Alte Fachwerkhäuser ziehen an
Autor: Sabine Weinbeer
Haßfurt, Donnerstag, 03. Sept. 2015
Im Landkreis Haßberge soll ein kreisweites Leerstandsmanagement aufgebaut werden. Daran arbeitet der Architekt Michael Feiler m Landratsamt in Haßfurt. Tobias Alt von der Hofheimer Allianz hat schon Erfahrung und hilft ihm.
"Der demographische Wandel trifft uns alle, aber noch ist es rechtzeitig, gestaltend einzuwirken", sagt Michael Feiler, der im Referat Kreisentwicklung im Landratsamt Haßberge arbeitet. Sein aktuelles Projekt ist es, ein Leerstandsmanagement auf Kreisebene aufzubauen. Wie erfolgreich ein solches Management laufen kann, das zeigt die Hofheimer Allianz, die für ihre Erfolge überörtlich ausgezeichnet wurde. Weil die Kommunen im Kreis aber sehr unterschiedlich aufgestellt sind, will der Kreis hier unterstützend eingreifen.
Leerstand ist nicht gleich Leerstand. Während ein malerisches Fachwerkanwesen meist sehr schnell Liebhaber findet, muss das Potenzial eines anderen Hauses oder eines Nebengebäudes vielleicht erst herausgearbeitet werden. Das geschieht in manchen Gemeinden, in anderen gar nicht.
Menschen an die Orte binden
Sogar überörtlich ausgezeichnet wurde das Leerstandsmanagement der Hofheimer Allianz. Weil die Arbeit auf Dauer nicht "so nebenher" von Bürgermeistern oder Sachbearbeitern gemacht werden kann, ist dort Tobias Alt der zuständige Manager, der die Bürgermeister unterstützt.Er hob im Pressegespräch die drei wichtigen Faktoren eines Leerstandsmanagements hervor: Weniger Neubaugebiete bedeutet weniger Flächenverbrauch und ist ökologisch. Die Kultur der Ortskerne zu erhalten und Bausubstanz zu nutzen, ist ökonomisch. Und die Ortskerne lebendig zu erhalten, ist sozial.
"Wenn die Altorte sterben, wird auch niemand mehr gerne in den Siedlungen wohnen," meint Michael Feiler überzeugt. Aus diesem Bewusstsein heraus war das Leerstandsmanagement ein zentrales Projekt bei Bewerbung des Landkreises für die aktuelle Leader-Förderperiode. Michael Feiler ist jetzt für die Umsetzung zuständig. Leerstandsmanagement, das bedeutet den Aufbau von effektiven Vermarkungs strukturen und eine verlässliche Basis für die Innenentwicklung der Orte.
Feiler selbst ist ein Beispiel dafür
Feiler sieht im Landkreis Haßberge großes Potenzial, sich gegen weitere Landflucht zu stellen. Er selbst ist Beispiel dafür. Der Haßfurter ging für Studium und berufliche Karriere weg, arbeitete in Großstädten.
Mittlerweile hat der Architekt die Qualität des Lebens im eher ländlichen Raum erkannt "und die Stelle hier beim Kreis war ein Segen". So wie ihm geht es vielen - Rückkehrern wie Neubürgern."Das Leben auf dem Land, die Ruhe, die sozialen Strukturen und natürlich auch die günstigen Preise" seien Pfunde, mit denen der Kreis wuchern könne.
Diese Erfahrung machten auch die Akteure der Hofheimer Allianz. Wenn man aktiv leer stehende Gebäude vermarktet, trifft man auf unterschiedlichste Interessenten: Familien, die sich zu Bamberger oder Würzburger Preisen kein Wohnhaus leisten könnten; Bastler, die gerne Hand anlegen an ihr künftiges Zuhause; Menschen kurz vor dem Ruhestand, die ihren dritten Lebensabschnitt auf dem Lande verbringen möchten; oder auch Mittdreißiger, die aus dem Landkreis stammen, nach dem Studium wie Michael Feiler ihren Lebensmittelpunkt in großen Städten suchten und jetzt die Qualität ihres Heimatortes für das Aufwachsen ihrer Kinder erkennen.
Die Potenziale der Gemeinden im Kreis sind jedoch sehr unterschiedlich, deshalb will die Kreisentwicklung den Verwaltungen unter die Arme greifen. Das Interesse an einem ersten Treffen der jeweils Verantwortlichen mit Michael Feiler war groß.
Zentrale Datenbank
Ziel ist es, eine zentrale Datenbank aufzubauen, die die Gemeinden pflegen. Dazu gehört es zu erkennen, welche Häuser oder Scheunen leer stehen (werden). Verfügbare Leerstände sollen dann ebenso wie kommunale Fördermöglichkeiten veröffentlicht werden. Außerdem will die Kreisentwicklung stabile Kontakte zu den öffentlichen Zuschuss-Gebern und zur Denkmalpflege aufbauen.
"Es ist mir wichtig, die fränkische Baukultur in den Orten zu erhalten, aber wenn die Substanz zu schlecht ist, muss man auch ein denkmalgeschütztes Haus mal abreißen und neu bauen dürfen."Michael Feiler will durch die Architektenberatung über die erste Schwelle helfen: "Dass eine Sanierung immer teurer ist als ein Neubau, das ist ein Märchen. Wichtig sind eine ordentliche Bestandsanalyse und eine realistische Kostenschätzung". Oft könne fachmännische Beratung die versteckten Vorzüge eines Anwesens aufzeigen. Dafür wollen Feiler und Alt Beispiele zusammentragen.
Wenn die Datenbank für die Leerstände aufgebaut ist, kann sich Feiler auch eine Erweiterung für Baugrund und Mietobjekte vorstellen. Einbeziehen will er alles, was zur Wohnkultur und -qualität in den Dörfern gehört, von der Infrastruktur über bürgerschaftliches Engagement bis zu Dorfläden, damit sich Interessenten ein umfassendes Bild machen können.