Der TV Haßfurt stoppt das Sportpark-Projekt
Autor: Klaus Schmitt
Haßfurt, Mittwoch, 09. April 2014
Der Turnverein Haßfurt kann den 4,65 Millionen Euro teuren Neubau seiner Sportstätten am Eichelsee nicht schultern. Der Vorstand zog die Reißleine und überlegt nun, wie es weitergeht. Was macht die Stadt?
Sie sahen ein bisschen so aus wie eine Fußballmannschaft, die gerade eine herbe Niederlage einstecken musste und vom Platz schleicht. Sie wirkten konsterniert, die sechs Vorstandsmitglieder des Turnvereins Haßfurt, als sie am Mittwoch verkündeten, dass sie das ehrgeizige Projekt "Sportpark Eichelsee" stoppen müssen. Sie machten bei einer Pressekonferenz im Sportheim des 1245 Mitglieder zählenden Vereins deutlich, dass es mehrere Gründe für die Entscheidung gab, die unausweichlich war. Auf 4,65 Millionen Euro war die Neuordnung der Sportstätten angesetzt gewesen. Daraus wird nichts. Vorerst auf jeden Fall.
Am Donnerstag vergangener Woche hatte das Vorstandsgremium einstimmig den Beschluss gefasst, dass der "Sportpark Eichelsee" nicht gebaut werden kann.
Es war keine leichte Entscheidung, die sie verkünden mussten. "Wir können nicht bauen, wir können die Sache nicht mehr verantworten", betonte Strauß. Das Vorstandsgremium habe "eine ehrliche Entscheidung" getroffen, sagte Hiernickel. Eine Alternative habe es nicht gegeben, hieß es unisono.
Planungen laufen schon seit sieben Jahren
Vor etwa sieben Jahren hatte der TV Haßfurt, damals der größte Sportverein im Landkreis, die Planungen für seinen "Sportpark Eichelsee" begonnen. Die Anlage mit den zahlreichen Bauten an der Straße zum Haßfurter Flugplatz war in die Jahre gekommen. Sanierungen standen an. Da setzte der Turnverein zum Befreiungsschlag an und ging an ein großes Werk.
Erste Kostenschätzungen für die neuen Sportstätten mit einer Halle als wichtigstem Bauteil gingen von sechs Millionen Euro aus. Das Konzept überzeugte zunächst, auch die Stadt. Sie sagte eine großzügige Förderung zu, und vor allem Bürgermeister Rudi Eck legte sich ins Zeug für das Vorhaben.
Plötzlich bekamen einige Stadträte offenbar kalte Füße angesichts der Größenordnung. Sie forderten, das Projekt zu überprüfen und abzuspecken. Es kam zum Streit, der darin gipfelte, dass Bürgermeister Eck aus der CSU austrat.
Heraus kam schließlich ein neues Konzept mit einem Kostenvolumen von 4,65 Millionen Euro. Die neue Planung sah einen anderen Standort vor (auf dem Fußballspielfeld drei), keine Gaststätte und einige weitere Änderungen. Das Konzept ließ es möglich erscheinen, das Hauptziel des Vereins zu erreichen: den Verein für die Zukunft neu aufzustellen und die Abteilungen, die an anderen Sportstätten untergebracht sind, zum Vereinsgelände zurückzuholen. Dies betrifft immerhin 70 Prozent der Sportgruppen.
Baupreise sind inzwischen angestiegen
Das TV-Vorstandsgremium steht heute noch hinter diesem Konzept. Es sei aus sportlicher Sicht und mit Blick auf die Finanzen schlüssig. Nur: Es lässt sich nicht umsetzen, wie die Vorstände am Mittwoch mitteilten, weil immer etwas Neues dazu gekommen sei. Das Projekt sei letztlich "nicht zu verantworten, weil keiner weiß, wohin es läuft", so Horst Lohs.
