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Biberalarm in Albersdorf


Autor: Helmut Will

Albersdorf, Donnerstag, 02. November 2017

Mit Ausnahmegenehmigung der Regierung wurde in Albersdorf ein Biberdamm abgetragen, der zur Überflutung von Grundstücken hätte führen können.
Am Samstag haben Eike Bruhn (vorne), betroffener Anlieger, sowie (hinten, von links) Norbert Rittmaier und Werner Riegel den Biberdamm im Mühlbach in Albersdorf abgetragen.Helmut Will


Die Aufregung war groß bei Eike Bruhn in Albersdorf: Auf seinem Gartengrundstück in der Ortsmitte, direkt am Mühlbach gelegen, stieg der Wasserspiegel in einem seiner kleinen Deiche am vergangenen Freitag wie von Geisterhand. Werner Riegel, Stadtrat und Dritter Bürgermeister von Ebern, kam an diesem Tag bei einem Gang durch sein Heimatdorf der Wasserstand des Mühlbaches zu niedrig vor. Das Übel war schnell erkannt: Etwa 40 Meter westlich der Brücke, aus Richtung Bramberg gesehen, wurde ein stattlicher Biberdamm entdeckt. Die Nager hatten in ein oder zwei Nächten ganze Arbeit geleistet und einen etwa 80 Zentimeter hohen Damm aus Ästen und Gestrüpp errichtet.
"Wenn nur ein starker Regen kommt, ist auf meinem Grundstück Land unter", sagte Eike Bruhn besorgt, der großes Interesse daran hatte, die "Gefahr Biberdamm" zu beseitigen. Durch den vom Biber angestauten Bach drückte das Wasser über Drainagen in sein Grundstück. Also setzte er sich mit Stadtteilevertreter Werner Riegel in Verbindung, der zum Telefon griff und den "Biberpapst" anrief.
Das ist Wolfgang Lappe, Biberberater und Naturschutzwart am Landratsamt Haßberge im Ehrenamt. Dieser machte sich flugs auf den Weg nach Albersdorf, um das neu entdeckte Bauwerk zu begutachten. Bereits im Dezember 2016 war Lappe mit Andrea Eberlein, Fachkraft für Naturschutz am Landratsamt, zu einer Bürgerversammlung in Albersdorf gewesen, weil kurz zuvor Biber den Mühlbach bevölkert und für Aufregung gesorgt hatten. Damals hatten Eberlein und Lappe die Bürger informiert und um Rücksicht und Verständnis für den geschützten Nager gebeten. Aus dieser Versammlung konnte mitgenommen werden, dass sich der Biber weiter verbreiten wird.
Dass die Aussage von Lappe und Eberlein richtig war, zeigt sich daran, dass es am Mühlbach zwischen Neuses - Albersdorf bis zur Bramberger Mühle auf einer Länge von etwa 2800 Metern, wie Lappe sagt, mittlerweile mindestens 15 Biberdämme gibt. "Biberreviere mit Biberburgen gibt es an der Albersdorfer Mühle seit zwei oder drei Jahren und an der Bramberger Mühle seit etwa einem Jahr", erklärte der Biberberater.
Lappe erkannte schnell, dass im Fall des Biberdammes mitten in Albersdorf sofortiges Handeln angezeigt war. Er setzte sich mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes in Verbindung und bekam von dort "Grünes Licht", dass der betreffende Biberdamm entfernt werden kann. "So etwas ist immer mit dem Landratsamt abzusprechen", erklärte Lappe und sagte, dass es - obwohl alle Bauwerke des Bibers den strengen Bestimmungen des Artenschutzes unterliegen - auch Ausnahmen von der Regierung von Unterfranken genehmigt würden. Im vorliegenden Fall stelle der Biberdamm eine Gefahr für die Albersdorfer dar, was sich daran zeige, dass es durch den Rückstau des Baches schon Überflutungen gegeben hat. "Das Landratsamt hat sogleich die Genehmigung erteilt, dass besagter Biberdamm abgetragen werden darf", sagte Wolfgang Lappe.
