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Die Sorgen der Arbeitslosigkeit wegpusten


Autor: Friederike Stark

LKR Haßberge, Freitag, 18. November 2016

Bei einem Treffen der Bauhofleiter im Kreis Haßberge sorgte das Thema "Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose" für reichlich Gesprächsstoff.
Rolf Zöttlin aus Ziegelanger arbeitet immer wieder als Ein-Euro-Jobber beim Zeiler Bauhof.  Foto: Friederike Stark


Es ist ein Thema, das man nicht erwartet, wenn sich Bauhofleiter aus dem Landkreis treffen: Langzeitarbeitslosigkeit und der Umgang damit. Genau darum ging es beim Bauhofleiter-Treffen, zu dem die Verwaltungsgemeinschaft Theres am Mittwoch eingeladen hatte.

Die Idee dazu, dieses Thema mit auf die Agenda zu nehmen, hatte Thomas Lang, Bauhofleiter in Theres. "Da auf vielen Bauhöfen auch Ein-Euro-Jobber arbeiten, wollte ich mal mit meinen Kollegen über deren Erfahrung mit den Arbeitern sprechen", erklärte Lang. Und tatsächlich gab es Gesprächsbedarf bei den Bauhofleitern. "Da kannst du bei manchen Leuten schon mal Psychologe spielen", sagte unter Zustimmung der rund 20 anwesenden Kollegen der Maroldsweisacher Bauhofleiter Gerd-Peter Schmidt.



VHS vermittelt Ein-Euro-Jobs

Schmidts Aussage konnte auch Uwe Blos von der Volkshochschule im Landkreis nachvollziehen. Blos leitet das VHS-Projekt Zak (Zukunft mit Arbeit im Landkreis Haßberge). Im Zuge des Projekts werden unter anderem Langzeitarbeitslose für so genannte Arbeitsgelegenheiten - im Volksmund besser bekannt als Ein-Euro-Jobs - an die Kommunen vermittelt. "Im laufenden Jahr 2016 haben wir zirka 50 Personen in Beschäftigungsmaßnahmen im Landkreis Haßberge vermittelt", sagt Blos. Über die Hälfte der Langzeitarbeitslosen waren 2016 auf den Bauhöfen im Kreis beschäftigt.

Blos gab bei seinem Vortrag unumwunden zu, dass die Arbeit mit Langzeitarbeitslosen mitunter sehr schwierig sein kann. Einige der Gründe schilderte Julia Grimmer, ebenfalls von der VHS und zuständig für das Projekt Zukunftscoach. Anhand verschiedener Studien zeigte sie eindrucksvoll die negativen Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit. "Eines der größten Problem ist die Isolation, in die sich Langzeitarbeitslose begeben", erklärte sie.


Arbeitslosigkeit macht krank

Ohne Arbeit würden viele sich aus der Gesellschaft zurückziehen, nicht mehr am soziokulturellen Leben teilnehmen. "Die finanziellen Sorgen, das Gefühl, in der Gesellschaft nicht gebraucht zu werden, kann eine enorme psychische Belastung bedeuten", verdeutlichte Grimmer. Die Gefahr, psychisch zu erkranken oder einer Sucht zu verfallen, steige. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass Arbeitslosigkeit auf Dauer krank mache.

Aussagen, die Thomas Lang beeindruckten: "Es ist ganz klar, dass wir diesen Menschen eine Chance geben müssen." Auch wenn es nicht immer leicht sei. Schließlich gebe es mitunter triftige Gründe dafür, dass die Betroffenen auf dem so genannten ersten Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen konnten.

Davon konnten auch die Bauhofleiter erzählen: "Einer kam immer wieder sturzbetrunken zur Arbeit. Den mussten wir heimschicken", erzählte etwa einer der Bauhofleiter. Ein anderer sagte, es seien schon manchmal "richtig faule Hunde" dabei, denen man ständig "in den Hintern treten" müsse.

Hinzu kämen bürokratische Hürden: So müssten sich die Bauhofleiter etwa an strikte Vorgaben bei der Verteilung der Arbeit halten. "Denn laut Gesetz dürfen die Teilnehmer der Arbeitsgelegenheiten nur zusätzliche Arbeiten verrichten", erklärt Blos.

Die Idee dahinter leuchtet erstmal ein: Der Ein-Euro-Jobber soll den fest angestellten Mitarbeiter freilich nicht ersetzen. "Doch in der Praxis kann diese Zusätzlichkeit Probleme bereiten", sagt Blos. Denn manch einer bringt Fähigkeiten mit, die dem Bauhof helfen würden, aber nicht unter die Zusätzlichkeit fallen. "Das ist gerade schade für diejenigen, die hochmotiviert an die Arbeit gehen und dann ausgebremst werden müssen", kritisiert Blos.
Auch logistisch sei es nicht immer einfach: Viele der Langzeitarbeitslosen hätten keinen Führerschein. "Wir müssen die Leute dann zu den Arbeitsstätten hinfahren und wieder abholen. Das kann mitunter zeitraubend sein", gibt einer der Bauhofleiter zu bedenken.

Auch Rolf Zöttlin hat keinen Führerschein. Zöttlin kommt aus Ziegelanger, hat keinen Beruf gelernt und arbeitet seit mehreren Jahren immer wieder bei der Stadt Zeil am Bauhof. Er war zwischenzeitlich bei einer Zeitarbeitsfirma angestellt. Als er dort nicht mehr weiter beschäftigt wurde, hatte er sich um einen Ein-Euro-Job bemüht. "Es macht mir Spaß, ich habe eine Arbeit und bin an der Luft." Mit seinen Kollegen entfernt er Laub am Zeiler Hainfriedhof. Er weiß, dass er als ungelernte Arbeitskraft mit 56 Jahren wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat. Deswegen ist er umso dankbarer für diese Möglichkeit.


Gesellschaftliche Pflicht

"Dass wir Langzeitarbeitslosen diese Chance geben können, verdanken wir auch den Bauhofleitern", sagte Blos und fügte hinzu: "Daher ist es mir wichtig, mich bei den Bauhofleitern von Herzen zu bedanken." Denn oft sei Zak die letzte Option für die Langzeitarbeitslosen im Kreis.