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21 Hanfpflanzen in Zeil angebaut: milde Strafe durch das Amtsgericht Haßfurt


Autor: Andreas Lösch

Haßfurt, Donnerstag, 27. April 2017

Ein Mann, der mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hat, therapierte sich mit Marihuana selbst. Das war illegal, aber das Gericht zeigte Verständnis.
Das Amtsgericht in Haßfurt


Eigentlich, so erklärte es Staatsanwalt Stephan Jäger in seinem Plädoyer, wäre hier keine Bewährung angebracht, das wäre "juristisch einwandfrei zu begründen".

Denn der Mann, um dessen Bestrafung es am Mittwoch bei der Hauptverhandlung im Amtsgericht Haßfurt ging, hatte 21 Cannabis-Pflanzen in seiner Zeiler Wohnung kultiviert. Diese waren "unterschiedlicher Größe", zum Teil noch ganz junge Gewächse ohne wirkstoffhaltige Blüten, einige waren aber auch schon reif und abgeerntet worden, so dass bei einer polizeilichen Durchsuchung im April des vergangenen Jahres bei dem 49-jährigen Angeklagten etwa 50 Gramm THC-haltiges Marihuana (THC steht für "Tetrahydrocannabinol" und ist der psychoaktive Wirkstoff der Pflanze) beschlagnahmt wurden. Staatsanwalt Jäger plädierte ungewöhnlicherweise auf eine Freiheitsstrafe von "nur" acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte plus 150 Sozialstunden.


Außergewöhnliche Situation

Das hatte mit der außergewöhnlichen Situation des Angeklagten zu tun: Der hatte keinen Handel mit der Droge betrieben und offenkundig nur für den Eigenbedarf angebaut. Bei ihm bestand nach Ansicht des Staatsanwaltes zudem eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Mann Marihuana auch auf legalem Wege erhalten könnte, da dies medizinisch zu begründen sei. "Ihr Fall ist in gewisser Weise tragisch", sagte er, aber dennoch sei es verboten, was er gemacht habe, denn der Angeklagte hätte keine Anbaulizenz vorzuweisen.

Der 49-Jährige hatte einen Pflichtverteidiger zur Seite gestellt bekommen (was der Fall ist, wenn von einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ausgegangen werden muss), übernahm aber sämtliche Argumentation vor Gericht selbst. Verteidiger Christian Merkel sagte am Ende lediglich, dass er sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft anschließe wolle.

Und so urteilte Richterin Ilona Conver schließlich auch, "nachdem der Staatsanwalt einen sehr sachgemäßen Antrag gestellt hat", dem sich auch die Verteidigung angeschlossen habe, so etwas komme nicht so häufig vor. In ihrer Begründung sagte sie zu dem Verurteilten: "Die Wahrscheinlichkeit, dass Sie sich straffrei verhalten, überwiegt. Das reicht aus." Zudem sei der 49-Jährige geständig gewesen, habe glaubhaft seine Situation dargelegt und zeigte sich kooperativ.


Arthrose und Depressionen

Der Angeklagte schilderte seinen Fall: Zum einen leide er an Arthrose (eine schmerzhafte Gelenkerkrankung), außerdem habe er seit vielen Jahren mit Depressionen zu kämpfen. Er habe viele Medikamente verschrieben bekommen deswegen, "ich habe so viel Anti-Depressiva schon probiert", aber nichts habe ihm langfristig geholfen. Anders sei das bei Marihuana: "Dieses Mittel hilft mir gegen Schmerzen und Depressionen". Mit der kriminellen Szene, in die er zwangsläufig gerate, wenn er sich das Marihuana beschaffen will, möchte er nichts mehr zu tun haben, weshalb er sich entschloss habe, selbst anzubauen.

Er benötige etwa zwei Gramm am Tag, das sei für ihn bei einem Straßenpreis zwischen zehn und 15 Euro zudem kaum finanzierbar. Derzeit konsumiere er wegen des Strafverfahrens nichts, er bekomme wieder Antidepressiva. "Ich halte es schon aus, aber ich fühle mich nicht wohl." Er gab auch offen zu, dass er wieder Marihuana konsumieren wolle, da quasi eine psychische Abhängigkeit bestehe. Aber erst wolle er sich die medizinische Erlaubnis besorgen: "Ich hoffe, dass ich es hinkriege, dass ich es verschrieben bekomme."

Staatsanwalt Jäger wandte sich zum Schluss noch einmal an den 49-Jährigen: Er dürfe sich bis dahin nichts erlauben, erst wenn er eine Lizenz habe, könne er auf legalem Weg die Droge besitzen. "Wenn Sie das nicht in den Griff kriegen, werden Sie wieder hier landen."