Altaraufbau in Ebern: Eine Maßarbeit für Frühaufsteher
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Donnerstag, 19. Juni 2014
Es zählt jeder Millimeter. Bei den Birken, beim Kruzifix, bei den Blumen-Vasen. Der vierte Altar in der Eberner Altstadt bei der Fronleichnams-Prozession ist ein Ausdruck der Perfektion. Ein Rosen-Lilien-Altar.
Rote Rosen, weiße Lilien und gelbe Farbtupfer, weil "Gelb die Farbe der Kirche" ist, wie Inge Holzinger weiß. Sie ist eine von drei Frauen und sechs Männern, die jedes Jahr am Mühlgraben, an der Ecke Ritter-von-Schmitt-Straße/Hirtengasse, den Altar für die Fronleichnams-Prozession aufbauen.
Die Maßarbeit beginnt zu einer "unchristlichen Zeit in aller Herrgottsfrüh" um 6 Uhr, die Vorbereitungen bereits Tage zuvor. Dazu reisen Dora und Peter Goldmann seit 40 Jahren aus Leverkusen an, Eberhard Einwag aus Kulmbach.
Schon ihre Väter hielten diese Tradition hoch. "Die begannen damals schon um 3.30 Uhr, weil sie immer stritten. Wir sind aber sind ein Team, damals waren es drei Bosse", scherzt Gerhard Holzinger.
"Heimlicher Boss" ist jetzt Manuel Hofmann, der pünktlich um 6 Uhr von Bamberg hier eintrifft. Der Herr der Wasserwaage.
Denn das Podest muss perfekt stehen, auch wenn es Pater Rudolf Theiler später kaum betreten wird. Kann er auch nicht, denn ob des üppigen Blumenschmucks bleibt kaum Platz. Nur ein kleiner Fleck, um die Monstranz abzustellen.
Das Ritual hat sich im Verlauf der Jahre eingeschliffen und "trotzdem muss immer wieder überlegt werden", wie Dora Goldmann, geborene Einwag, zugibt. Und diskutiert und geruckelt wird auch viel. Fotos früherer Jahre helfen dabei.
"Der Altar wurde vor rund 60 Jahren von einer Nonne so entworfen, das hat Liesl Einwag so übernommen und das bleibt so", gibt sich Inge Holzinger resolut. Dabei hilft auch ein Plan, der exakt ausweist, wie wie breit die Falten des Altartuchs sein müssen.
Nichts bleibt dem Zufall überlassen. Die Blumen wurden schon am Vortag auf Höhe geschnitten, Das Krepp-Papier der Betonblöcke, in die die Birken gestellt werden, liegt bereit. Ständig wird kontrolliert und korrigiert. Die eine Vase zwei Millimeter nach rechts, die eine Birke zwei Zentimeter nach rechts.
Zwischendurch stellt Michael Hofmann fest, dass "wir einen neuen Persil-Karton gebrauchen könnten". Dass es sich dabei ein einen Dash-Eimer handelt, in dem das Werkzeug ein Jahr lang ruht, fällt dabei kaum auf. Nur so viel: "Der hält schon noch ein paar Jahre."
Just beim Glockenläuten, das um 9 Uhr den Auszug der Prozession aus der Stadtpfarrkirche verkündet, steht die letzte Blumenvase am rechten Fleck. Die Gläubigen können kommen, ahnen kaum, welche Vorbereitungen nötig waren und dass Gerhard Holzinger den Vorplatz wohl zum 20. Mal gekehrt hat.
Knapp zehn Minuten hält die Prozession für Gebet, Fürbitten, Gesang und Einkehr inne. Dann wird wieder weiter gezogen. Noch schnell zupfen einige Gläubige die gesegneten Zweige der Birken ab. Und die eifrige Nachbarschaft auch.
Danach erfolgt der Abbau und das Einlagern in der Einwags-Scheune. Am Nachmittag trifft man sich zum Grillfest. Das Wetter spielt mit. "Das war heuer eine schöne Fronleichnams-Prozession", sind sich alle Nachbarn einig. Und die Wiedersehensfeier erfreute auch alle. Bis zum nächsten Jahr.