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Die Fremden als Nachbarn


Autor: Johanna Eckert

Untermerzbach, Mittwoch, 05. August 2015

Schon in gut einer Woche werden syrische Flüchtlinge auch in Untermerzbach wohnen. Noch herrscht etwas Ungewissheit bei den Dorfbewohnern, wie das so wird. Bürgermeister Dietz appelliert, dem offen gegenüber zu stehen.
Bürgermeister Helmut Dietz hatte zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, um über die geplante Unterbringung der Asylbewerber in Untermezbach vor allem die Nachbarn zu informieren. Viele sind gekommen. Einige wollen die Neubürger auch aktiv unterstützen. Foto: Johanne Eckert


In Untermerzbach funktioniert das Ehrenamt. Eine Botschaft, die Bürgermeister Jürgen Dietz (SPD), wo auch immer er ist, mit Stolz vertritt. Doch am Dienstagabend, als er zusammen mit Dieter Sauer vom Landratsamt Haßberge zu einer Informationsveranstaltung zum Thema "Asyl" eingeladen hatte, kamen ihm in dieser Hinsicht leichte Zweifel auf. Keiner der Zuhörer, und es waren viele Interessierte in das Vfl-Sportheim gekommen, wollte sich im Rahmen der Veranstaltung dazu bereit erklären, die Asylbewerbern, die in wenigen Tagen in Untermerzbach ankommen werden, bei ihrem Neustart zu unterstützen.

Doch wer beobachtete, was nach der Versammlung vor der Eingangstüre des Vfl-Sportheims passierte, kann auf eine gute Zeit der Flüchtlinge im Ort hoffen: Damen scharten sich um Bürgermeister Jürgen Dietz und steckten ihm ihre Telefonnummern zu: "Da bin ich auch dabei!", gestanden ihm einige Dorfbewohnerinnen.

"Natürlich fahr ich die mit dem Auto, wenn sie wohin müssen. Das ist doch gar keine Frage", sagte ein Rentner, der sich gerne an die früheren Zeiten erinnert, als solche Guttaten an den Mitmenschen noch als selbstverständlich galten.

"Lange Zeit war Untermerzbach ein weißer Fleck" im Hinblick auf die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen im Landkreis Haßberge, merkte Dieter Sauer, Sachgebietsleiter für Soziales und Senioren im Landratsamt Haßberge, bei der Veranstaltung an. Ab 13. August werden dort nun fünf Menschen aus Syrien in einem Haus in der Brunnenleite untergebracht sein. "Wir wissen diesmal schon sehr früh, wer kommt", ergänzte Sauer. Neubürger in Untermerzbach werden ein Ehepaar mit einem einjährigen Kind sowie zwei alleinreisende Männer sein. Alle gehören sie derselben Großfamilie an.

Permanent auf der Suche

Mit über 600 Plätzen, die es im Landkreis derzeit für asylsuchende Menschen gibt, sind die Kapazitäten mancherorts schon ausgeschöpft, der Bedarf aber weiterhin hoch. "Wir sind permanent auf der Suche nach neuen Plätzen. Die Situation ist angespannt", informierte Dieter Sauer.

Das Wohnhaus der syrischen Staatsbürger in Untermerzbach wird vom Landkreis Haßberge mit den wesentlichen Dingen wie Möbel, Handtücher und Bettwäsche ausgestattet sein. "Bilder an der Wand oder Teppiche können wir aber nicht stellen", versichert Dieter Sauer.

An diesem Punkt könnte die Hilfe der Untermerzbacher Bürger ansetzen. Franz Josef Zeheter vom Asylhelferkreis in Ebern gab bei der Versammlung einen kleinen Einblick, wie die knapp 120 Menschen aus Afrika, Syrien und der Ukraine in Ebern in den ersten Tagen unterstützt wurden: Begrüßungsessen, Anbringen von Vorhängen in der Wohnung, Lebensmittelpaket für die ersten Tage, Stadtrundgang, Einrichtung des Fernsehers, Versorgung mit Kleidern und Fahrrädern sowie Angebote, um die deutsche Sprache zu lernen.

Positive Stimmung wirkt

Neben all diesen eher materiellen Sachen sei es wichtig, betonte Zeheter, "öffentlich und offen, allen voran der Bürgermeister, eine positive Stimmung zu verbreiten. Das wirkt." Bei all dem Engagement in der Flüchtlingshilfe sind die Untermerzbacher aber nicht allein gelassen. Denn Thomas Heidenreich, der beim Caritasverband Haßberge in der Asylarbeit tätig ist, ist für alle Belange während des Asylverfahrens zuständig. Wie lange die Menschen aus Syrien in Untermerzbach bleiben werden, konnte er auch nicht sagen: "Die Anerkennungsquote bei syrischen Flüchtlingen ist sehr hoch. Derzeit laufen die Verfahren auch schnell. Wenn sie den Flüchtlingsstatus haben und drei Jahre hier bleiben dürfen, könnten die Menschen auch schon wieder weiterziehen."

Das Landratsamt Haßberge wird versuchen, die Ankunft der Flüchtlinge am 13. August zu organisieren. "Am besten, sie kommen nach Haßfurt und dann fahren wir sie raus", erklärte Sauer. Eine arabisch sprechende Alltagsbetreuerin aus der Behörde wird dann auch vor Ort sein. "Es ist schwierig, wenn wir sie alleine lassen", appelliert Bürgermeister Helmut Dietz an seine Bürger und Bürgerinnen, "wir sind hier als Dorfgemeinschaft gefordert. Ich baue auf die Untermerzbacher!"


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