Gedenkfeier in Ebern: Die Zeitzeugen verschwinden, ihre Zuhörer auch
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Sonntag, 13. November 2016
Die Zahl der Zeitzeugen wird geringer und die Zahl, derer, die sich für sie interessieren auch: Volkstrauertag. Blick auf die Gedenkfeier in Ebern.
Für viele jüngere Menschen ist Krieg etwas, das nur im Fernsehen stattfindet. Deshalb rücke der Volkstrauertag für sie auch in weite Ferne, meinte Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) bei der 45-minütigen Gedenkfeier am Ossarium am Sonntagvormittag. "Aber der Zweite Weltkrieg war so prägend für unser Land, dass wir daran erinnern müssen", gab er als Losung aus.
Und er ging einer Schritt weiter und in der Geschichte noch weiter zurück. Die Grauen eines Krieges in einem Brief zusammengefasst. Hennemann zitierte aus einem Schreiben, das ein 20-jähriger Theologiestudent aufgesetzt hatte, der vor genau 100 Jahren an der Schlacht von Verdun teilnahm.
Nach 300 Tagen fürchterlichen Gemetzels und 300 000 Toten hatte sich die Frontlinie bis zu diesem 19. Dezember 1916 kaum verschoben. "Unzählige Menschen, jung und hoffnungsvoll, haben ihr Leben lassen müssen. Dahin die Träume von Frieden und Heimat. Der Mensch wird zum Wurm, der sich im tiefsten Loch verkriecht", schrieb der Mann an seine Eltern angesichts der ersten Schlacht, bei der Massenvernichtungsmittel zum Einsatz kamen.
Und Hennemann spannte den Bogen in die Gegenwart. "Veteranen des Ersten Weltkrieges gibt es keine mehr und auch die Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges werden immer weniger, deswegen gilt es, deren Vermächtnis zu bewahren." Was angesichts der geringer werdenden Zahl von Teilnehmern an den Gedenkfeiern nicht einfach werden dürfte.
Daher Hennemanns Appell: "Wenn wir die Namen der Eberner Familien auf den Gedenktafeln bewusst lesen, lässt sich erahnen, welche Lücken sie hinterlassen haben. Deshalb brauchen wir ein Datum wie den Volkstrauertag, um daran zu erinnern."
Nicht nur den Soldaten, die im Stellungskrieg gefallen sind, auch dem Not und Leid der Zivilbevölkerung gilt unsere Besinnung, meinte Stadtpfarrer Rudolf Theiler, der zusammen mit Bernd Grosser die Gebete sprach. Theiler wurde auch aktuell: "Die Hoffnung, die der arabische Frühling weckte, ist untergegangen in Hass und religiöser Wut." Laut UNO seien derzeit 50 Millionen Menschen auf der Flucht. "So viele, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Aber nur ein kleiner Teil davon erreicht das Mittelmeer und darin können wir die Opfer nicht mehr zählen."
Pater Theiler forderte, dass es kein Wegschauen gebe dürfe und appellierte gleichzeitig, allen fremdenfeindlichen Parolen entgegen zu treten. "Jeder von uns kann als kleiner Menschen einen Beitrag leisten, dass unsere Welt friedlich und für alle Heimat wird."
Wofür steht der Volkstrauertag?
Geschichte Der Volkstrauertag ist in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den sogenannten stillen Tagen. Er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen und erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Der Volkstrauertag wurde 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges vorgeschlagen. 1922 fand die erste Gedenkstunde im Reichstag statt. 1926 wurde entschieden, den Volkstrauertag regelmäßig am Sonntag Reminiscere (fünfter Sonntag vor Ostern) zu begehen, was 1952 geändert wurde.
Charakter Wegen der im Vorfeld kontroversen Diskussion um eine Genehmigung des Rentweinsdorfer Weihnachtsmarktes mahnte VG-Vorsitzender Jürgen Hennemann eine für Bayern einheitliche Regelung an. Auf die wartet man bei der Regierung von Unterfranken seit Jahren vergeblich. "Eine gemeinsame Dienstanweisung des Bayerischen Innenministeriums und des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ist bislang nicht ergangen", hieß es aus Würzburg. "Es bleibt damit bei der bisherigen Verfahrensweise (an Stillen Tagen in der Regel keine Märkte, Ausnahmen möglich, wenn der ernste Charakter gewahrt). Die Gemeinde entscheiden letztlich in eigener Zuständigkeit über die Einzelfälle. Aufsichtsbehörden sind die Landratsämter.
Veranstaltungen So fanden verkaufsoffene Sonntage in Wunsiedel und Rosenheim statt, eine Genussmacher-Messe in Würzburg, ein Tanzfestival in Rosenheim, ein Markt der Ideen in Fürth, Hobbykünstlermärkte in Rattelsdorf, Coburg und Bad Windsheim. Ein Trödelmarkt auf dem Zeilberg. Und auch ein Hubertusschießen in Ebern. St. Hubertus ist der Schutzpatron der Jäger und der Schützen. In früherer Zeit wurde dieser Gedächtnistag u. a. bei den Schützen begangen. Von dieser Tradition ist nicht mehr viel übrig geblieben. In Erinnerung an diesen Tag wird bei der Eberner Schützengesellschaft bei einem internen Wettbewerb eine Scheibe ausgeschossen, die mit einem Hubertus-Motiv ziert. Die Siegerehrung dafür ist am Donnerstag vorgesehen.