Caritas zeigt in Haßfurt: Pflege ist "ein schöner Beruf"
Autor: Klaus Schmitt
Haßfurt, Sonntag, 11. Mai 2014
Die Caritas-Sozialstation "Rita Wagner" machte bei einem Fest in Haßfurt deutlich, dass die Betreuung hilfsbedürftiger Personen nicht nur Jammern bedeutet. Es gibt auch eine andere Seite, die mit einem "Paukenschlag" vorgestellt wurde.
Georg Wagner schwitzt. Die Schweißperlen tropfen von seiner Stirn. Der 51-Jährige hat sich eben ganz schön angestrengt. Schuld ist "Gert". So heißt der Alterssimulationsanzug, den sich Wagner übergezogen hat. Das sind immerhin 30 Kilogramm, die dem stellvertretenden Geschäftsführer des Caritas-Kreisverbandes Haßberge einiges abverlangen.
Der Zeiler hat schwer zu tragen an der mit Gewichten gefüllten Weste und kann sich nur einschränkend bewegen aufgrund der Knie- und Ellbogenschoner und der Manschetten an den Füßen. Dazu hat er Kopfhörer auf und trägt eine stark getönte Skibrille.
"Gert" macht deutlich, wie das Alter die Bewegungsfähigkeiten einschränkt, das Hören und das Sehen. Das gelingt mit diesem Simulationsanzug. Er wirkt "sehr beengend", schildert Georg Wagner.
Die eingeschränkte Beweglichkeit hält ihn aber nicht davon ab, sich einen Rollstuhl zu schnappen und die Leiterin der Caritas-Sozialstation "Rita Wagner", Bettina Eckstein, über einen Parcours mit Slalom-Hütchen, Bodenwellen und einer Wippe zu schieben. Dabei wirft er an einer Bodenwelle seine Caritas-Kollegin fast aus dem Rollstuhl. Beide und die umstehenden Zuschauer lachen.
Nicht nur jammern!
Ist das angemessen: Lachen in einem Rollstuhl-Parcours, bei einem so ernsten Thema wie Pflege? Ja, sagen Georg Wagner und Bettina Eckstein. Pflege bedeutet nicht nur jammern. Pflege heißt auch, dass damit ein erfüllender, ein "schöner und interessanter Beruf" (Wagner) verbunden ist. "Man bekommt viel zurück", weiß Wagner.
Buntes Programm
Die Sozialstation "Rita Wagner" Haßfurt/Ebern wollte mit ihrem Fest "Paukenschlag für die Pflege" am Samstag auf dem Areal in der Brüder-Becker-Straße ein eher unbeschwertes Zeichen setzen für die Pflege. Es gab ein buntes Programm mit Tanz- und Musikdarbietungen, Vorträgen und Attraktionen für die Kinder. Das Fest haben die Mitarbeiterinnen der Sozialstation organisiert, vorbereitet und über die Bühne gebracht. Dass sie ihre Ideen eingebracht und mitgemacht haben, "ist mir wichtig", betonte Leiterin Bettina Eckstein im Gespräch mit unserem Portal.
Die Caritas ist mit ihren Pflegekräften in den Sozialstationen im ganzen Landkreis tätig. Während die Sozialstation "Rita Wagner" Haßfurt/Ebern einen großen Teil des Kreises abdeckt, arbeitet im Raum Eltmann/Steigerwald die Sozialstation "St. Hedwig". Die Einrichtung mit Sitz in Haßfurt hat 70 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und betreut 260 Klienten jeden Alters.
Es waren schon einmal mehr. Um bis zu 340 pflegebedürftige Personen kümmerte sich die Sozialstation vor einigen Jahren und stieß damit an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Sie musste einen Aufnahmestopp verfügen. Das heißt, neue Klienten konnten nicht hinzukommen.
Das hat sich inzwischen wieder geändert, und Leiterin Bettina Eckstein ist froh darüber. "Im Moment sind wir in der glücklichen Lage aufzunehmen", sagte sie. Die Sozialstation habe Kapazitäten.
Ausbildung vor Ort
Es gebe genügend Pflegekräfte für die zu betreuenden Personen, schildert Eckstein. Dazu leistet die Caritas selbst ihren Beitrag, denn sie bildet Pflegekräfte aus. Und die Nachwuchskräfte bleiben dann in aller Regel bei der Caritas.
Die Situation vor Ort kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es deutschlandweit einen Fachkräftemangel in der Pflege gibt. "Die Politiker haben geschlafen", kritisiert Bettina Eckstein. Erst jetzt reagierten sie. Das Problem, das sich in den kommenden Jahren verschärfen wird, ist offenbar erkannt.
Das bestätigt Steffen Vogel. Der CSU-Landtagsabgeordnete und Schirmherr der Veranstaltung am Samstag in Haßfurt sagte, das Thema Pflege "wird ein Schwerpunkt" in den kommenden Jahren. Bisher habe die Politik die Kinderbetreuung im Fokus gehabt, jetzt rücke die Pflege ins Blickfeld. Der CSU-Politiker, der im Landtagsausschuss für Gesundheit und Soziales mitwirkt, forderte eine höhere Wertschätzung für die Menschen, die in Pflegeberufen arbeiten. Steffen Vogel bot einen engeren Austausch zwischen Caritas und Landespolitik an, damit die Themen an der Basis auch ins Bewusstsein der Politiker in München gelangen.