Das Amtsgericht Haßfurt brummte einem Rentner eine Geldstrafe wegen Schwarzfahrens auf.
So eng hängen Glück und Unglück beieinander: Zuerst freute sich der 72-jährige Rentner, dass er auf dem Haßfurter Flohmarkt am Gries für gerade einmal 150 Euro einen praktisch nagelneuen Roller kaufen konnte. Als er dann mit dem Schnäppchen heimfahren wollte, hatte er ausgesprochenes Pech, denn er geriet in eine Polizeikontrolle. Weil er keinen Führerschein hat und vor kurzer Zeit schon einmal wegen Schwarzfahrens bestraft wurde, stand er nun erneut vor dem Amtsgericht in Haßfurt. Das Urteil: 300 Euro wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.
Wie der damals diensthabende Polizeibeamte im Zeugenstand aussagte, ereignete sich die Schwarzfahrt am 15. August dieses Jahres nachmittags um halb zwei. Damals befand sich die Polizeistreife in der Nähe des Bahnhofs. Als der Senior mit seinem Kleinkraftrad vorbeifahren wollte, hatten die Ordnungshüter einen "guten Riecher": Bei der Kontrolle gab der Rollerfahrer sofort zu, dass er zeitlebens noch nie einen Führerschein hatte.
Ansonsten, schilderte der Beamte, habe sich der Angeklagte seinerzeit völlig unauffällig verhalten. Vorschriftsmäßig trug er einen Motorradhelm. Aber weil das Zweirad laut Betriebserlaubnis für eine Höchstgeschwindigkeit von 45 Stundenkilometern ausgelegt war, hätte der Mann eine Fahrerlaubnis gebraucht. Deshalb musste er nach der Kontrolle sein Gefährt nach Hause schieben.
Dass der Schwarzfahrer überhaupt vor Gericht erscheinen musste, lag vor allem an seiner einschlägigen Vorstrafe. Im Oktober letzten Jahres hatte man den Rentner schon mal führerscheinlos auf einem Mofa erwischt, was ihm im Januar 2017 eine 300-Euro-Geldstrafe eingebracht hatte. Diese Strafe hat er bereits bezahlt.
Nachdem die persönliche Situation abgefragt war, wurde klar, dass der verheiratete Mann und seine Frau in äußerst bescheidenen finanziellen Verhältnissen leben. Von ihrer kleinen Rente von einigen hundert Euro müssen sie ihre Mietwohnung zahlen und den gesamten Lebensunterhalt bestreiten. Zudem versorgt der Beschuldigte seine pflegebedürftige Frau in der gemeinsamen Wohnung.
Ilker Özalp von der Staatsanwaltschaft wollte von dem Mann wissen, wie er heute zur Gerichtsverhandlung gekommen sei. "Mit dem Roller, aber der ist jetzt auf 25 Stundenkilometer gedrosselt", erwiderte der Beschuldigte. Der Vertreter der Anklage redete ihm ins Gewissen: "So etwas wie im August darf nicht mehr vorkommen", schärfte er ihm ein. In seinem Plädoyer forderte er eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen á zwölf Euro, also 480 Euro.
Amtsrichterin Ilona Conver reduzierte dieses Strafmaß ein Stück nach unten und verhängte 30 Tagessätze zu je zehn Euro, also 300 Euro. Dieser Betrag ist exakt genauso hoch wie die Strafe, die der Mann bei seiner ersten Verurteilung im Januar kassierte. Die Vorsitzende sprach davon, dass die Sache für den Verurteilten "dumm gelaufen" sei. Da sowohl der Rollerfahrer als auch Ilker Özalp mit dem Richterspruch einverstanden waren, wurde er noch im Gerichtssaal rechtskräftig.