Das "Dragon" in Haßfurt will präsent sein
Autor: Ralf Naumann
Haßfurt, Mittwoch, 02. Oktober 2013
Angesichts einer sich stetig ändernden Gesellschaft muss ein öffentlicher Anlaufpunkt für die Jugend in Haßfurt beweglich sein. Der Jugendtreff-Leiter Gerhard Kastner reagiert mit flexiblen Angeboten auf die Herausforderungen der Zeit. Das "Dragon" bleibt auf der Höhe der Zeit.
Acht Jahre? Ja, seit Juli 2005 steht der "blaue Drache" im Haßfurter Hafen. Bei Planung und Bauarbeiten hatte nicht immer Harmonie geherrscht. Doch das bedeutet nichts: Der Jugendtreff "Dragon" hat (s)einen festen Platz gefunden und sich etabliert. "Und das ist auch gut so", freut sich Gerhard Kastner, der vor vier Jahren die Leitung von Carmen Müller übernommen hat.
Der Treff ist gut. Punkt.
Friede, Freude, Eierkuchen herrscht deswegen bei Gerhard Kastner nicht. Denn das öffentliche Bild über den Jugendtreff hat nicht verändert, bedauert der Sozialpädagoge. "Der Treff wird immer noch als Sammelstelle von Verlierern, Ausländern und Nichtintegrierten angesehen. Einige Eltern und Pädagogen begründen ihren Kindern gegenüber ihre Ablehnung, den Treff zu besuchen, indem sie ihn als einen gefährlichen Ort mit schlechtem Einfluss darstellen." Ja, gut, sagt Kastner, das "Dragon" wird schon besucht von so genannten bildungs- und sozialbenachteiligten Kindern und Jugendlichen. Aber: Es wird "gut angenommen und gebraucht".
Das "Dragon" leistet für Kastner einen "unverzichtbaren" Beitrag für eine ausgewogene Infrastruktur in der Kreisstadt. Es ist "ein kostengünstiger Treffpunkt für Jugendliche, die ihre Freizeit selbstbestimmt gestalten möchten." Und gleichzeitig ist das "Dragon" ein "pädagogischer Ort, der die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen fördern und die Risiken minimieren will."
Bedeutet laut Kastner nichts anderes, als dass sich jeder im Treff wohlfühlen darf und Verantwortung für sich und andere trägt - ein intensives, persönliches Feld. So ist der Offene Treff mit den Augen des Pädagogen informeller Lebensort.
Die Jugend bewegt sich, und auch das ist ein Grund, dass man ständig nach Verbesserung Ausschau hält. Aus dem "Dragon" wird kein Kindertreff - die Stadt will gerade die Jugend erreichen, die man nicht über Vereine erreicht. Richtig ist, dass die Besucher immer jünger sind und leichter für traditionelle pädagogische Angebote gewonnen werden können.
Auf geht's nach Nürnberg
In den Ferien ist der Jugendtreff Anlaufstelle. Langeweile verfliegt angesichts des Programms. "In den Sommerferien haben wir beispielsweise ausgiebig den Entdeckerpass der Metropolregion Nürnberg genutzt", sagt der Jugendreferent.
Schließlich ticken im "Dragon" die Uhren anders - hier gibt es eine eigene "Sommerzeit". Die Öffnungszeiten verlängerten sich um eine Stunde, in den großen Ferien sogar bis 24 Uhr. Gut getan hat Gerhard Kastner die 72-Stunden-Aktion des BDKJ: "Das war ein willkommener Anlass für uns, den Zugang zum Treff, die vernachlässigte und dunkle Amtskellergasse, heller und freundlicher herzurichten." Und die Kulturförderung ist erfolgreich: Eine Metal-Band probte her. Ein bisschen als Heimat sehen die multinationalen Rapper "Intanational" den "Dragon" an. Die jungen Sprechsinger waren bei dem Landkreisjubiläum, beim Geburtstag des Erlebnisbades und sind jetzt nach der Premiere im vergangenen Jahr auch wieder beim Straßenfest dabei.
Ein weiterer Acker, der bearbeitet wird, ist die Kooperation mit der Lebenshilfe Haßberge. Neben dem offenen Treff mit der Ganztagesbetreuung und der Kunstwerkstatt mit den "Offenen Hilfen" wird derzeit eine Tanz vorbereitet.
"Der Schwerpunkt meiner Arbeit für die nächsten drei Jahre wird die Auseinandersetzung mit den virtuellen und öffentlichen Räumen der Kinder und Jugendlichen sein", berichtet Kastner. Geplant ist, tiefer in die virtuelle Medienarbeit einzusteigen.
Kopfschütteln - beiderseits
Jugendtreff draußen? Das "Dragon" war schon mit dem "Juz-Mobil" sowie mit Spielaktionen öffentlich präsent: "Beim Spielen in der Innenstadt wurden wir regelmäßig als Störung empfunden, oder die Leute reagierten ärgerlich oder sogar befremdet auf uns", bedauert Gerhard Kastner.
Davon lässt er sich nicht beirren. Er will den Jugendtreff weiterentwickeln, will regelmäßig Ausflüge anbieten, das Außengelände umgestalten als Abenteuerspielplatz. "Überhaupt wird Spiel als offenes, aber pädagogisches Angebot bei uns einen hohen Stellenwert erhalten. Hier wird einiges für das Jahr 2014 angedacht."
Kastner schaut mit einem professionellen Blick in die Zukunft. "Spannendes Thema" ist für ihn die soziale Stadtentwicklung und Spielplatzgestaltung in Haßfurt. "Inwieweit werden Kinder und Jugendliche an diesem Prozess beteiligt, da sie ein Hauptnutzer dieser öffentlichen Flächen sind und diese auch für ihre Entwicklung brauchen? - Welchen Lebensraum und welche Lebensbedingungen möchte die Stadt ihren jungen Bürgern bieten?"
Der Jugendtreff ist mit gesellschaftlichen Trends konfrontiert, auf die er Antworten in Form von Angeboten finden muss. Was kann ein Jugendtreff bieten angesichts von Ganztagsschule, Verdichtung der Jugendphase, immer weniger unverplanter Freizeit und immer stärkeren virtuellen Räumen? Das öffentliche Leben zieht sich in Privaträume zurück. Gerhard Kastner hat noch alle Hände voll zu tun.