Das Risiko aufzufliegen, ist enorm hoch
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Donnerstag, 20. Dezember 2012
Das Amtsgericht Haßfurt verhängte in einem Fall von Scheinselbstständigkeit gegen einen Bauunternehmer aus dem Landkreis Haßberge eine saftige Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro. Dazu muss der Angeklagte die Sozialversicherungsbeiträge nachträglich zahlen.
           
Unternehmen bekommen, in nicht kalkulierbaren Abständen, immer wieder mal unangekündigten - und manchmal auch unerwünschten - Besuch: Das Hauptzollamt oder der Betriebsprüfer der Rentenversicherung kontrolliert, ob alle vor Ort tätigen Mitarbeiter ordentlich gemeldet sind. 
Bei der Überprüfung einer Baustelle im Landkreis fiel den Beamten ein tschechischer Staatsbürger auf. Weil ein Firmeninhaber aus dem Landkreis diesen Handwerker über vier Jahre lang schwarz beschäftigte, kassierte er am Mittwoch bei einem Strafprozess am Amtsgericht in Haßfurt eine Geldstrafe von 7200 Euro.
Das Motiv für die Tat erschließt sich schnell beim Blick in die normale monatliche Lohn- und Gehaltsabrechnung. Jede Menge Abzüge vom Bruttolohn trüben die Freude. 
"Win-win"-Situation
Da liegt der Gedanke nahe, dass sich beide Seiten viel Geld sparen könnten. Wenn nämlich der Mitarbeiter plötzlich kein abhängiger Mitarbeiter mehr ist, sondern ein selbstständiger Auftragnehmer, entsteht eine "Win-win-Situation", wie Richter Roland Wiltschka feststellte: Sowohl die Firma als auch der Arbeitnehmer haben Monat für Monat weniger Unkosten.
Hohes Risiko
Das Risiko ist enorm hoch: Wer einen Scheinselbstständigen beschäftigt, macht sich strafbar. Und wenn der Scheinselbstständige ohne Kranken- oder Rentenversicherung arbeitet, kann er selber böse auf die Nase fallen. Aus gesetzlichen Gründen durfte im vorliegenden Fall der Tscheche in Deutschland keine unselbstständige Arbeit ausüben. Also meldete er beim Finanzamt ein Gewerbe als selbstständiger Bodenleger an.
Damit, so dachten alle Beteiligten, sei den Buchstaben des Gesetzes Genüge getan. Das aber, klärte Staatsanwalt Matthias Kröner den Angeklagten auf, war beileibe nicht so.
Der ausländische Handwerker folgte den Arbeitsanweisungen des Chefs, war in die betriebliche Organisation eingebunden; er führte Stundenaufzeichnungen, gab diese ab und arbeitete nur für diese eine Firma. Diese Punkte zeigen die Scheinselbstständigkeit. Ein Vergehen, betonte der Vorsitzende Richter, das kein Pappenstiel sei.
Akribisch listete der Vertreter der Anklage die vorenthaltenen Beiträge auf. Von Mitte 2006 bis zum Frühjahr 2011 kamen insgesamt mehr als 50 000 Euro zusammen. Zwischenzeitlich stottert der 51-jährige Geschäftsführer einen Rückforderungsbescheid in monatlichen Raten von 4000 Euro ab. Rechtsanwalt Jürgen Borowka wies darauf hin, dass sein Mandant in gutem Glauben gehandelt habe, zumal ihn sein Steuerbüro nicht gewarnt habe.
Erhebliche Konsequenzen
Teuer wird es für den Verurteilten allemal. Die Geldstrafe wegen Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt lautet auf 180 Tagessätze á 40 Euro, also insgesamt 7200 Euro. Dazu kommen die Gerichtskosten.
Seit Mitte 2011 übrigens arbeitet der Tscheche ganz regulär angemeldet in der Handwerksfirma; seit diesem Zeitpunkt ist das bei allen Arbeitssuchenden aus östlichen EU-Staaten möglich. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.