun wurde dort im Rahmen des 80. Jahrestages der sogenannten Reichspogromnacht ein kleines Denkmal in Form eines "Sandsteinkoffers" enthüllt, das an die deportierten Juden aus Unterfranken erinnert.
Die Gemeinde Ebelsbach sowie die katholische und die evangelische Kirchengemeinde hatten zusammen mit dem Heimatgeschichtlichen Arbeitskreis zu Beginn der Gedenkfeier in die Schlosskapelle in Ebelsbach eingeladen. Pfarrer Mathias Rusin erinnerte an das "schlimme Kapitel der Geschichte", als Synagogen angezündet, Tausende von Juden misshandelt, verhaftet und getötet wurden. Zum Jahrestag wolle man für diese Menschen eine Wache halten und gleichzeitig dazu auffordern, dass die Menschen zukünftig keine Ungerechtigkeiten schweigend hinnehmen dürften.
"Die Novemberpogrome 1938 markierten eine Verschärfung der Judenverfolgung. Es begann nun der uneingeschränkte, gesellschaftspolitische Ausschluss und die gänzliche, materielle Ausbeutung aller Bürgerinnen und Bürger, die zu Nichtariern erklärt wurden", betonte Pfarrer Volkmar Gregori in seiner Ansprache. Der Antisemitismus habe schon mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 das öffentliche Leben in Deutschland bestimmt. Diskriminierung, Unterdrückung und Terroraktionen der Nazis seien grausame Mittel gewesen, um eine angsteinflößende und einschüchternde Atmosphäre zu erzeugen.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges sind etwa sechs Millionen Menschen der staatlich verordneten Judenvernichtung zum Opfer gefallen. "Die Nazis vergasten Menschen in Gaskammern und Eisenbahn-Waggons, schossen ihnen ins Genick, spritzten Phenol oder Benzin ins Herz, ertränkten, verbrannten und erhängten sie oder schlugen Babys an die Wand, bis sie tot waren. Sie ließen Menschen von Hunden totbeißen oder ließen sie verhungern und erfrieren", beschrieb Gregori.
Nur wenige Einzelpersonen seien diesem Unrecht entgegengetreten und hätten Widerstand geleistet. Auch eine öffentliche Stellungnahme der evangelischen Kirche gegen die Gräueltaten sei unterblieben, bedauerte der Pfarrer.
Pfarrer Volkmar Gregori fasste mit Blick auf die Situation heute zusammen: "Wir haben die Verantwortung, daraus zu lernen und entschlossen zu handeln. Dieser Tag ist damit ein Aufruf, das Geschenk von Demokratie und Freiheit zu würdigen als eine bleibende Mahnung, von Anfang an entschieden und unzweideutig Farbe zu bekennen, wenn in unserem Land Menschen benachteiligt oder bedroht werden."
Roland Mayer, der Vorsitzende des Heimatgeschichtlichen Arbeitskreises, ging auf die Juden in Ebelsbach ein, wo der "Judenhof" schon um 1500 den Schutzjuden als Wohnbereich angewiesen worden sei. Wichtigste Institutionen des jüdischen Gemeindelebens seien die Synagoge (heute Judenhof 2), die Religionsschule (heute Stettfelder Straße 9) und das Ritualbad (heute Schützenstraße 11) gewesen.