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Bringdienst alleine reicht nicht: Die AWO in Ebern hat in Krisenzeiten neue Ideen


Autor: Sven Dörr

Ebern, Mittwoch, 13. Mai 2020

Die AWO in Ebern versorgt Schulen mit Verpflegung. Durch Corona ist das aktuell hinfällig. Die Verantwortlichen erklären, wie sie mit den wirtschaftlichen Problemen umgehen und wie ihr Vatertags-Starter-Paket aussah.
Isolde Ploner übergibt ein Menü in der Transportbox an Fahrdienstleiter Werner Hauck. Der Koordiniert den Lieferservice "Essen auf Rädern", den die Arbeiterwohlfahrt in Ebern nach wie vor anbietet. Fotos: Sven Dörr 


"Die Situation ist existenzbedrohend. Wir befinden uns im freien Fall nach unten und haben kein Fangnetz. Sollte keiner eine Matte darunter schieben, gibt es einen harten Aufprall." Wenn Toni Michels, Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Ebern, die aktuelle Situation seiner Einrichtung schildert, tut er dies bildhaft – und mit Sorgenfalten auf der Stirn. Im Normalfall kümmern sich seine Mitarbeiter um die Verpflegung an den umliegenden Schulen. Die sind wegen der Pandemie geschlossen – die Mensen, welche die AWO dort betreibt, ebenfalls. Was bleibt ist überschaubar: Essen auf Rädern und ein kostengünstiges Bürgeressen.

Das sorgt aktuell für große finanzielle Probleme: Die AWO darf als Sozialverband keine Rücklagen bilden. Während der Umsatz einbricht, müssen die Verantwortlichen dennoch die laufenden Kosten decken. Zudem greife die abgeschlossene Betriebsschließungsversicherung für Infektionsgefahr nicht, erklärt Michels. Begründung: Covid-19 sei noch zu neu und es gebe zu viele Eventualitäten in Bezug auf die Auswirkungen. Auch die staatlichen Soforthilfen blieben aus, bedauert der Leiter. Das Betätigungsfeld an der Schule ist Teil des Bildungsföderalismus, während das Rettungspaket für Wohlfahrtsverbände vom Bund geschnürt wurde.

"Das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz ist eine tolle Sache. Es wurde schnell gestrickt – wir fallen allerdings durch", fasst Michel die Situation ernüchtert zusammen.

Alternative Geschäftsfelder

Nun heißt es für ihn und seine Mitarbeiter: hoffen. Hoffen, dass die Landesregierung noch ein Hilfspaket schnürt, das auch im Fall der Eberner AWO greifen würde – oder kreativ sein: "Wir haben ein engagiertes, tolles Team. Gemeinsam überlegen wir, wie es weitergehen kann", sagt Martina Binsenhöfer. Sie ist als stellvertretende Geschäftsleitung mitunter für das Qualitätsmanagement zuständig.

Die eine oder andere Idee hat sie bereits umgesetzt. So packen die Mitarbeiter vor Ort Lunchpakete für das Pflegepersonal des Sozial-psychiatrischen Zentrums der Diakonie in Ebern. Dem stehen auf Beschluss von Ministerpräsident Markus Söder 6,50 Euro an täglichem Verpflegungsgeld pro Mitarbeiter zur Verfügung. Die Verantwortlichen entschieden sich für das Angebot der AWO – nicht ohne Grund: Die Speisen sind selbst gemacht. "Bei uns kommt nichts aus der Dose", beschreibt Binsenhöfer den Qualitätsanspruch an die wechselnden Gerichte. Chefsalat mit Putenstreifen oder Paella gab es bereits – auch ein bayerischer Burger war schon dabei. Bestehend aus einem Laugenbrötchen, einer Scheibe Leberkäse, Krautsalat und Senf sei letzterer besonders bei den männlichen Pflegern gut angekommen, erzählt die stellvertretende Leiterin und schmunzelt.

Was Besonderes zum Vatertag

Eine weitere Besonderheit für die Männerwelt gab es am vergangenen Vatertag: Ein kleines Paket, bestehend aus einem Paar Polnischer, einer Brezel, zwei Klopfern und einem Liter Zwickelbier boten die AWO-Mitarbeiter zu Verkauf. "Das war das Corona-Überlebenspaket für die Männer", sagt Michels und lacht.

Eine weitere Idee, die er und sein Team hatten, ist die Öffnung der Sonnenterrasse neben dem Gebäude der AWO in der alten Kaserne. Dort gibt es nun das seit jeher angebotene Bürgeressen – neuerdings durch ein Zusatzangebot ergänzt und auch zum Mitnehmen. "Wir wollen keine Konkurrenz für die Biergärten vor Ort sein", betont Michels. Durch die bestehenden Abstandsregeln sind dort ohnehin weniger Besucher zugelassen als normal. Deshalb sei das Konzept möglich, ohne jemandem etwas wegzunehmen, erklärt der Geschäftsführer.

Durch die Möglichkeit der AWO, weiter Essen zu liefern und zu verkaufen, würden zudem die regionalen Erzeuger unterstützt. Von denen bezieht die AWO in Ebern ihre Produkte. "Was macht ein Bauer aus der Umgebung jetzt, wenn er damit gerechnet hat, dass wir jede Woche 100 Eier abnehmen? Mit Fleisch und den Kartoffeln ist es ähnlich", fasst Michels zusammen. Somit sieht er es auch als Teil seiner Verantwortung an, Lösungen zu finden. Und auch für seine Mitarbeiter fühlt sich der Geschäftsführer verantwortlich – auch deshalb sei es für ihn wichtig, den Standort in Ebern zu halten.