Die kleinsten Bausteine des Lebens
Autor: Sabine Weinbeer
Haßfurt, Freitag, 23. Juni 2017
Haßfurter Realschüler haben einen genetischen Fingerabdruck gefertigt. Aber nicht zur Verbrecherjagd. Das Projekt CSI Mainhattan hat ein anderes Motiv.
Mit Hilfe der Desoxyribonucleinsäure, kurz DNS, den Straftzäter überführen - das kennt man aus dem Fernsehen. Dabei werden mehrere kleine Abschnitte der DNS, die sich in den am Tatort gefundenen Zellen befinden, vervielfältigt und sichtbar gemacht. Durch den Abgleich mit der DNS eines Verdächtigen können Unschuldige vom Täter unterschieden und der Täter überführt werden. Erlaubt ist dies in vollem Umfang lediglich der Polizei.
Verboten und erlaubt
Einen bestimmten, nicht codierenden Abschnitt der Erbinformation zu bestimmen, ist Schulen allerdings erlaubt und war nun erstmals auch unterfränkischen Schülern möglich. Die Biologie- und Chemielehrkraft Stefanie Dengel brachte das mobile DNS-Labor an die Realschule Haßfurt. Entwickelt wurde dieses Labor von den Diplombiologen Dr. Christina Schultheis und Dr. Alexander Rotthues, die selbst an der beruflichen Paul-Ehrlich-Schule Frankfurt-Höchst unterrichten. Die 30 Schüler der Klasse 9d machten sich schließlich an die "Ermittlungen". Natürlich ermittelten sie nicht in einem Kriminalfall und es gab weder ein Verbrechen noch einen Täter an der Realschule - dennoch lernten die Jugendlichen im Rahmen des Schulprojekts "CSI Mainhattan", wie ein genetischer Fingerabdruck erstellt wird.
Dazu mussten sie zunächst eine Übung zum Pipettieren absolvieren, bevor sie sich an den genetischen Fingerabdruck wagen durften. Um diesen zu erstellen, entnahmen die Neuntklässler Speichelproben aus ihrer Mundschleimhaut. Nach Zugabe einer Pufferlösung wurde das Reagenzglas mit dem Gemisch in einem Thermocycler auf 96 Grad Celsius erhitzt, um die DNS-Stränge freizulegen. Ein Mikroliter dieser Flüssigkeit wurde dann in ein anderes chemisches Gemisch gegeben und 32 Mal erhitzt, abgekühlt und wieder erhitzt. Nach der sogenannten Polymerasenkettenreaktion lag nun die DNS von jedem Schüler millionenfach kopiert vor.
Die eigene DNS
Dennoch kann man sie mit bloßem Auge nicht wahrnehmen. Sichtbar machten die Schüler den Locus im Genom mit Hilfe eines fluoreszierenden Farbstoffes und der Gel-Elektrophorese. So erhielt jeder Schüler einen Nachweis seiner einzigartigen DNS.Zudem erarbeiteten sich die Neuntklässler anhand von Arbeitsmaterialien und Modellen aus Hartgummi den Aufbau der Desoxyribonucleinsäure. Animierte Filme gaben Aufschluss über den Ablauf der Polymerasen-Kettenreaktion und über die Gel-Elektrophorese.
Den Lehrkräften ging es bei dem Projekt vor allem darum, die Vorstellungskraft der Schüler anzuregen und ihnen die Naturwissenschaften zugänglicher zu machen. Viele Phänomene im Chemie- und Biologieunterricht sind abstrakt. Man braucht ein gewisses Vorstellungsvermögen, um die jeweilige Thematik zu begreifen. Das Projekt zeigte deutlich: Wenn die Schüler in Kitteln und mit Handschuhen arbeiten dürfen, steigt die Motivation, sich mit den Naturwissenschaften auseinanderzusetzen, deutlich.
Schulen können sich das mobile DNS-Labor, das der Chemie-Konzern Bayer mit knapp 15 000 Euro unterstützt hat, kostenlos ausleihen, um den Schülern die Berufsorientierung zu erleichtern. Der Leiter der Haßfurter Dr.-Auguste-Kirchner-Realschule, Dr. Hartmut Hopperdietzel, und die Chemielehrerin verfolgen mit dem Projekt "CSI Mainhattan" das gleiche Ziel wie Dr. Christina Schultheis und Dr. Alexander Rottheus: Die Schüler sollen über Ausbildungsberufe in der Chemie, Biotechnologie und in weiteren naturwissenschaftlichen Bereichen besser informiert und dafür stärker motiviert werden.