Das Besondere an Fatschenbrunn soll bewahrt werden
Autor: Sabine Weinbeer
Fatschenbrunn, Donnerstag, 18. Oktober 2018
In der Flur um den Ort wurden die ersten von 100 Obstbäumen gepflanzt. Das Amt für ländliche Entwicklung will die Jahrhunderte alte Baumfeldkultur erhalten.
Eine Flur voller Obstbäume ist das Besondere an Fatschenbrunn, und dieses Bild soll sich auch durch die Flurbereinigung nicht verändern - im Gegenteil. Deshalb setzt das Amt für ländliche Entwicklung auch einen besonderen Akzent in Fatschenbrunn mit der Pflanzung von 100 Obstbäumen, die aus alten Fatschenbrunner Bäumen veredelt wurden. Zum größten Teil sind es ortstypische Sorten, die es nur in Fatschenbrunn gibt. Zur Auftaktpflanzung traf man sich am Mittwoch oberhalb des Ortes.
"Die Schöne von Fatschenbrunn" wurde von den Mitgliedern der Teilnehmergemeinschaft eine dieser Birnen-Sorten genannt, die nun auch als erste am Flurweg gepflanzt wurde. Reiner Väth, Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft, und seine Kollegen vom Amt für ländliche Entwicklung, Dorit Bollmann und Martin Eichholz, betonten die besondere Bedeutung dieser Aktion, die vom Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten in die Aktionsreihe "100-mal starker ländlicher Raum" aufgenommen wurde.
Fatschenbrunn ist bekannt dafür, dass sich hier die Baumfeldkultur aus dem 18. und 19. Jahrhundert noch gut erhalten hat. Der Grund dafür war wohl, dass die Dörrobst-Herstellung aus Birnen bis in die 1980er Jahre eine wichtige Einnahmequelle darstellte. Durch die Baumfeldkultur erreichten die Landwirte, dass sie auf der gleichen Fläche zwei verschiedene Früchte ernten und damit schlechte Getreide- oder Obstjahre durch die jeweils andere Kultur ausgleichen konnten. Obstbäume mitten im Acker sind jedoch auch ein Hindernis für die Bearbeitung. Deshalb fielen die meisten Baumfelder in der Umgebung dem Zwang zum problemlosen Bearbeiten zum Opfer.
Lokal vorkommende Sorten
"Wir, also die Flurbereinigung, haben ja den Ruf, dass wir die Landschaft eher ausräumen. Das ist aber durchaus nicht so", betonte Väth angesichts dieses Projekts. Martin Eichholz, Väths Nachfolger als Vorsitzender der Teilnehmergemeinschaft, unterstrich, dass die Flurbereinigung ein großes Augenmerk auf die Biodiversität lege und es immer ein großes Anliegen gewesen sei, die nahezu einmalige Kulturlandschaft rund um Fatschenbrunn zu erhalten. Das sei aber auch nur möglich, wenn die Flächen weiterhin landwirtschaftlich bearbeitet werden. Es gelte also, den rechten Ausgleich zu finden.
Die Teilnehmergemeinschaft hat deshalb 2014 die Botanikerin Beate Bugla beauftragt, den alten Obstbaumbestand von Fatschenbrunn zu erfassen und zu kartieren sowie die Sorten zu bestimmen. Dabei wurden 169 Birnbäume, 59 Apfelbäume, 34 Kirsch-, 17 Zwetschgen- und zehn Walnussbäume mit einem Stammumfang in Brusthöhe von mindestens 60 Zentimetern kartiert. Es stellte sich heraus, dass es sich bei einer großen Zahl der Bäume um lokal vorkommende Sorten handelt, die sich auch für rauere Anbaugebiete eignen. Schließlich liegt Fatschenbrunn auf 400 Metern Höhe, was für Obstbau eigentlich keine ideale Lage ist. Einige dieser Bäume sind schon bis zu 180 Jahre alt und zeigen deutliche Anzeichen der Vergreisung. "In einigen Jahren werden sie zusammenbrechen", sagte Reiner Väth. Wenn man die Sorten bewahren will, sei es also höchste Zeit zum Handeln gewesen.
100 Obstbäume wurden ausgewählt, die Sorte durch Veredelung zu erhalten. Die renommierte Baumschule Weiglein wurde beauftragt, und die Fachleute gewannen aus jungen Trieben Edelreiser für die Veredelung. Die jungen Bäume sind in Wiesentheid nun so weit herangewachsen, dass sie eine kleine Krone gebildet haben und in diesem Herbst in der Baumschule ausgegraben werden können, um in Fatschenbrunn neu gepflanzt zu werden.
Ein Großteil der Bäume wird seinen Platz auf den Ausgleichsflächen finden, die im Zuge der Flurneuordnung ausgewiesen wurden. Die weiteren Obstbäume stehen zur Pflanzung auf Privatflächen zur Verfügung, allerdings nur auf Flächen, die zum Flurbereinigungsgebiet gehören. Noch sind nicht alle Bäume vergeben. Wer noch Bäume haben möchte, wird gebeten, sich mit dem örtlichen Beauftragten, Edwin Oppelt, in Verbindung zu setzen.