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Die Qual der Wahl in Haßfurt


Autor: Ulrike Langer

Haßfurt, Freitag, 26. Sept. 2014

Die Theaterwerkstatt Haßfurt gibt dem Publikum mit ihrer gut gespielten Produktion "multiple choice" Rätsel auf.
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Dies zeigen Heidi Lehnert, Martin Habermeyer, Olga Seehafer und Benjamin Bochmann (von links) von der Theaterwerkstatt Haßfurt in der Ensembleproduktion "multiple choice", die sie mit ihrer Regisseurin Nina Lorenz verfasst haben. Foto: Ulrike Langer


Die Produktion der Theaterwerkstatt Haßfurt "multiple choice" unter der Regie von Nina Lorenz feierte am Donnerstagabend im Gewölbekeller der Stadthalle Premiere. Das Publikum spendete am Ende Heidi Lehnert, Olga Seehafer, Benjamin Bochmann und Martin Habermeyer für ihre großartigen schauspielerischen Leistungen viel Beifall. Doch es bleibt die Frage: Was wäre gewesen, wenn sich die Thematik des Stücks ein wenig besser erschlossen hätte?

Vier junge Menschen haben sich über die Internetseite www.waswärewenn.de kennen gelernt und mehrmals getroffen. Sie sind ganz unterschiedliche Charaktere und stehen alle vor schwierigen Entscheidungen. Irgendwie erhoffen sie sich von der Bekanntschaft untereinander eine Art von Hilfe. "Ich wünschte, jemand würde mir sagen, welche Türe ich zuerst öffnen soll", lautet ihre gemeinsame Frage angesichts der vielen Möglichkeiten im Leben.

Voller Emotion

In Rückblenden erzählen sie von ihren gemeinsamen Treffen, bei denen die Emotionen hochkochen, bei denen sich Aggression und Angst entladen, Seelen entblößen und existenzielle Fragen stellen. So fragt sich der Schreinergeselle Jonas (Benjamin Bochmann), dessen Vater "tot oder weit weg ist": "Was wäre, wenn ich klüger wäre oder andere Freunde hätte?" Farshid (Martin Habermeyer), der unter einem übermächtigen Vater leidet und seinetwegen Medizin studiert, hat zwar nach eigenen Aussagen "alles", aber keine Freundin und keinen Freund. Er fühlt sich traurig und allein. Maria (Olga Seehafer) trägt schlimme Erfahrungen mit sich herum und kommt zu der Einsicht: "Wenn man machen kann, was man will, heißt das noch lange nicht, dass man erreichen kann, was man will" und Nike (Heidi Lehnert), die eigentlich Monika heißt und von Selbstzweifeln zerfressen ist, möchte so gerne "jemand anderes" sein.

Mit Witz und Gesang

So weit so gut. Denn die Schauspieler agieren herrlich, mit Witz, vollem Körpereinsatz und Gesang auf der kleinen Bühne, in greifbarer Nähe zum Publikum. Sie kehren ihr Innerstes nach außen, stellen ihre Verzweiflung authentisch dar. Doch letztendlich erschließt sich dem Publikum die Zielsetzung des Stücks nicht immer. Manche Szenen, die oftmals für sich stehen, fallen aus dem Kontext und der Zuschauer stellt sich unbewusst selbst die Frage: "Was wäre, wenn ich das jetzt verstanden hätte?" Er versteht, dass die Produktion aufzeigen möchte, wie schwer es ist, Entscheidungen zu treffen. Aber das Stück weist keinen Weg zur Problemlösung, sondern wirft immer neue Fragen auf und lässt den Zuschauer damit alleine. Es ist wie im richtigen Leben: ob und wie Entscheidungen getroffen werden, ist nicht immer nachvollziehbar, so wie im Stück auch einiges nicht durchschaubar ist und jeder für sich die Antworten auf seine Fragen selbst suchen und finden muss.

"Schwer zu verstehen"

Die 14-jährige Emma Mühlfeld aus Haßfurt fand die Aufführung "ganz gut". Sie gab an, gerne ins Theater zu gehen. "Das Stück war sehr lustig, aber auch etwas schwer zu verstehen", sagte sie. Irene Orf aus Haßfurt hatte das Stück sehr gut gefallen. "Die schauspielerischen Leistungen waren super", betonte sie. Aber auch sie teilte mit, "etwas Zeit zu brauchen, um das Stück zu verarbeiten, weil die Problematik nicht einfach ist und viele Emotionen hochkamen."

Da das Stück auch Schulkassen angeboten wird, wird es wichtig sein, dass die Schüler nach den Aufführungen mit den Schauspielern diskutieren können.