"Das ist eine Bestrafung der Bürger"
Autor: Ulrike Langer
Haßfurt, Freitag, 20. Oktober 2017
Der Haßfurter Seniorenbeirat kritisiert massiv die geplante Änderung beim Apothekennotdienst. Und es gibt weitere "Baustellen".
Den kommunalen Behindertenbeauftragten der Stadt Haßfurt, Michael Schulz, bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Dass aber der Apothekennotdienst im Landkreis Haßberge vor allem zu Lasten der älteren und behinderten Menschen geändert wird, dass das Caritas-Alten- und Pflegeheim Sankt Bruno ab 2018 für mindestens ein Jahr keinen barrierefreien Zugang mehr haben wird und dass die Bevölkerung mehrere Monate keine Gottesdienste mehr in dem Heim besuchen können wird, hat ihn regelrecht auf die Palme gebracht. "Enttäuschend, unmöglich und unverständlich" lautete sein Fazit in der Sitzung des Seniorenbeirats der Stadt Haßfurt in "Ilses Weinstube".
"Ich kann nicht verstehen, dass man uns nicht einbezieht, dass man über uns bestimmt, aber nicht mit uns redet", ärgerte sich Michael Schulz zu den oben genannten Themen und sprach den Mitgliedern des Seniorenbeirats damit aus der Seele. "Auch lassen wir uns nicht mit der Bemerkung: ,Haben Sie Verständnis' abspeisen. Denn dafür haben wir kein Verständnis!"
Es steht mittlerweile fest, dass sich ab Januar 2018 die Apotheken in Haßfurt, Eltmann, Trossenfurt, Sand, Zeil, Knetzgau und Ebelsbach den Notdienst teilen - wobei dieser täglich wechselt! "Das ist eine Bestrafung der Bürger und ein Ignorieren der Barrierefreiheit", sagte Schulz. Viele Menschen zögen nach Haßfurt, weil dort die Infrastruktur gut ausgebaut sei. Nun aber müssten sie im Notfall bis zu 15 Kilometer weit zur nächsten Apotheke fahren oder sich fahren lassen. Was ganz schön ins Geld gehen könne. Die meisten Apotheker in Haßfurt hätten persönliche Gründe dafür ins Feld geführt, dass sie den bisherigen Notdienst nicht befürworteten. Zum Beispiel, dass sie nicht an Kulturveranstaltungen teilnehmen könnten, von der Familie getrennt seien oder Nächte auf dem Sofa als unzumutbar empfänden. "Nur die Apothekerin Doris Zeltner steht hinter uns", bedauerte Schulz, der mitteilte, dass der geänderte Notdienst erst einmal für ein Jahr gelte. Falls Bürgermeister Günther Werner sein Einverständnis erteilt, will der Seniorenbeirat daher zusammen mit dem VdK Unterschriften gegen die Änderung sammeln.
Ebenso ärgerlich ist für Michael Schulz die Tatsache, dass der barrierefreie Zugang zu Sankt Bruno ab 2018 im Zuge des Umbaus für ein Jahr oder länger nicht mehr zur Verfügung steht. "Da hat die Stadt auf unsere Bitten Steuergelder dafür aufgewendet, dass der Weg von Sankt Bruno bis zur Sparkasse und bis vor die Stadtpfarrkirche barrierefrei gestaltet wurde, und nun ist der Architekt der Caritas nicht in der Lage, einen barrierefreien Zugang zum Heim zu gewährleisten", schimpfte er. Denn ein Zugang zum Heim sei ab 2018 nur noch über das äußerst grobe Pflaster in der Fuchsgasse möglich. Heike Ehlert, Leiterin von Sankt Bruno, betonte, dass sie dafür nicht zuständig sei, sondern der Diözesan-Caritasverband. Dieser diskutiere momentan mit Bürgermeister Günther Werner verschiedene Lösungsansätze.
Traudl Schulz vom Seniorenbeirat bemängelte, dass die Schließung des barrierefreien Zugangs in der Promenade eine Einschränkung der Freiheit der Bewohner bedeute, die schon seit zwei Jahren den Innenhof nicht mehr betreten könnten und keinen Zugang mehr zu ihren Balkonen hätten. "Darunter leiden sie sehr", sagte sie. Woraufhin Heike Ehlert mitteilte, dass die Dachterrassen und die Terrassen im Innenhof dann wieder genutzt werden könnten.
Auch dass von November 2017 bis Januar 2018 kein ausreichend großer Raum mehr für den Besuch der Gottesdienste im Heim zur Verfügung steht, andererseits der Orgelraum im Haus nicht dafür genutzt werden kann, ärgert Michael Schulz. Doch Heike Ehlert, Leiterin des Heims, gab an, dass dies aus brandschutzrechtlichen Gründen nicht möglich sei. Da sich der Orgelraum im Dachgeschoss befinde, müsste sie für jeden Bewohner eine Begleitperson stellen. Dies sei unmöglich. Die Bemerkung, dass dies mit Pfarrer Stephan Eschenbacher abgesprochen sei, wurmt Michael Schulz ebenfalls. Er betonte, dass es immer Lösungen gebe, wenn man nur wolle, und verwies auf das Stadtbauamt, mit dem er hervorragend zusammenarbeite. So sei er, ebenso wie die Leiterin des Seniorenbeirats, Eva-Maria Schwach, erfreut, dass die Stadt nun das Projekt "Barrierefreie Altstadtgassen" umsetzen wolle.
Marc Heinz, der sich als Stadtmanager den Seniorenvertretern vorstellte, war beeindruckt, wie sehr sich der Seniorenbeirat für die Belange älterer und behinderter Bürger engagiert. "Ich bin eingestellt worden, damit es in der Stadt weiter vorangeht und ich gebe zu, dass Seniorenthemen bisher zu kurz gekommen sind", sagte er und bot den Mitgliedern des Seniorenbeirats ein offenes Ohr an. "Ich kann Einiges anstoßen, wenn auch nicht alleine umsetzen. Wir müssen gemeinsam anpacken und Sie sollen sich wahrgenommen fühlen", so seine Worte. Auch er kann nicht nachvollziehen, wieso es keinen Dauer-Notdienst der Apotheken in Haßfurt geben kann.