Druckartikel: Da war selbst der Schutzengel machtlos...

Da war selbst der Schutzengel machtlos...


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Freitag, 09. November 2012

Das Amtsgericht in Haßfurt verurteilte einen Pfarrer zu einer Bewährungsstrafe, weil er erneut ohne Führerschein Auto gefahren war. Der Seelsorger hat ein ordentliches Punktekonto in Flensburg - vor allem wegen Raserei.


Auf der Anklagebank des Haßfurter Amtsgerichts saß am Freitag zwar kein Unschuldslamm, aber ein absolut reuiger, einsichtiger und geständiger Sünder, dem die Situation mehr als peinlich war. Ausgerechnet ein Geistlicher wurde beschuldigt, ohne erforderliche Fahrerlaubnis hinter dem Steuer seines Wagens gesessen zu haben. Da er wegen des selben Delikts vor zweieinhalb Jahren bereits einmal verurteilt worden war, verhängte Richter Roland Wiltschka gegen den Angeklagten eine dreimonatige Freiheitsstrafe, die zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er 1500 Euro an den Landesbund für Vogelschutz entrichten, zahlbar in monatlichen Raten von 100 Euro.

Eine Polizeibeamtin sagte als Zeugin aus, dass sie zusammen mit einem Kollegen am 22. Juli dieses Jahres routinemäßig den Verkehr kontrollierte. Als der Seelsorger gegen 21 Uhr angehalten wurde, konnte er zwar die Fahrzeugpapiere, aber keinen Führerschein vorzeigen.

Den, sagte er damals den Ordnungshütern, habe er zuhause vergessen. Da ansonsten alles in Ordnung war, wurde der Mann aufgefordert, in den nächsten Tagen das Dokument bei der Polizeiinspektion vorzuzeigen, und durfte weiterfahren.

Vielleicht war es Gottvertrauen, vielleicht auch Naivität - der Pfarrer kümmerte sich jedenfalls nicht weiter um die Angelegenheit. Die Polizei dagegen schon. Als sich niemand rührte, recherchierte die Beamtin. Sie erfuhr, dass keine Fahrerlaubnis vorlag, denn: Das Flensburger Punktekonto des Angeklagten war überschritten, unter anderem deshalb, weil der Pfarrer etliche Male zu schnell gefahren war. So flog die Notlüge schnell auf. Die Polizistin versuchte sogar, den Seelsorger persönlich zu sprechen, aber der war urlaubsbedingt abwesend.

Das war aber noch nicht alles. Der Verkehrssünder gestand in der Verhandlung zerknirscht, dass er nur einen Tag nach der Polizeikontrolle, also am 23. Juli, auf der Bundesstraße 303 geblitzt worden war, weil er etwa 15 Stundenkilometer zu schnell gefahren sei. Und das, kommentierte der Vorsitzende Richter Roland Wiltschka scharf, sei schon ein "dicker Hund".

Der Seelsorger beschönigte in keiner Weise sein Fehlverhalten, begründete es aber mit dringenden dienstlichen Angelegenheiten für die Mitglieder seiner Gemeinde. Staatsanwalt Christopher Lehmann machte dem Angeklagten jedoch unmissverständlich klar, dass dies keine Straftaten rechtfertige.

Vor gut zwei Monaten hat der Pfarrer übrigens seine Fahrerlaubnis wieder zurückbekommen - und nun stand im Gerichtssaal ein erneutes Fahrverbot im Raum. Damit nicht in erster Linie die Gläubigen unter dem Urteil leiden, verzichtete der Vorsitzende in seinem Richterspruch jedoch auf ein entsprechendes Verbot. Die Bewährungsstrafe begründete er mit der Tatsache, dass es sich um eine Wiederholungstat gehandelt habe.

Mit den aufrichtigen Worten "ich habe eine Strafe verdient" versprach der Seelsorger hoch und heilig, keine Verkehrssünde mehr zu begehen. Da alle Parteien mit dem Urteil einverstanden waren, wurde es unverzüglich rechtskräftig.