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Blauzungenkrankheit und Finanzen: Die Sorgen eines Bauerns aus Unterfranken


Autor: Günther Geiling

Goßmannsdorf, Freitag, 08. März 2019

Tierhalter sprachen mit dem Bauernverband-Kreisobmann Klaus Merkel über drängende Probleme für ihre Tätigkeit.
Sorge bereiten den Schweinezüchtern die neuen Vorgaben über Kastenstände und dadurch notwendige Erweiterungen von Ställen. Das kostet Geld, viel Geld.  Foto: Günther Geiling


Nicht nur durch das erfolgreiche Volksbegehren ("Rettet die Bienen") sieht sich die Landwirtschaft derzeit in eine Ecke gestellt und kritisiert. Auch bei den Tierhaltern macht sich eine negative Stimmungslage breit und immer mehr Betriebe denken ans Aufhören. Dies gilt auch für den Landkreis Haßberge, in dem vor allem in der Schweinehaltung neue Vorschriften Familienbetriebe vor große finanzielle Belastungen stellen und damit die Hofnachfolge erschweren. Diese Sorge brachten sie in einem Gespräch mit dem Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, Klaus Merkel (Mariaburghausen), zum Ausdruck.

Blauzungenkrankheit: Rinder, Schafe und Ziegen betroffen

Derzeit beschäftigen die Tierhalter auch die Blauzungenkrankheit und die "Afrikanische Schweinepest" (ASP). Die für Rinder, Schafe und Ziegen gefährliche Blauzungenkrankheit breitet sich anscheinend weiter aus und nun ist der Landkreis Haßberge mit acht Gemeinden in eine Restriktionszone gekommen. Voll betroffen sind die beiden Gemeinden Oberaurach und Rauhenebrach und zu Teilen die Kommunen Eltmann, Sand, Knetzgau, Wonfurt, Theres und Gädheim. Die Virusinfektion ist für Menschen nicht gefährlich.

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Mit Sorgen schauen die Tierhalter auch auf die "Afrikanische Schweinepest" (ASP). Sie bedroht die Gesundheit der Wild- und Hausschweinbestände und damit die landwirtschaftliche Produktion. Die Gefahr kommt insbesondere aus Ostländern, aber auch in Belgien sind kürzlich Fälle aufgetreten.

Die Schweinehalter drücken derzeit aber noch viel größere Sorgen. Edgar Kettler aus Unfinden erinnerte daran, dass seine Familie 1961 noch einen Bauernhof mit Kühen, Bullen, Mastschweinen hatte und dann ab 1992 langsam auf Zucht- und Mastschweine umstellte. "Wenn nun in den nächsten Jahren alle gesetzlichen Vorgaben, Bestimmungen und Labels umgesetzt werden müssen, dann wären dafür Zuschüsse in Höhe von 80 bis 90 Prozent erforderlich. Wenn dies als illusorisch angesehen wird und keine Hilfe kommt, wird es bald keine bayerischen Ferkel mehr geben."

Güllegrube und Gülletechnik sehr teuer

Horst Graser aus Rügheim ergänzte, dass Betriebe wie seiner die geforderten Investitionen einfach nicht leisten können. "Wenn das alles kommt, muss ich schon alleine 150.000 Euro in die Güllegrube stecken und noch einmal 150.000 Euro in die Gülletechnik. Wenn dazu noch die Kastenstände oder Abferkelbuchten um 60 Prozent vergrößert werden sollen, dann bedeutet das auch einen neuen Stall, weil die bisherigen Vorrichtungen nicht für einen Umbau geeignet sind. Ich müsste also eine Million Euro investieren." Hierzu gebe es nur die Alternative des Aufhörens.

Die Investitionen in Ställe ist nur ein Problem. Vielen Ferkelerzeugern und Muttersauhaltern bereitet die Kastration der Ferkel großes Kopfzerbrechen; derzeit werden mehrere Varianten diskutiert. Die Teilnehmer der Gesprächsrunde diskutierten die Details. Fazit: Die Ferkelzüchter befürchten gravierende Wettbewerbsnachteile der bayerischen Erzeuger.

Muss ein Landwirt bald seinen eigenen Tierarzt anstellen?

"Wir kommen langsam zu einer Tierhaltung, bei der man für seinen Betrieb einen eigenen Tierarzt anstellen muss. Wer soll das bezahlen?", hieß es.

