Auch mit 90 Jahren gibt sie noch Gas
Autor: Eckehard Kiesewetter
Kirchlauter, Donnerstag, 02. Januar 2014
Eugenie Hümmer aus Kirchlauter ist auch im hohen Alter nicht zu bremsen. Sie war kreisweit die erste Frau mit Führerschein.
Es soll ja Leute geben, die haben "Benzin im Blut." Eugenie Hümmer aus Kirchlauter ist solch ein Mensch - und das nicht nur, weil sie mit 90 Jahren noch immer den "Turbo" eingeschaltet zu haben scheint. Motoren und Pferdestärken haben ihr Leben bestimmt.
Vor rund 60 Jahren war die weltoffene Frau mit der unbändigen Lebensfreude die erste Frau im heutigen Landkreis Haßberge, die einen Führerschein besaß. Ein eigenes Busunternehmen und die eigene Tankstelle haben sie selbst und viele Menschen in den "Heiligen Ländern" mobil gemacht und noch heute schwärmen die Enkel: "Die Oma, die ist einfach nicht zu bremsen."
Die erste Rakete
Selbst mit 90 ist das weit gereiste und lebensfreudige "Geburtstagskind" aufgeschlossen für Neues und zu jeder "Extratour" bereit. So hat sie kürzlich eine Fahrtstrecke von 250 Kilometern in Kauf genommen, nur um ihre Enkelin Martina in Kassel auf der Opernbühne singen zu hören, und in der Silvesternacht, zwei Tage vor ihrem 90. Geburtstag, hat sie zum allerersten Mal eine Rakete gezündet.
Stellvertretender Landrat Günther Geiling und Kirchlauters Bürgermeister Jochen Steppert (beide CSU), die als Vertreter von Landkreis und Kommune schon vielen Jubilaren zum 90. Wiegenfest gratuliert hatten, kamen nicht umhin, der vitalen Geschäftsfrau Komplimente auszusprechen. Sie ist topfit und steht fest im Leben.
Jeden Tag hilft sie noch in der Tankstelle, macht die Buchführung und führt und pflegt den eigenen Haushalt, das eigene Haus und den eigenen Garten. "Sie sind noch längst nicht im Ruhestand," befand Günther Geiling anerkennend.
Früh schon Menschen bedient
Als Eugenie Muckelbauer war das Geburtstagskind 1924 in Kirchlauter geboren und hatte dort mit 14 Jahren Arbeit im Schloss gefunden. Während des Krieges war das fleißige und beliebte Mädchen in der Milchsammelstelle beschäftigt.
1946 heiratete sie den Spenglermeister August Hümmer. Sparsam, fleißig und bescheiden haben die beiden etliche Hürden überwunden und zusammen viel erreicht. Die Eheleute zogen fünf Kinder (vier Söhne und eine Tochter) groß und bauten aus einem Spenglerbetrieb mit zehn Lehrlingen einen Omnibusbetrieb auf. Zudem gründeten sie 1949 die Tankstelle. Im Jahr 1996 konnten beide noch die Goldene Hochzeit feiern, inzwischen ist August Hümmer jedoch gestorben.
Pionierin am Lenkrad
Stolz erzählt Eugenie Hümmer, dass sie einst die erste Frau im weiten Umkreis mit eigenem Führerschein war. Gerade mal drei Autos brausten damals durch die Heiligen Länder und Eugenie saß am Steuer von einem davon. Ihre Fahrzeuge lenkte sie stets mit großer Umsicht, wie alles im Leben. So hat die zuverlässige und geradlinige Frau in all den Jahren keinen einzigen Unfall gebaut.
40 Jahre lang steuerte Eugenie Hümmer den Bus der Lebenshilfe sicher durch die Straßen und seit 45 Jahren betreut und organisiert sie als Reiseleiterin die Wallfahrten nach Altötting.
Mit Gottvertrauen
Überhaupt: Ihren Glauben hält Eugenie Hümmer hoch. Seit 50
Jahren schmückt sie den Fronleichnamsaltar an der Dorflinde und sie lebt nach dem Motto: "Mit Gott fang an, mit Gott hör auf; das ist der beste Lebenslauf." Ihrem Herrgott dankt sie, dass sie noch so fit sein darf.
Tradition und Familie sind für die belesene Jubilarin ein großes Gut, und doch ist sie modern eingestellt. Davon profitieren nicht zuletzt die zehn Enkel und zwei Urenkel, denen die Seniorin eine tolle Vorleserin, Begleiterin ins Kino oder Beraterin bei Problemen ist. Sie lacht gerne, genießt die Natur, Kunst und Kultur und sie liebt die Menschen. "Eine Oma, der man alles erzählen und die man in vieles einbeziehen kann", schwärmt Enkelin Martina.