Druckartikel: 1952: Gutshof wird Raub der Flammen

1952: Gutshof wird Raub der Flammen


Autor: Eckehard Kiesewetter

Weißenbrunn, Donnerstag, 04. August 2016

1952 berichtete der Fränkische Tag über den "heißesten Juli seit Menschengedenken". Weißenbrunn wurde zum Schauplatz einer verheerenden Feuersbrunst.
Das Original-Zeitungsfoto vom Gutshofbrand 1952: Nur noch Mauerreste blieben stehen. Foto: Archiv/Emil Rothbauer


Wer weiß schon, dass der heutige Eberner Stadtteil Weißenbrunn ein Schloss hat. Kaum jemand kennt das zweigeschossige, rechteckige Herrenhaus mit Stilelementen aus der Übergangszeit der Renaissance zum Barock, das in seiner heutigen Gestalt fast 300 Jahre alt ist. Zwei Mal allerdings machte diese verborgene Kostbarkeit in den Haßbergen Mitte des vergangenen Jahrhunderts Schlagzeilen: als Schauplatz verheerender Brände.
Sommer 1952. Nach dem "Steppensommer" 1947 und der miserablen Ernte des Jahres 1949 brachte der Juli 1952 neues Ungemach für die Landwirte in den Haßbergen. Eine andauernde Hitzeperiode mit Temperaturen nahe der 40-Grad-Marke sorgte für Wasserknappheit und Ernteausfälle. Im Fränkischen Tag, zu dieser Zeit vier Jahre alt, bestimmten Schlagworte wie Missernte und Unwetterkatastrophe die Schlagzeilen.


Waren die Nachkriegsjahre ohnehin entbehrungsreich, so erschwerte die Dürre die Situation in der landwirtschaftlich geprägten Region um Ebern zusätzlich. Das Pflänzchen Aufschwung, das auch Bauern ihren Anteil an Ludwig Erhards Wirtschaftswunder verhieß, drohte auf den Äckern sprichwörtlich zu verdorren. Bei "außerordentlicher Trockenheit", so schrieb FT-Redakteur Gerhard Urban 1952, blieben die Körner klein und leichtgewichtig. Die Ernteerträge halbierten sich gegenüber normalen Jahren. Kartoffeln, Grünland und die Milcherzeugung nahmen starken Schaden. Zudem sorgte der laut FT "heißeste Juli seit Menschengedenken" für brenzlige Situationen auf den Äckern und Höfen.


Warnungen im FT

Der FT, der damals drei Mal in der Woche erschien, veröffentlichte Vorsichtsmaßregeln zur Erntezeit und warnte vor der Brandgefahr in Scheunen, Heuböden, Getreidespeichern, Futter- und Dachböden. "Lokomobile, deren Umgebung stets frei von Stroh und Getreideresten zu halten ist", lautete eine der Anweisungen, "sind von Schobern, Scheunen und so weiter mindestens fünf Meter entfernt aufzustellen." Tatsächlich kam es immer wieder zu Funkenflug, Flächenbränden und "Schadensfeuern". Glück im Unglück hatten die Bewohner der Kraisdorfer Mühle bei einem Scheunenbrand. "Dass eine Brandkatastrophe vermieden werden konnte", stand im FT, war nur "dem raschen und vorbildlichen Einsatz der Wehren zu verdanken". Deren raschem Einsatz und dem glücklichen Umstand, dass in Kraisdorf hinreichend Wasser zur Verfügung stand.


Dreschmaschine als Brandherd

Weitaus schlimmer hatte es da rund eine Woche zuvor, am Dienstag, 29. Juli, den Schönlau'schen Gutshof von Schloss Weißenbrunn (heute Stadt Ebern) erwischt, der für seine hällisch-fränkischen Land-schweine bekannt war. Die Getreidewirtschaft aber stand für die Schlossbesitzerfamilie Schönlau, die 1907 nach Weißenbrunn gekommen war, im Vordergrund.
Ende Juli 1952 wurde das Gehöft zu einem Raub der Flammen. Binnen kürzester Zeit wurden weite Teile des Wohnhauses und zwei Scheunen vernichtet; der Schaden belief sich auf mindestens 100 000 Mark. das Schloss selbst, zu dem ein ansehnlicher Barockgarten gehört, blieb wohl nur dank des günstigen Windes verschont.
Der Leitartikel aus dem "Baunach-, Itz- und Lautergrund", wie der FT seine Berichterstattung aus dem Landkreis Ebern schon damals überschrieb, schildert die dramatischen Vorgänge beim Ausdrusch von Gerste in der Scheune des Gutshofs Schönlau: "Plötzlich wurde von einem Arbeiter Brandgeruch und Rauchentwicklung unter der Maschine festgestellt. Der Gutsbesitzer Schönlau wollte daraufhin sofort den Motor abstellen. Im gleichen Augenblick schoss aus der Dreschmaschine eine Stichflamme, die sofort einen neben der Dreschmaschine befindlichen Getreidewagen entzündete.
Innerhalb weniger Minuten standen das Stroh und Getreide in der nächsten Umgebung der Maschine in hellen Flammen, so dass es dem Gutsbesitzer nur noch mit Mühe gelang, eine auf der Dreschmaschine befindliche Arbeiterin aus den Flammen zu retten. Das weitere Umsichgreifen des Feuers war dann nur noch eine Angelegenheit von Sekunden."