Klaus Merkel und Kollegen rügten vor allem, dass Deutschland Dinge verbiete, die im Ausland erlaubt seien. Dafür importiert man dann Ferkel und Schweine über 1000 Kilometer nach Deutschland. Und das ist dann Tierwohl?

Schaf und Rind in Gefahr - das steckt hinter der Blauzungenkrankheit

Sie kann für Schafe tödlich ausgehen und ist auch für Rinder gefährlich: die Blauzungenkrankheit. Im Freistaat ist sie zwar noch nicht ausgebrochen, dennoch macht die Seuche bayerischen Landwirten Probleme. Fragen und Antworten zu einem Virus, das sich immer weiter ausbreitet:

Was ist die Blauzungenkrankheit?

Die Blauzungenkrankheit wird durch ein Virus ausgelöst und trifft hauptsächlich Schafe und Rinder. Selten können auch Ziegen daran erkranken. Auch Rehe und Hirsche können sich infizieren. Das Virus wird nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), das zum Thema Tiergesundheit forscht, nicht direkt von Tier zu Tier übertragen, sondern über kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen).

Ist der Erreger für den Menschen gefährlich?

Für Menschen ist er nicht gefährlich. Auch Fleisch- und Milchprodukte können ohne Bedenken verzehrt werden.

Wie äußert sich die Blauzungenkrankheit?

Typische Symptome sind dem FLI zufolge meistens nur beim Schaf zu beobachten. Erste Anzeichen einer akuten Erkrankung sind eine erhöhte Körpertemperatur und Apathie. Später leiden sie an schaumigem Speichelfluss, Geschwüren an den Klauen oder auch inneren Blutungen. Selten färben sich der Maulbereich und die Zunge blaurot - daher der Name. Dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) in Erlangen zufolge ist die Krankheit in 30 Prozent der Fälle tödlich.

Zeigen Rinder keine Symptome?

Bei Rindern verläuft die Krankheit oft unauffälliger. Schwaches Fieber kann ein Symptom sein. In schlimmen Fällen entzünden sich die Zitzenhaut und die Schleimhäute an den Augenlidern, an der Maulhöhle und an den Genitalien. Außerdem lösen sich Schleimhäute an der Zunge und am Maul - ähnlich wie bei der Maul- und Klauenseuche.

Sind in Bayern schon Tiere daran erkrankt?

In Bayern sind noch keine Fälle bekannt. Dafür wurde die Blauzungenkrankheit aber bei Tieren in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Baden-Württemberg festgestellt. Das hat Folgen für die bayerischen Landwirte.

Inwiefern?

Nachdem die Krankheit in Baden-Württemberg erst im Landkreis Calw und dann im Rems-Murr-Kreis ausgebrochen war, wurden um die betroffenen Betriebe Sperrzonen mit einem Radius von 150 Kilometern eingerichtet. In diesem Gebiet liegen auch große Teile Bayerns - betroffen sind Landkreise in allen Regierungsbezirken außer Niederbayern. Dort haben Bauern nun mit teils strengen Vorgaben zu kämpfen. Wollen sie etwa Zucht- oder Nutztiere in deutsche Gebiete verkaufen, die frei von der Seuche sind, müssen sie nachweisen, dass die Tiere geimpft sind, oder mit einer Blutprobe belegen, dass die Schafe oder Rinder gesund sind.

Wie können Landwirte ihre Tiere schützen?

Tierärzte haben Halter von Rindern und Schafen aufgerufen, ihre Tiere impfen zu lassen. Auch die Behörden raten dazu. Das Problem: Der Impfstoff ist knapp. "In den letzten Jahren haben wenige Landwirte ihre Tiere impfen lassen, weil die Krankheit verschwunden war und das Risiko der Ansteckung geringer war", erklärt Janne Richelsen, Referentin für Tiergesundheit beim Bayerischen Bauernverband. Entsprechend sei weniger Impfstoff produziert worden. Jetzt aber steige die Nachfrage.

Und wenn es einen Verdacht auf die Krankheit gibt?

Die Blauzungenkrankheit ist in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anzeigepflichtig - das heißt, dass das Veterinäramt informiert werden muss. Landwirte müssen dem LGL zufolge außerdem sofort einen Tierarzt kontaktieren. Letzte Gewissheit bringt aber nur die Untersuchung einer Blutprobe im Labor, weil die Symptome auch auf andere Krankheiten hindeuten können. mit dpa

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