Die Bienen brauchen mehr Futter im Landkreis
Autor: Günther Geiling
Haßfurt, Dienstag, 08. November 2016
Im Landkreis Haßberge vereinbarte ein "runder Tisch" Maßnahmen, wie mehr Nahrungsquellen für Insekten geschaffen werden können.
Gibt es vielleicht bald das Pilotprojekt "Blühender Landkreis"? Mit der Frage beschäftigte sich ein "runder Tisch" mit Vertretern aus Verbänden des Landkreises Haßberge: Es geht um Maßnahmen zum Schutz von Bienen und Insekten.
Alle gemeinsam müssen ran, und zwar dezentral
Die Teilnehmer der Gesprächsrunde kamen zu dem Ergebnis, dass so etwas nur effizient gelingt, wenn alle gemeinsam etwas in die Wege leiten. Oberstes Ziel soll sein, das fehlende Nahrungsangebot für Insekten zu verbessern und dezentral Blühflächen in allen Kommunen anzubieten.Johannes Bayer, Kreisfachberater für Gartenbau und Landespflege, hob die Bienen als wichtigste Nutztiere hervor. Sie übernehmen die Hauptbestäubung. In der Natur haben sie jedoch immer größere Probleme durch Krankheit aber auch wegen fehlender Nahrung.
Es blüht zu wenig.
Im Frühjahr reichen zwar Raps und blühende Sträucher aus. Aber ab dem Sommer herrscht Nahrungsmangel. Der Mensch muss tätig werden, auch im Landkreis Haßberge - zu dem Schluss kam man schon im Umwelt- und Werkausschusses des Kreises, wie Bayer anmerkte. Daher ein "runder Tisch", der künftige Maßnahmen beraten soll. Hier vereint waren Johannes Bayer, Jürgen Schubert (Kreisvorsitzender der Imker), Dr. Werner Hornung und Peter Kirchner (vom Imker-Kreisverband), Klaus Merkel (Kreisobmann der Landwirte), Bürgermeister Dieter Möhring (für die Kommunen), Alfons Schanz (Tiefbauverwaltung Landkreis), Guntram Ulsamer (Kreisverband Gartenbau und Landespflege), Bernd Janik (Landratsamt), Jennifer Knipping (Regionalmanagerin) und Karin Thaumüller (Bund Naturschutz).
Imker sind Seismographen
Imker Peter Kirchner stellte klar: "Wir Imker sind nur die
Seismographen. In meinem Bienenhaus sind auch Hornissennester, und sie stören mich nicht. Aber vor 60 Jahren habe ich ein Volk im Jahr verloren, heute sind es jedoch bis zu ein Drittel des Bestands." Und Kirchner setzte nach, "früher musste ich öfter meine Windschutzscheibe säubern, weil sie voller Insekten waren. Heute brauche ich das nicht mehr." Der Imkerverein handelte schon und verteilte Saatgut.Straßenbau-Chef Alfons Schanz fragte: "Was hat denn zu dieser grundlegenden Veränderung geführt. Hat man das schon einmal untersucht?" Seiner Meinung nach hätten die Bauern früher eine Mischung von Pflanzen auf den Äckern gehabt, heute sehe man oft nur Monokultur. Das "Straßenbegleitgrün" mache nur einen Promille-Bereich an Flächen aus.
Zum anderen habe der Straßenrand für die Verwaltung verschiedene Funktionen: Im "intensiven Bereich" hat die Verkehrssicherheit Vorrang; Unfälle sollen vermieden werden, weswegen Bankette und die Fläche zum Graben hin gemulcht werden müssten. Der "extensive Bereich" beginne erst bei Böschungen; hier kann die Behörde blüten- und bienenfreundlich pflegen und wartet schon jetzt zum Teil bis zum September mit dem Mähen. Das gehe aber nicht im Sichtbereich und bei Einfahrten. Eine Handlungsstruktur gibt auch der Jahresplan zur Bearbeitung der 740 Kilometer vor. Laut Schanz macht man alles, was geht, zeigte sich aber für Vorschläge bei Ansaaten aufgeschlossen.
Für die 80 Obst- und Gartenbauvereine erinnerte Guntram Ulsamer, dass ihnen schon seit 2008 mit dem "Baum des Jahres" und "blütenreiche Saaten" Bienen- und Insektenfreundlichkeit nahe gelegt wird. Blütenreiche Saatgutmischungen können die Vereine ordern. So kam es schon zu Aktionen an Ortsrändern und auf anderen Flächen. Die Lage sei deswegen noch nicht besser geworden: Ulsamer machte viele Gärten aus mit der Tendenz zum Einheitsgrün.
Werner Hornung schob nach, dass nicht Gräser und Wildblumen blühen, sondern auch Bäume und andere Gewächse: "Wir haben wilden Wein und Efeu. Da sind auch viele Insekten dran."
Die EU-Bürokraten sind schuld?
Bauern-Kreisobmann Klaus Merkel kritisierte die durch das so genannte Greening verringerten Möglichkeiten für Blührahmen an Feldern. Er gab den EU-Bürokraten sie Schuld.
Der Bauernverband habe gefordert, die Auflagen für solche Blühstreifen wieder abzuschaffen.Damit kam man zu den "Eh da-Flächen", Bereiche in der offenen Landschaft, die nicht gezielt landwirtschaftlich oder ökologisch genutzt werden. Sie seien also "eh da" und könnten nach ökologischer Aufwertung Bestäuberinsekten wie Hummeln, Solitärbienen oder der Honigbiene Nahrungsquellen bieten. Jede Kommune, hieß es, habe drei bis sechs Prozent solcher Flächen und könnte sie aufwerten.
Der Kreisvorsitzende des Bayerischen Gemeindetags, Dieter Möhring, hielt das aber für nicht so einfach; man lebe einfach in einer "Discount-Gesellschaft". Auch nicht jeder Planer denke da mit. Immerhin würden unbebaute Bauplätze sehr spät im Jahr gemäht.
Bernd Janik (Wasserrecht und Naturschutz beim Landratsamt) wandte ein, dass Ausgleichsflächen nicht einfach umgestaltet werden dürften, etwa wenn es sich um Magerrasen handelt. Auch Grünland könne man nicht einfach umbrechen, sonst müsste dafür wieder ein Ausgleich geschaffen werden. Unproblematisch sei es bei fetten Wiesen oder bei Ackerland. Janik bilanzierte wenigstens: "Aber schon wenn wir ein Prozent der Flächen dafür verwenden könnten, könnten wir die Artenvielfalt erhalten."
Pilotprojekt "Der blühende Landkreis"
Regionalmanagerin Jennifer Knipping schlug dann das Landkreisprojekt "Der blühende Landkreis" vor. Es "würde auf große Aufmerksamkeit stoßen und es würde alle Kommunen mit einbeziehen." Dem stimmte Karin Thaumüller vom Bund Naturschutz zu.
"Dies wäre ein Pilotprojekt, das auch nach außen große Wirksamkeit zeigt."Die Teilnehmer waren sich einig, dass schnell etwas passieren sollte. So sollen zwei Fachleute noch vor Weihnachten in dieser Runde sprechen. Vielleicht lileßen sich schon im Frühjahr mit erste Maßnahmen umsetzen, wie es hieß. Der neue Imker-Kreisvorsitzende der Jürgen Schubert zog ein positives Fazit: "Der heutige Dialog war schon gut, denn jeder hat dabei schon einmal die Probleme des anderen gehört. Wenige konzentrierte Flächen nützen nichts, aber ein dezentrales Projekt könnte erfolgreich werden."