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Barbara Einwag: "Jugendherbergen punkten mit Gemeinschaft"


Autor: Lisa Kieslinger

Ebern, Freitag, 12. August 2016

Barbara Einwag stammt aus Ebern und hat ihre Faszination für Jugendherbergen zum Beruf gemacht.
Barbara Einwag in ihrem Büro in Weimar. Foto: privat


Jugendherberge ist ein Wort, das sofort Erinnerungen hervorruft. Stockbetten, die alte Schulklasse und die vielen Ausflüge, die gemacht wurden. Barbara Einwag ist in Ebern aufgewachsen und lebt die Faszination für Jugendherbergen in ihrem Beruf. Sie ist Marketingleiterin des Deutschen Jugendherbergswerkes (kurz DJH) im Landesverband Thüringen.

Nach ihrem Studium in Bamberg und Dresden ist sie 1995 nach Sachsen gezogen. Dort hat sie zehn Jahre beim DJH Landesverband Sachsen gearbeitet. Dann hat es sie nach Weimar verschlagen. Im Interview erzählt sie vom besonderen Flair der Jugendherbergen und warum man sich als Franke in Thüringen so richtig wohlfühlen kann.

Was macht für Sie den besonderen Flair von Jugendherbergen aus?
Barbara Einwag: Jeder hat eine persönliche Geschichte, die er zum Thema Jugendherberge erzählen kann. Und das ist der besondere Flair: das Gemeinschaftsgefühl, der familiäre Charakter, die Wohlfühlatmosphäre und die Unkonventionalität. Die Jugendherberge ist die Bühne, um alles stattfinden zu lassen.

Von Franken nach Thüringen: Wie ist es dort zu leben?
In Weimar fühle ich mich sehr wohl. Fast wie zuhause und werde - im Gegensatz zu Sachsen - auch nie gefragt, wo ich herkomme, da ich als Südthüringerin durchgehe. Die Thüringer sind den Franken in vielen Punkten sehr ähnlich. In der Jugendherberge Schnett beispielsweise sprechen die Herbergseltern genau die gleiche Sprache mit dem rollenden "R" wie ich, da geht mir schon allein deshalb das Herz auf. Und wenn es dann noch die guten Bratwürste gibt und man über die herrlichen Berge und die Weite bis ins Coburger Land schaut, fühlt man sich wie zuhause.

Im Deutschen Jugendherbergswerk - was sind da ihre Aufgaben?
Ich bin Marketingleiterin mit den Schwerpunkten Qualitätsmanagement und Nachhaltigkeit. Derzeit arbeiten wir zusammen mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Thüringen und dem Verband "Service Qualität Deutschland" an einem Qualitätshandbuch. Gleichzeitig ist eine der Hauptaufgaben Nachhaltigkeit systematisch einzuführen, wobei wir nachweislich CO2 einsparen wollen. Besonders über die Ernährung kann man sehr viel machen. Für die Jugendherbergen setzen wir immer häufiger auf vegetarisches Essen, regionale und biologische Produkte .

Wenn man zeitlich zurückblickt: Wie hat sich die Nachfrage nach Jugendherbergen verändert?
Schulklassen waren und sind nach wie vor unsere Hauptzielgruppe. Doch auf Platz zwei liegen aktuell die Familien. Früher waren Familien nicht so ein großes Thema für uns. Das hat sich wirklich verändert. Das Gute daran ist: Wenn Familien kommen, dann sind keine Schulklassen da. Die Schul- und Urlaubszeit ergänzen sich perfekt. Deswegen haben wir meist auch keine Hochsaison, das verteilt sich über das ganze Jahr.

Finden fränkische Gäste den Weg in thüringische Jugendherbergen?
Ja, natürlich! Thüringen ist in Franken beliebt und auch von der Distanz her sehr gut erreichbar. Viele Schulklassen kommen beispielsweise aus dem Nürnberger Raum zu uns. Dabei ist Weimar sehr gefragt, wobei auch das gerappte Klassik-Programm und die Programme der Klassik Stiftung Weimar, mit der wir eng zusammenarbeiten, gut gebucht werden. Viele Freizeitgruppen wollen auch den Rennsteig "erfahren" oder die Kulturschätze Thüringens sehen.

Gibt es im Kreis Haßberge nur die Jugendherberge in Königsberg?
Aktuell schon. Doch auch in Ebern hat es mal eine Jugendherberge gegeben. Die ist jedoch schon lange geschlossen. Ich habe davon erst jüngst über einen Freund erfahren, obwohl ich das Haus seit meiner Kindheit kenne und auch Karl Hoch, den Begründer und Herbergsleiter als alten Mann noch persönlich erlebt habe. Die weiteren Details erforschen wir gerade zusammen mit dem Hauptverband und dem Heimatmuseum Ebern. Über Karl Hoch - das finde ich so schön - steht in einem Text aus dem Heimatmuseum, dass er Ebern in den 20er und 30er Jahren aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und frühzeitig die touristischen Möglichkeiten der Stadt und ihres Umlandes erkannt hat.

Das Gespräch führte unser Redaktionsmitglied Lisa Kieslinger
Barbara Einwag gibt Tipps für den Urlaub in Thüringen

Kulturfreunde Aktuell steht in Weimar das Festival "genius loci" an, das sehr attraktiv für junge Kulturfans ist. Es zeigt eher unkonventionelle Kunstprojekt. Im Schloss Belvedere in Weimar hängen gerade Zitronen an den Bäumchen der Orangerie, da fühlt man sich wie in Italien.

Städtefreunde Städtereisende können sich zudem Erfurt ansehen, da beginnen die Domstufenfestspiele am Wochenende. Der Künstlergarten des "Kunstfestes Weimar" öffnet zudem ab dem 19. August wieder Tür und Tor für alle Musikliebhaber. Die Gäste erwartet (fast) jeden Abend eine neue Band und das ohne Eintritt zahlen zu müssen.

Architekturfreunde Das "Land der 1000 Seen" lege ich Familien ans Herz: von der Jugendherberge Plothen aus kann man direkt ins kühl Nass springen. Wer einmal Schlossfräulein sein möchte, bucht sich ins "Wasserschloss" Windischleuba ein. Dort kann man auch als Musikgruppe wunderbar musizieren - denn es gibt einen Flügel. Die herrlich gemalten Räumlichkeiten sind auch für Architekturfreaks eine Sensation.

Naturfreunde Und wer es gechillt mag und einen ungewöhnlichen Schlafplatz bevorzugt, der fährt ins "Urwald-Life-Camp" nach Lauterbach und bucht sich ein Baumhaus im Nationalpark Hainich mit seinem Baumwipfelpfad. Die älteste Stadtkirmes in Deutschland wäre zudem ein Tipp für einen Kurzurlaub in Familie: in Mühlhausen steht dieses Fest im August an und die Stadt mit dem mittelalterlichen Stadtkern ist auch sonst einen Besuch wert. Und wer zu Bach oder Luther reisen möchte ist in Thüringen und insbesondere in Eisenach genau richtig.