Am Samstagvormittag machten sich der betroffene Anlieger, Eike Bruhn, Werner Riegel und Norbert Rittmaier ans Werk. Riegel rückte mit seinem Traktor an. Er und seine Helfer bewaffneten sich mit entsprechenden Werkzeugen, um das Werk des Nagers aus dem Albersdorfer Mühlbach zu entfernen. 80 Zentimeter hoch war der Damm, und das Wasser dahinter hatte sich auf gut einen Meter angestaut. Behutsam gingen die drei zu Werke, damit nicht das gesamte Baumaterial des Bibers bei einem möglichen Dammbruch mit abgeschwemmt wurde und sich danach eventuell wieder anstaut. Schließlich gelang es den drei Albersdorfern, das angestaute Wasser kontrolliert abfließen zu lassen und das Baumaterial des Bibers aus dem Bachbett zu entfernen.
Glück hatten die Albersdorfer trotzdem: "Wäre oberhalb des Dammes ein Biberbau gelegen und die Nager hätten Junge gehabt, hätte der Damm keinesfalls entfernt werden dürfen", erläutert Biberberater Lappe. Dann hätte man sich etwas anderes überlegen müssen.
Lappe vermutet, dass besagter Biberbau als Anstauung für einen "Transportweg" angelegt wurde, damit sich die Tiere auf einer längeren Strecke in entsprechend tiefem Wasser bewegen können. "Das ist für sie vor allem im Winter wichtig, wenn der Bach mit Eis bedeckt ist, dann brauchen sie unter dem Eis Platz, sprich: eine gewisse Wassertiefe", erklärte der Fachmann.
Dass die Biber, wie von Eike Bruhn vermutete, den Damm in ein oder zwei Nächten gebaut haben, bestätigte auch Wolfgang Lappe: "Wenn man weiß, dass ein Biber bis zu 130 Zentimeter lang und bis 30 Kilogramm schwer werden kann, dann kann man sich vorstellen, dass die kräftigen Burschen Einiges schaffen können."
Jedes Jahr bekämen Biber zwei bis drei Junge, die nach 105 Tagen Tragzeit im April/Mai geboren würden. "Ein Biber bleibt pro Tag etwa 20 Stunden in seiner Biberburg und verteidigt diese gegenüber seinen Artgenossen auf Leben und Tod." Seine Reviergröße könne, je nach Futterangebot, einen halben, aber auch bis zu sechs Kilometer betragen. "Der Biber ist Vegetarier, Holzfäller und Wasserbauer und ist streng geschützt", betonte Lappe. Mit scharfen Zähnen und einem Beißdruck von 120 Kilogramm pro Quadratzentimeter gelinge es ihm, relativ große Stücke aus dem Holz zu beißen. Er könne Bäume bis zu einem Durchmesser von 80 Zentimetern fällen.
"Eines ist klar: Die Biber werden wir nicht mehr los", sagte bei der Versammlung im Dezember 2016 Andrea Eberlein, Fachkraft für Naturschutz vom Landratsamt Haßberge. Da passte auch die Aussage von Wolfgang Lappe dazu: "Ich denke, dass die Biber den Damm, der in Albersdorf beseitigt wurde, wieder bauen werden", sagte er und empfahl, in der Nähe stehende Bäume mit Drahtgeflechten zu versehen, damit diese von dem emsigen Nager nicht gefällt werden können.
Lappe sagte weiter, dass unter bestimmten Umständen mit entsprechenden Schadensproblemen die Nager auch abgefangen oder "entnommen" - ein feinerer Ausdruck für Abschuss - werden könnten. In seinem Zuständigkeitsbereich, der die VG Ebern, Rentweinsdorf, Pfarrweisach, Untermerzbach und Maroldsweisach umfasst, vermutet Lappe etwa 20 Biberreviere. Der erfahrene Biberberater weiß, dass die Nager derzeit in Vorbereitung auf den Winter sehr aktiv sind. Auch bei Goggelgereuth und Salmsdorf könne man das derzeit feststellen. "Dort ist ein Grundstückseigentümer sogar froh, dass Biber vorhanden sind", sagt Lappe, was aber eher die Ausnahme sein dürfte.
In Albersdorf jedenfalls ist ein Biberdamm beseitigt und die Anlieger werden sicherlich ein waches Auge darauf haben, dass kein "Neubau" erfolgt. Biberdämme, die abgetragen werden dürfen, zu entfernen, wäre im Fall Albersdorf Aufgabe der Stadt Ebern, sagte Wolfgang Lappe. Darauf wollten die drei Albersdorfer nicht warten und machten das in Eigeninitiative.