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Das Alltagsleben auf der Burg als Abenteuer


Autor: Ralf Kestel

Altenstein, Mittwoch, 11. Mai 2016

Mit Neuerungen wartet das Burgeninformations-Zentrum in Altenstein auf, um junge Leute, Schulklassen und Kindergärten fürs Mittelalter zu begeistern.
Allein so ein Kettenhemd versetzt jedes Kind in Erstaunen und Verzückung, wissen Geschäftsführerin Inga Masemann und Vorsitzender Wolfram Thein (rechts) vom Deutschen Burgenwinkel.


Eintauchen ins Alltagsleben auf einer Burg im Mittelalter. Dazu ein WLAN-Hotspot, um sich Informationen aus dem Internet zu holen. Ins Kettenhemd des Ritters schlüpfen, aber das Klischee der Schwerter schwingenden Haudegen abstreifen. Zwischen diesen Extremen wurde das didaktische Konzept des Deutschen Burgenwinkels angesiedelt. Und das kommt an. In der vergangenen Saison wurde im Burgeninformationszentrum in Altenstein mit knapp 7000 Besuchern ein neuer Rekord registriert. Weitere Neuerungen zum Saisonstart sollen Attraktivität und Nachfrage weiter steigern, wie der Vorsitzende des Burgenwinkels und dessen Geschäftsführerin, Bürgermeister Wolfram Thein aus Maroldsweisach (SPD) und Inga Masemann, in einem Pressegespräch darlegten.

Besucherrekord in Altenstein? Da hallen die Unkenrufe von Lichtenstein herüber, wo der Heimatverein über schwindendes Interesse klagt - und dies auf die Werbeaktivitäten für Altenstein

zurückführt, und noch mehr Abwanderung befürchtet, wenn im September das Burgenmuseum auf der Heldburg eröffnet. "Wir nehmen diese Anregungen aus dem Pfarrweisacher Heimatverein sehr ernst", versichert Wolfram Thein.

Inga Masemann verweist auf die stärkere Einbindung der Außenstellen im Jahresprogramm, das mit einem Flyer vorgestellt wird. Mit dabei auch eine (Ent-)Führung auf die Ruine Raueneck am 26. Juni und der Burgenwinkel-Tag mit großem Programm auf der Burg Königsberg am 28. August. "Den haben wir 2017 schon fest für Lichtenstein verplant. Heuer konnten wir leider nicht mehr so schnell reagieren", verspricht der Maroldsweisacher Bürgermeister, wobei Inga Masemann stets die Erfahrung macht, dass "die Leute, die hier in Altenstein ankommen, stets nach der Lichtenstein fragen oder von dort kommen".


Vorteilhafte Kooperationen

Deshalb fürchten die beiden Burgenwinkel-"Advokaten" auch die Eröffnung der Heldburg als Außenstelle des Germanischen Museums nicht. "Dort wird auf den Burgenwinkel hingewiesen", weiß Masemann aus vielen Besprechung und schiebt gleich ein positives Beispiel nach. "Unsere Zusammenarbeit mit der Veste Coburg und der Rodachtal-Initiative macht sich bei unseren Besucher-Analysen positiv bemerkbar." Masemann sieht auch keine Konkurrenz, sondern viel mehr Ergänzungen. "Auf der Heldburg entsteht ein reines Museum, bei uns hingegen wird das Mittelalter greifbar und an praktischen Beispielen erlebbar."

Wie dies aussieht, führt die Geschäftsführerin am Beispiel einer neuen Erwerbung vor. Zunächst zieht sie das Kettenhemd über und aus einer Schatzkiste jede Menge Utensilien heraus, die sich bei ersten Kinder-Geburtstagen schon bewährt haben. Der Forscher-Koffer wirkt auf Kinder wie eine Wundertüte, hat Inga Masemann beobachtet, wenn ein Seil mit Knoten als Längenmaß dient, ein Wadenwickel als Socke umgebunden, in Holzschuhe geschlüpft oder mit Knochen-Würfeln gespielt wird. "Wir versuchen dabei, so authentisch wie möglich zu bleiben." Und Klischees zu entlarven ...


Minnesänger bleibt stumm

Nicht das vom Minnesänger umgarnte Burgfräulein oder der Schwert schwingende Ritter stehen im Mittelpunkt, sondern das Alltagsleben auf einer Burg. "Als ich vor fünf Jahren angefangen habe, hatte ich auch noch ein anderes Mittelalter-Bild im Kopf", bekennt die Diplom-Geografin.

Von ihren beiden Neffen, die die Tante wegen ihres Berufs auf einer Burg beneiden, weiß sie aber, dass Kinder und Jugendliche auch andere Dinge interessieren, weswegen man das Programm auf Zielgruppen wie Schulklassen, Kindergärten und junge Leute erweitert habe, um sie fürs Mittelalter und das Alltags-Leben auf einer Burg zu begeistern.

Der Kniff dabei: "Das war ein meist langweiliges Leben, ohne Fernseher", gibt Wolfram Thein zu bedenken. Dafür gibt's auf den Ruinen Weitblick und -sicht statt Fernseher.

"Das Leben drehte sich hauptsächlich um die Nahrungsbeschaffung", wirft Bürgermeister Thein ein und liefert damit ein gutes Stichwort.
Wie steht's denn um das gastronomische Angebot? Noch nicht zufriedenstellend, aber verbessert, lautet die Antwort.

Seit 1. Mai hat die Schwimmbad-Gaststätte unter einem Pächter geöffnet und dessen Öffnungszeiten seien auch mit dem Burgeninformations-Zentrum abgestimmt, versichert Thein, der dennoch "traurig über die Situation der Gastronomie ist", im Hinblick auf einstmals vier florierende Gaststätten im Luftkurort zu Zeiten, als noch regelmäßig ein Pendelbus zwischen Berlin und Altenstein verkehrte.

Im Burgeninformations-Zentrum selbst gebe es Getränke und Eis. Als neuer Renner erweise sich das Angebot zu Kinder-Geburtstagen. Papa Thein weiß: "Das ist absolut in, weil man den Kindern einen abwechslungsreichen Nachmittag bieten kann." Dazu habe man auch den Biergarten einer zwischenzeitlich geschlossenen Gaststätte angepachtet, der sich für Kinderfeiern oder als Picknick-Platz anbiete.

Neben den monatlichen Sonntags-Führungen durch das Burgen-Informationszentrum bietet der Deutsche Burgenwinkel in dieser Saison folgende Veranstaltungen an:

Ein-Blicke in die Welt der Magie: Vom Glauben und Aberglauben - Sonntag, 22. Mai, 14 Uhr, Burgeninformations-Zentrum Altenstein (Internationaler Museumstag);

Burgen erfahren, Schätze bewahren - Sonntag, 26. Juni, 14 Uhr, Ruine Raueneck;

Kindheit im Mittelalter - Sonntag, 24. Juli, 14 Uhr, Altenstein;

Magie der Burgenromantik - Sonntag, 28. August, Burg Königsberg;

Der magische Kräutergarten - Samstag, 24. September, 18 Uhr, Altenstein.