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86 Jahre - und noch kein bisschen leise


Autor: Ulrike Langer

Haßfurt, Montag, 20. April 2015

Mit der Bepop-Legende Sheila Jordan präsentierte das Kulturamt Haßfurt einen absoluten Weltstar. Den einzigartigen Auftritt mit den fränkischen Musikern Florian Kettler, Marco Kühnl und Jochen Pfister werden die Besucher so schnell nicht vergessen.
Die Bebop-Legende Sheila Jordan war mit Florian Kettler (Schlagzeug), Marco Kühnl (Bass) und Jochen Pfister (Klavier) verzauberte auf Einladung des Kulturamts Haßfurt ihr Publikum. Foto: Ulrike Langer


Welch ein Erlebnis! Mit der Bebop-Sängerin Sheila Jordan aus New York war am Sonntagabend eine wahre Jazzlegende in der Reihe "Jazz mal anders" beim Kulturamt Haßfurt zu Gast. Zum Abschluss ihrer viertägigen Tour mit Florian Kettler aus Obertheres (Schlagzeug) sowie den Nürnbergern Marco Kühnl (Bass) und Jochen Pfister (Klavier) gab Jordan ein zutiefst beeindruckendes Konzert in der Ratshaushalle.


Vital und humorvoll


Mit ihrer großen Musikalität, der unglaublichen Vitalität und dem umwerfenden Humor machte die immerhin schon 86 Lenze zählende Sheila Jordan das Konzert zu einem unvergesslichen Erlebnis.

Ihre Bühnenpräsenz, ihr nach wie vor erfrischender Gesang und ihre Freude an der Musik fesselten die Zuhörer, die aus dem Staunen nicht mehr herauskamen.

Mit der Energie einer jungen Sängerin und der Erfahrung einer über 60 Jahre dauernden Karriere stand sie ungezwungen auf der Bühne und gab rund zweieinhalb Stunden Kostproben ihres Könnens - ohne in irgendeiner Form zu ermüden.


"Da ist eine Fliege auf Deinem Bass"


Ihre Songs wirkten so lebendig und überschäumend, dass man als Zuhörer ihr Alter schnell vergessen hatte. Auch wenn sie nicht mehr die Stimme einer Zwanzigjährigen besitzt, sind ihr Scatgesang und ihre Improvisationen doch immer noch überwältigend. So "kokettierte" sie mit allen drei Musikern und forderte sie auf, ihren Scatgesang in ihr Spiel zu übernehmen. Besonders amüsant war ihr spontaner Text bei dem Bepop-Standard "Confirmation", den sie mit Kühnl präsentierte: "Da ist eine Fliege auf Deinem Bass und sie möchte gerne skatten."

Sheila Jordans Markenzeichen ist das "Leben" ihrer Texte. Gleichzeitig ist sie in der Lage, jeden Song nach Belieben umzutexten und sich direkt an das Publikum zu wenden. Beim Lied "Oh Lady be good" bedauerte sie: "Sorry, but I don't speak Deutsch". In einem anderen Lied legte sie wortwitzig nach: "I could lachen, cause I'm lucky to be me."


"Scat-Workshop" live

Immer wieder wandte sie sich charmant an ihre Zuhörer, widmete den Song "Hello young lovers" einem anwesenden Liebespaar und das Lied "Who"s little angry man" den Eltern von Florian Kettler und Marco Kühnl im Publikum. Selbst als eine Lautsprecherbox durchbrannte und das Licht auf der Bühne erlosch, nahm sie das mit Humor: "Das werde ich in meine Memoiren aufnehmen."
Jeder Gast kam zudem in den Genuss, einen "Scat-Workshop" mit Sheila Jordan zu erleben. Was sich bei ihr leicht und bezaubernd anhörte, war für ihre Zuhörer beim Nachsingen schon Schwerstarbeit. Doch die charmante Sängerin schien mit dem Ergebnis zufrieden.
Obwohl sie ein Weltstar ist, wurde sie nicht müde, ihre jungen Musikerkollegen zu loben, mit denen sie in den letzten Tagen Konzerte und einen Workshop in Frankfurt und Nürnberg gegeben hatte. "Ich bin glücklich, solche großartigen Musiker zu haben, die mit einer alten Frau auf Tour gegangen sind und stets auf mich achtgegeben haben, und ich liebe besonders den Schlagzeuger", sagte sie. An die Eltern von Florian Kettler gewandt, meinte sie: "Sie müssen aufpassen, denn am liebsten würde ich Ihren Sohn adoptieren und mit nach New York nehmen!"
Neben den Songs erzählte sie auch, dass ihre Begeisterung für den Jazz besonders von Charlie Parker geprägt wurde, dass sie eine Nachfahrin einer Führerin des Seneca-Stammes der Indianer ist und Cherokee-Blut in ihren Adern fließt. Ihre gesamte Lebensgeschichte fasste sie in dem Lied "Sheila's Blues" zusammen. Ohne Jazz wäre sie wohl nicht mehr am Leben, so ihre Botschaft.
Sheila Jordan verabschiedete sich mit einer Zugabe und den Worten: "Wenn ich mal traurig bin, denke ich an Euch."