Eine Sache von Sekunden

Die Scheune des Gutshofs und die Scheune eines benachbarten landwirtschaftlichen Hofs brannten lichterloh. Helfern gelang es, das Vieh aus den benachbarten Ställen zu retten. Für die herbeigeeilten Dörfler und die hinzukommenden Feuerwehren der Umgebung konnte es nur noch darum gehen, ein Übergreifen der Flammen auf weitere Gebäude, das Schloss und die umliegenden Häuser zu verhindern.
Neun Wehren aus der Umgebung (Jesserndorf, Bramberg, Hofstetten, Welkendorf, Köslau, Rentweinsdorf, Eyrichshof, Ebern und die Werksfeuerwehr Kugelfischer) waren im Einsatz. Selbst die Berufsfeuerwehr aus dem 30 Kilometer entfernten Bamberg eilte zu Hilfe. "Innerhalb von zwei Stunden, berichtet der FT, "war das Feuer auf seinen Herd beschränkt", der jedoch noch am nächsten Tag gefährlich schwelte.
Die Trockenheit war so eklatant, dass der Weißenbrunner Ortsbach und ein Teich, von wo aus das Wasser mit alten Luftschutzpumpen zum Gutshof gepumpt oder aber mit Eimern geschöpft wurde, bei weitem nicht genügend Wasser führten. "Die konnten nicht genug zum Löschen beibringen", weiß Heinz Fausten, der spätere Kreisbrandinspektor aus Jesserndorf, zu berichten: "Die haben das Wasser sogar aus den Güllegruben geschöpft."
Dazu kam der Funkenflug, der so stark gewesen sein muss, dass man ihn bis Vorbach sehen konnte. Klara Hümmer, Gastwirtin aus Jesserndorf, wird die glühenden Ziegel nie vergessen, die durch die Hitze in die Luft geschleudert wurden und zu Boden prasselten.
Funkenflug entzündete noch etwa 600 Meter entfernt vom Dorf einen Haufen mit rund 1000 Zentnern Stroh. "Nur einem ausgesprochenen Glücksumstand ist es zuzuschreiben", urteilt der FT-Redakteur 1952, "dass der Funkenflug von der Ortschaft weggetragen wurde, da sonst die Feuersbrunst, die bei dem vorhandenen geringen Löschwasser nie hätte bewältigt werden können, unausbleiblich gewesen wäre."
Gerhard Urban, Autor des Zeitungsberichts von vor 64 Jahren, schreibt anteilnehmend über den Schaden des benachbarten Bauern, dessen Besitz nicht ausreichend versichert gewesen sei. Er hatte seine Ernte auf 15 Tagwerk bereits nahezu vollständig eingebracht und stand nun vor dem Nichts.


Neuerliches Feuer 1958

Die Gutsbesitzerfamilie Schönlau dagegen konnte auf eine Versicherung für ihre Gebäude bauen. Zudem gehörten zum Besitz rund 100 Hektar Wald, die den Schönlaus als finanzielle Rückversicherung dienten. Tragisch für die Schlossbesitzer, dass es sechs Jahre später - der Gutshof war zwischenzeitlich modern aufgebaut worden - erneut dort brannte. Ein Blitzschlag, dessen Spur man laut Heinz Fausten später an einer Eisenschiene nachverfolgen konnte, traf die Scheune, und so wurde das Gehöft in Weißenbrunn neuerlich zum Opfer eines Großbrands. Familie Schönlau musste in der Folge die Hälfte ihres Waldes zu gleichen Teilen an die Familie von Rotenhan und an die Stadt Ebern verkaufen.



Herrschaftliches Haus mit wechselhafter Geschichte

1232 in der Teilungsurkunde der Pfarrei Pfarrweisach erstmals belegbar erwähnt, hat der Adelssitz Weißenbrunn unweit der Kreuzung von alter Hochstraße und "Zeiler Rennweg" einst eine strategisch günstige Lage gehabt.

Das Gehöft im Tal, das über Jahrhunderte viele Besitzerwechsel erlebte, lag an der kürzesten Verbindung zwischen den Städten Ebern (acht Kilometer entfernt) und Zeil (zwölf Kilometer).

Zu den Lehensleuten sollen über die Jahrhunderte hinweg die Herren auf Raueneck, die Marschalk und die Fuchs, auch die Truchseß von Wetzhausen gehört haben. Weißenbrunn war bambergisches, später würzburgisches Lehen. 1696 erwarb der Obristwachtmeister Georg Philipp von Boyneburg, Spross eines ursprünglich niederhessisch-thüringischen Adelsgeschlechts, das Gut. 150 Jahre lang haben die Herren von Boyneburg in Weißenbrunn residiert und das Schloss um 1720 in seiner jetzigen Gestalt errichtet.

Weitere Besitzer waren die Familien von Varell, von Hebendanz und von Oberkamp, die 1847 den Freiherrentitel erlangten. Sie waren die letzten adeligen Bewohner des Schlosses.


Im bürgerlichen Besitz

Noch rascher wechselten die bürgerlichen Besitzer, bis 1907 die Familie Schönlau aus Paderborn das Gut erwarb. Sie blieb bis 2004, also fast 100 Jahre in Weißenbrunn.

1980 bereits hatte der Bamberger Steinrestaurator Ulrich Bauer-Bornemann Schloss Weißenbrunn erworben und in der Folge sorgfältig renoviert. In einigen Räumen siedelte sich vor Jahren die "Künstlergruppe Weißenbrunn" um Bert Niklaus und Karin Hommert an und eröffnete dort eine Galerie. Auch dies blieb Episode in der bewegten Schlossgeschichte, denn das komplette Anwesen wurde vor einigen Wochen neuerlich verkauft. Die Künstler, die inzwischen in Eberns "Alten Kaserne" in Ebern ausstellen, hat es nach Gereuth (Gemeinde Untermerzbach) verschlagen. Die neuen Schlossbesitzer, heißt es, wollen wieder selbst in Weißenbrunn sesshaft werden. eki