Aus Verdruss: Notärztin steigt aus
Autor: Ralf Kestel
Maroldsweisach, Samstag, 29. April 2017
Leonore Jahn hat über Jahre hinweg von Maroldsweisach aus bei Un- und Notfällen Lücken in der medizinischen Versorgung abgedeckt, jetzt hört sie auf.
Nach über 25 Jahren im Einsatz als Notärztin mag sie nicht mehr. Aufgerieben nicht von schwierigen Einsätzen, bei denen es mitunter binnen weniger Minuten um Leben und Tod ging, sondern durch bürokratische Hemmnisse: Dr. Leonore Jahn hat erst um die Anerkennung von Maroldsweisach als sogenannter Außenarzt-Standort an der Schnittstelle der Kreise Haßberge, Coburg, Bad Neustadt/Saale und Hildburghausen gekämpft, jetzt gibt sie auf.
Sie konzentriert sich künftig allein auf ihre Hausarzt-Praxis in Maroldsweisach, in der sie zusammen mit einer Kollegin ihre Patienten betreut. Es geht ums Geld, aber auch Planbarkeiten von Bereitschaftsdiensten. Die Verfügbarkeit von Notärzten im Raum Ebern verschärft sich dadurch weiter.
Lücken im Dienstplan
Denn die Personaldecke war schon vor Jahns Rückzug knapp gewesen, wie sich an der Tatsache ablesen lässt, dass an Wochenenden bisweilen Notärzte mit Hubschrauber eingeflogen wurden, wie zuletzt wegen einer Auseinandersetzung im Asylbewerber-Aufnahmelager in der einstigen Kaserne."Natürlich entstehen Dienstplanlücken", umschreibt Dr. Ingo Schmidt-Hammer aus Pfarrweisach als zuständiger Obmann der Notarztgruppe Ebern die neue Situation.
"Sehr begrüßen würde ich es, wenn Frau Dr. Jahn ihren Außenstandort Maroldsweisach weiter aufrecht erhalten würde. Diese langjährige und etablierte Tätigkeit ist für die Versorgung der Notfallpatienten im nördlichen Raum Ebern - und bei Engpässen in der Besetzung auch in Ebern - eine große Hilfe." Auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) will noch vermittelnd eingreifen. Ihm, wie auch Bürgermeister Wolfram Thein (SPD) sagt Leonore Jahn ausdrücklich Dank für Rückhalt und Unterstützung in den zurückliegenden Jahren. Aber: Die Probleme liegen nicht im Zuständigkeitsbereich der (Kommunal-)Politiker.
Problem: Außenstandort
Das Problem liegt im Konstrukt des Außennotarzt-Standortes Maroldsweisach. "Die Finanzierung erfolgte ausschließlich aus eigenen Mitteln (Fahrzeug, Funk, med. Ausstattung). Neben der Alarmierung durch die Heimat-Leitstelle Schweinfurt wurde ich zunehmend zu Einsätzen für die ILS Suhl und die ILS Coburg alarmiert, da auch dort nicht immer ein Notarzt zur Verfügung standen", beschreibt die Ärztin die Situation. "Was als Außenarztstandort mit einem Radius von ca. zehn Kilometern gedacht war, entwickelte sich zunehmend zu einem Lückenfüller für benachbarte Standorte. In manchen Jahren kam es, bedingt durch eine hohe Zahl von Dienstausfällen in Bad Königshofen zu ca. 200 Einsätzen im Jahr."
Ein Problem dabei: Für einen Einsatz wird sie zwar bezahlt, nicht aber für die Bereitschaftszeit. Dazu hätte sie am jeweiligen von Einsatzstützpunkt bereit stehen (übernachten) müssen, wie der Bezirkssprecher der kassenärztlichen Vereinigung (KVB), Dr. Christian Pfeiffer aus Giebelstadt bestätigt.
Als solche regulären Standorte gelten bei der KVB wie auch dem Rettungszweckverband Ebern, Haßfurt und Bad Königshofen. Pfeiffer schätzt als Hausarzt den Einsatz von Leonore Jahn als Notärztin neben der eigenen Praxis. "Ich bewundere das."
Er erkennt auch an, dass der Außenstandort Maroldsweisach für die Region eine Ergänzung bedeutete. "Wenn es Besetzungsprobleme gab, und in Ebern war öfter niemand da, wurde so eine Lücke gefüllt. Deswegen gab's auch die Absprache, dass der Einsatz von Maroldsweisach aus erfolgen konnte. Das ist nicht optimal, aber besser, als wenn niemand zur Verfügung steht." Diese Absprache habe sich über Jahre bewährt.
Allerdings gelte diese Genehmigung nur, wenn sich niemand anders finde ließ. "Zusätzlich wird keine Bereitschaft bezahlt." Der Knackpunkt: "Nachdem die Besetzungssituation am Standort Ebern schlechter wurde, hat mich der Obmann der Notarztgruppe Ebern, Ingo Schmidt-Hammer, nach den jeweiligen Dienstplanbesprechungen über die nicht zu besetzenden Dienste informiert, die ich dann teilweise übernommen habe. Jetzt im März erhielt ich von Herrn Schmidt-Hammer die Information bzw. Mail der Kassenärztlichen Vereinigung, wonach er mich nicht mehr in den Dienstplan eintragen dürfe. Zuerst müssten die Dienste ausgeschrieben werden, erst dann mit Vorlauf ca. einer Woche dürfte ich Dienste übernehmen", schildert die Maroldsweisacherin ihre Sicht der Dinge.
"Daraufhin habe ich meinen Dienst für die Standorte Ebern und Bad Königshofen beendet. Damit kommt mehr Transparenz in die Dienstpläne, und Lücken in der Sicherstellung können nicht mehr geschönt werden. Das führt dazu, dass ein und dieselbe Person 13 Tage am Stück Dienst tut."