Die Probleme rühren teilweise von der langen Planungszeit her. Mittlerweile sind die Baupreise nach oben gegangen. Auflagen wegen des Naturschutzes und vor allem wegen des Hochwasserschutzes erschweren die Realisierung und verteuern das Projekt. Die geforderte Projektbegleitung sowie Haftungsfragen sind weitere Hürden, die letztlich nicht zu überwinden sind. "Wir wollten bauen, aber wir können es nicht", fasste Hans Strauß zusammen. Der Rahmen von 4,65 Millionen Euro beinhalte keinen Puffer mehr, so dass der Verein auf teilweise kostenintensive Auflagen, etwa im Natur- oder im Hochwasserschutz, nicht reagieren könne, ergänzte Horst Lohs. "Wir sind an Grenzen gestoßen", sagte er. Es gebe keine Luft mehr, setzte der Kollege Gerd Wolf hinzu. Von der Konzeption "kann man nichts mehr streichen".
Unsicherheitsfaktor
Ungewiss ist auch die Höhe der Förderung durch den BLSV (Bayerischer Landessportverband). Der diskutiert, wie es hieß, neue Regelungen mit dem Finanzministerium. Der Hauptantrag an den BLSV ist zwar fertig, aber nicht abgeschickt.
Der Führungsriege des TV Haßfurt ist klar, dass mit dem Stopp des Projekts auch ein Image-Schaden für den Verein verbunden sein kann. Aber alle Vorstände waren und sind sich einig darin, dass der TV etwas tun musste. Mit den teilweise maroden Anlagen weiterarbeiten war keine Alternative. Mitglieder haben dem Verein den Rücken gekehrt, weil sie nicht in alten Hallen ihren Sport treiben wollen oder Duschen benutzen sollen, die nicht funktionieren. Hanne Pfister: "Es muss etwas gemacht werden." Für die maroden Anlagenteile muss der TV eine Lösung finden.
Offen für neue Gespräche
Wie geht es weiter? Der TV könnte sich neue Gespräche mit der Stadt vorstellen. Der Verein sei offen, hieß es am Mittwoch. Alle Vorstände betonten, dass die Einstellung des Projekts indes nicht aus Kalkül geschehen sei, um mehr zu erreichen oder um Druck auszuüben.
Wichtig ist: Der Sportbetrieb muss weiterlaufen. Dazu ist wohl ein Mindestmaß an Aufwand und Kosten erforderlich, um die Anlagen zu erhalten. Aber selbst das fällt schwer, denn die Planung des Sportparks hat bereits erhebliche Mittel verschlungen. Hans Strauß spricht von einer Summe im unteren sechsstelligen Bereich. Die finanzielle Lage ist nicht rosig.
Eine erste Reaktion
Der Haßfurter Bürgermeister Rudi Eck (parteilos) hat Verständnis für die Entscheidung des TV-Vorstands, das Projekt "Sportpark Eichelsee" zu stoppen. Es sei richtig gewesen, dass der Verein "den Pflocken reinhaut", sagte er auf Anfrage unseres Portals. Eck war als Gast bei der entscheidenden Vorstandssitzung am vergangenen Donnerstag, und er informierte am Montagabend in nichtöffentlicher Sitzung den Stadtrat.
Rudi Eck könnte sich ein neues Angebot an den Turnverein und damit eine Lösung vorstellen. Die Stadt könnte dem TV in zwei Punkten entgegenkommen: Einmal bei der Projektbetreuung, die dem Verein Bauchschmerzen bereitet, und zum Zweiten bei der Hochwasserfreilegung. Da es sich um ein städtisches Grundstück handelt, hält Eck den Hochwasserschutz in Regie der Stadt für möglich und vertretbar.
Die Stadt hat dem Verein für sein 4,65-Millionen-Euro-Projekt bereits eine Förderung von 1,5 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Dazu die Zwischenfinanzierung der BLSV-Förderung (Zuschuss und Darlehen). Zusätzlich mit der Projektbetreuung und dem Hochwasserschutz käme laut Eck die Stadt immer noch wesentlich billiger davon, als wenn sie selbst eine neue Sporthalle in Haßfurt bauen müsste. In Haßfurt besteht ein Mangel an Sporthallen. Der Engpass verschärft sich noch, da die Sporthalle am Schulzentrum demnächst saniert werden muss - mit einem Millionenaufwand.
Allerdings: Der Bürgermeister Rudi Eck geht in den Ruhestand. Sein Nachfolger Günther Werner wird sich des Themas annehmen müssen - mit einem neuen Haßfurter Stadtrat.