Druckartikel: Die Kinder in Haßfurt lernen Hand in Hand

Die Kinder in Haßfurt lernen Hand in Hand


Autor: Sabine Weinbeer

Haßfurt, Mittwoch, 29. Januar 2014

An der Grundschule Haßfurt wird die Inklusion umgesetzt. Erfolgreich, wie beim Besuch zweier Buch-Autorinnen deutlich wurde.
Mit Feuereifer dabei waren die Kinder der beiden Partnerklassen an der Grundschule Haßfurt, als Autorin Wiltrud Thies und Malerin Anke Koch-Röttering mit ihnen die Geschichte von "Fred, der Frosch" mit "Eine Schule für alle" nacherlebten. Gemeinsam gestalteten die Kinder das farbenfrohe Bild an der Tafel im Hintergrund. Foto: Sabine Weinbeer


Einen Schultag ganz im Zeichen von "Fred, der Frosch" erlebten die Kinder der Grundschule am Dürerweg in Haßfurt. Die Autorin des Bilderbuches Wiltrud Thies und die Illustratorin Anke Koch-Röttering gestalteten den Schultag, an den künftig ein großformatiges, farbenfrohes Bild erinnern wird, das im Laufe des Autoren-Besuches entstand.

Bereits Normalität

"Eine Schule für alle" lautet der Untertitel des Bilderbuches. Es will die Angst vor der Einschulung nehmen und vor allem auch für die Inklusion von Kindern mit Behinderung Verständnis wecken. Diese Inklusion ist an der Grundschule am Dürerweg schon Normalität geworden. "Ich bin beeindruckt, wie die Kinder hier miteinander umgehen", lobte Thies. Gemeint sind die sogenannten Partnerklassen von Alexandra Krines-Beßler und von Ulrike Pottler.

Alexandra Krines-Beßler ist die Konrektorin des Förderzentrums der Lebenshilfe Haßfurt mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Seit drei Jahren ist sie mit ihrer Klasse nicht mehr im Förderzentrum, sondern im Schulhaus am Dürerweg. Immer wieder, im Musik- und Kunstunterricht beispielsweise, kommen ihre Kinder und die aus der Grundschulklasse 2f zusammen. "Wir sind eine Klasse", sagte ein Mädchen zu Wiltrud Thies, die von dem Projekt der Partnerklasse sehr beeindruckt ist.

Ohne Sonderstellung

Sie selbst war Rektorin der Sophie-Scholl-Schule in Gießen, die zu den Vorreitern der inklusiven Schulen zählt. Dort traf sie auch auf die Marburger Malerin Anke Koch-Röttering, Mutter eines Sohnes mit Down-Syndrom. Auch sie ist begeistert und sieht die Vorteile gegenüber der Einzel-Inklusion, denn ein einzelnes Kind mit Handicap in einer Klasse habe doch bei allem Bemühen um Normalität immer eine Sonderstellung. Wenn sich aber zwei Klassen mischen, verwischt sich dieser Sonderstatus. Und schließlich haben auch die Kinder in der 2f alle so ihre Besonderheiten. "Alle unsere Kinder profitieren von dem Projekt Partnerklasse", sagt die Haßfurter Schulleiterin Gisela Schott.

Auch vom Gastspiel der Bilderbuch-Autorinnen profitierten alle Kinder. Sechs Klassen der Grundschule ließen sich in der Aula in den Bann der Geschichte ziehen. Sie alle können sich schließlich noch gut an den ersten Schultag erinnern, den Fred, der Frosch, erlebt. Er ist noch ein bisschen aufgeregter, denn er besucht "eine Schule für alle". Bisher war jede Tierart in eine eigene Schule gegangen. Nun trifft der kleine grüne Frosch auf große Tiere, die durchaus furchteinflößend sind. Doch dann stellt sich heraus, dass jeder seine Stärken und Schwächen hat.

Großes Wandbild

Nach der gemeinsamen Autorenlesung beschäftigten sich die beiden Partnerklassen intensiv mit der Geschichte, und zusammen mit Anke Koch-Röttering fertigten sie ein großes Wandbild mit vielen bunten Tieren, das sicher einen bleibenden Platz im Schulhaus finden wird.

Auch wenn Wiltrud Thies und Anke Koch-Röttering fast nur ihre Spesen in Rechnung stellen, musste ihr Besuch in Haßfurt natürlich finanziert werden. Mit ihrem Anliegen stieß Gisela Schott beim Lions-Club auf offene Ohren. Als dessen Vertreter schaute Harry Riegel, selbst Lehrer am Gymnasium in Haßfurt, im Laufe des Tages vorbei. Auch er zeigte sich beeindruckt von den Ergebnissen des Tages, vor allem aber von den Schilderungen der Lehrkräfte über das Projekt Partnerklasse.

Brücken geschlagen

Die so genannte "Außenklasse" am Dürerweg gibt es zwar erst im dritten Jahr, doch die Partnerschaft der beiden Schulen entwickelte sich schon ab 1997 aus der räumlichen Nachbarschaft in Sylbach, wo Lebenshilfe und Grundschule direkt nebeneinander stehen. Da waren die Brücken schnell geschlagen, erfuhren die Besucher.
Die Erfahrungen aus dem Tag in Haßfurt und dem anschließenden eingehenden Gespräch mit den Lehrkräften lässt Wiltrud Thies auch in ihre künftige Arbeit einfließen. Sie ist Mitglied des Expertenkreises "Inklusive Bildung" der Deutschen Unesco-Kommission und als Beraterin für Schulentwicklungsprozesse mit Fortbildungen und Vorträgen im In- und Ausland tätig. Im April vergangenen Jahres wurde sie für ihr Engagement in der inklusiven Bildung und Schulentwicklung mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Das nächste Projekt

"Fred, der Frosch" ist nach vielen Fachveröffentlichungen ihr erstes Kinderbuch. In der Marburger Malerin Anke Koch-Röttering fand sie eine ideale Ergänzung. Gemeinsam arbeiten sie bereits an ihrem nächsten Projekt. Das behandelt die Beziehungen in einer Schule und wird sich eher an die Jahrgangsklassen drei bis sechs wenden.