Druckartikel: Das Büro wird zum Irrenhaus

Das Büro wird zum Irrenhaus


Autor: Günther Geiling

Eltmann, Montag, 09. März 2015

Mit einer szenischen Komödie von Klaus Karl-Kraus zeigen die Schauspielerinnen Gisela Volk und Johanna Wagner-Zangl Talent in allen Lagen. Das Duo vom "Bamberger Theater am Michelsberg" (TaM) begeisterte in Eltmann.
Nicht nur verbal, sondern auch mit dem Säbel lieferten sich die beiden Protagonistinnen Gefechte. Foto: Günther Geiling


Eigentlich, so sollte man denken, wird in einem Büro gearbeitet. Auf jeden Fall prallen mit der langjährigen Chefsekretärin Annemarie mit alter Olympia-Schreibmaschine und der Möchtegern-Französin Giselle, die in ihrer digitalen Welt lebt, zwei Bürofrauen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Die Besucher in Eltmann genossen im Klenze-Saal das Stück "Scho schee" aus der Feder von Franken-Kabarettist Klaus Karl-Kraus (KKK).

Mit der guten alten "Olympia", den vielen Durchschlägen, Stempeln, Ablochen und Abheften und Unmengen von Leitz-Ordnern verkörperte Annemarie Dotterweich (Johanna Wagner-Zangl) eine langsam aussterbenden Spezies in kleinen Unternehmen. "Seit über 36 Jahren schmeiß ich die Firma Stampfer & Söhne und mein Chef ist immer zufrieden.

Jede Weihnachten bekomme ich von ihm eine Mon-Cherie-Packung." Ihre ständige Migräne amüsierte, ebenso wie ihr Kampf mit zahlreichen Pillen gegen "freie Radikale".

Annemarie hat so ihre Not mit einer Entscheidung ihres Chefs: Er holte von einer Zeitarbeitsfirma eine neue Sekretärin. Sie lebt in der Cyberwelt der E-Mails, Blackberrys und IT-Clouds und räumt brutal auf mit dem Lochen, Stempeln und Ablegen. So perfekt die Frau ist, ihr Name eignet sich nicht für das Telefonieren, da legt mancher Anrufer wieder auf, wenn er den Doppelnamen Giselle Langmann-Kurpüschel hört. "Der ist für einen Franken viel zu lang", kommentiert das Annemarie schadenfroh.


Blaue Zipfel für die Vegetarierin

Dass die andere als Vegetarierin kein Fleisch isst, lässt Annemarie, die ihre "blauen Zipfel" liebt, die Augen verdrehen. "Ich ernähre mich gesund und von Grünkern", sagt Giselle; für Annemarie "a weng weng". Giselle versteht da Bahnhof, QAnnemarie erklärt: "a ganz klans bissla". Solche sprachlichen Exkurse entwickelten sich manchmal bis zum fränkischen Dialektseminar und ließen die Besucher schmunzeln.

Kontraste im fränkischen Kosmos setzte KKK in seinem Stück mit philosophischem Feingeist und Zitaten: "Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts" (Arthur Schoppenhauer) oder "Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken" und "Erfahrung nennt man die Summe aller unserer Irrtümer" (Marc Aurel), ließen die Zuschauer pointiert in die nächste Szene gleiten.

Sekretärinnen tauschen irgendwann "Liebesgeschichten" aus: "Sie müssen ins Internet, wenn Sie eine Magic-Love finden wollen. Internet- Dating ist angesagt und dazu geht man ins Netz", rät Möchtegern-Französin Giselle, was Annemarie nur den trockenen Kommentar abringt: "Früher ist man auch schon ins Netz gegangen". Im schillernden Spiel der Gegensätze ist Klaus Karl-Kraus ein Meister.


Gemeinsame Schwärmereien

Nach einigen Monaten duzten sich die beiden dann doch und verrieten ihre Erlebnisse mit dem anderen Geschlecht und ihre sexuellen Träume. Giselle (Schauspielerin Gisela Volk) schwärmte da lange von ihrem Pierre aus Monaco, der sich dann plötzlich als der "Peter von Marktredwitz" herausstellte. So weit leg - und auch offen - lagen die Leidenschaften der Chefsekretärin Annemarie nicht: Sie hatte ihrem Chef 36 Jahre "jede Weihnachten einen Pullover mit seinem Namen vorne drauf gestrickt." "Wahre Liebe", kommentiert Giselle, wohingegen Annemarie konstatiert: "Für mich war des a saubere Arbeit, vor allem, weil ich alla Pullover nuch bei mir daham hab."

Natürlich kann sich Annemarie nicht fürs Chatten erwärmen "die Welt wird immer blöder - mit Computer auf Männersuche". Da liebt sie lieber ihren einen, unerreichbaren - ihren Chef. Auch Giselle tröstete sich, dass eben Peter nicht die große Liebe war.

Gisela Volk als Giselle und Johanna Wagner-Zangl als Annemarie Dotterweich begeisterten mit ihrem schauspielerischem Talent in allen Situationen. Das Duo vom "Bamberger Theater am Michelsberg" (TaM) zeigte seine atemberaubende Energie noch bei der "Deutschen Meisterschaft im Luftgitarrenspiel" - zumal ja Annemarie darin Vizemeisterin ist. In bester Heavy-Metal-Manier präsentierten sie sich auf der Bühne und rissen die Zuschauer fast von den Stühlen.

Die sechs Szenen von "Schoo schee" endeten fast zu plötzlich in der geschlossenen Abteilung B 10 der Psychiatrie. Offenbar für KKK unausweichliche Endstation, wo die eine am nächsten Pullover für den Chef strickt und die andere sich von ihrem "Cote-d'Azur-Batscher" erholt.