Druckartikel: 120 Thereser interessieren sich für die Flüchtlinge

120 Thereser interessieren sich für die Flüchtlinge


Autor: Ulrike Langer

Theres, Dienstag, 01. Dezember 2015

Für die 24 Flüchtlinge aus Syrien, die in Untertheres und Horhausen leben, ist Deutschland ein Land, in dem sie als Menschen respektiert werden, wo sie ihre Religion ausüben und ihre Meinung sagen dürfen. Dafür, und für den herzlichen Empfang der Bürger sagten sie beim "Willkommens-Café" der Gemeinde Theres und der Pfarrgemeinde Untertheres: "Danke Deutschland, danke Ihnen allen!"
Die Syrerin Siza Zaby, die der Liebe wegen nach Deutschland kam und als Alltagsbetreuerin für Asylbewerber am Landratsamt arbeitet, stand als Referentin und Übersetzerin beim "Willkommens-Café" in Theres zur Verfügung. Mit im Bild Mohammad Alramadan aus Syrien. Fotos: Ulrike Langer


Dass über 120 Bürger aus Untertheres, Horhausen und Obertheres gekommen waren, hatte Bürgermeister Matthias Schneider im positiven Sinne "total überrascht". Zeigte der Besuch doch, dass das Interesse groß ist. "Wir haben 19 Neubürger in Untertheres und fünf Neubürger in Horhausen, die einen schweren Weg hinter sich haben, und es ist wichtig, dass wir sie begrüßen und willkommen heißen", erklärte er.

"Ich würde mir wünschen, dass sich auch bei uns ein Helferteam finden lässt, das den Neubürgern ein wenig zur Seite steht." Schneider berichtete vom Deutschkurs im Bürgerhaus, der gerade begonnen habe. Die Asylsuchenden lernen hier nun bis März 2016 jeden Tag vier Stunden die Sprache. Dass schon die ersten Stunden erfolgreich waren, offenbarte sich, als einer erzählte, dass er "Deutsch im Burgerhaus" lerne.

Zum Start gab es ein Buffet.

Unter anderem hatte Mohammad Alramadan mitgeholfen, Hähnchen mit Kartoffelauflauf, Reis mit Auberginen, Hackfleisch und Nüssen oder Hühnchensuppe mit Kichererbsen zu kochen. Beim Essen nahmen Besucher Kontakt auf. "Ich wollte sie einmal näher kennen lernen", meinte Siegfried Hußlein zu den Flüchtlingen. "Denn man sieht sie manchmal im Dorf, und einige von ihnen waren sogar bei unserer Schützenproklamation."


Immer zur Stelle

Einer, der sich in Untertheres sehr engagiert, ist Anton Hahn. Im Haus seines Sohnes Markus Hahn wohnten 17 junge Männer, zu denen sich jüngst ein Ehepaar gesellte. "Wir verständigen uns mit Händen und Füßen", so Hahn, der weder arabisch noch englisch spricht. Er lobt die Männer, die zwischen 15 und 54 Jahre alt sind, dass sie großen Wert auf Reinlichkeit legen. "Anton Hahn is a good man", bestätigte Ahmar Abd Alkafe. "Er hilft immer, wenn wir ihn brauchen, und wir sind sehr zufrieden hier."


Erste Station war Sand

Alle 24 Asylsuchenden kamen aus der Notfallunterkunft in Sand, wo man sie nur schweren Herzens ziehen ließ, wie Matthias Schneider mitteilte. Damit die Anwesenden einen Eindruck von den Schicksalen bekamen, übersetzte Siza Zaby, Alltagsbetreuerin für Asylbewerber am Landratsamt und selbst Syrerin.

Der Computeringenieur Mohammad Alramadan erzählte etwa, dass er vor dem Militärdienst nach Ägypten geflohen sei, weil er nicht auf seine Landsleute schießen wollte. In Ägypten habe er zwar ein Jahr gearbeitet; da er aber dort ohne Rechte gewesen sei, sei er nach Syrien zurückgekehrt und von dort über die Türkei, übers Meer nach Griechenland und weiter nach Deutschland geflüchtet.

"Ich habe so oft gehört, wie großzügig man hier ist. Aber ich habe das nicht geglaubt, bis ich hierher kam und mit offenen Herzen empfangen wurde und nun als Mensch respektiert werde", sagte er. "Ich danke ganz Deutschland und allen Leuten, dass sie so herzlich zu mir sind."


Das waren schlimme acht Monate

Dem Rechtsanwalt Baraa Tarsheh standen Tränen in den Augen, als er erzählte, dass er wegen seiner Meinungsäußerungen acht Monate im Gefängnis war und dort unsagbar Schlimmes erlebte. Er beklagte, dass die Türken zwar "liebe Leute", aber auch Rassisten seien und Kinder von Flüchtlingen zum Arbeiten zwängen. Er selbst wolle hier Syrien repräsentieren, betonte er. "Sie dürfen nicht denken, dass alle Syrer schlecht sind, nur weil einer nicht gut ist. Bitte lernen Sie erst den Menschen kennen, bevor Sie sich eine Meinung bilden", sagte er zu den Anwesenden.

Siza Zaby beantwortete viele Fragen der Bürger. Sie betonte, dass alle 24 Flüchtlinge registriert sind mit dem Status von Asylsuchenden. Erst wenn sie zu einer Anhörung vor einem Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge eingeladen werden, gelten sie als Asylbewerber. Doch kann es mehrere Monate dauern, bis ein solcher Termin zustande kommt. Anschließend erhalten sie nach weiteren drei, vier Monaten einen Aufenthaltstitel für drei Jahre. Seit November müssen sich die Asylsuchenden zu einem Integrationskurs anmelden. Sie alle haben ein iPhone, mit dem sie Kontakt zu ihren Familien daheim halten; allerdings verzichten sie dafür auf vieles.

Heike Kachur aus Horhausen, bei deren Familie fünf Asylsuchende leben, wünschte sich für Helfer ein "Handout" mit Grundinformationen. Siza Zaby teilte mit, dass man an einem Infoheft arbeite. Andererseits müssten die Flüchtlinge selbstständig werden. Die Bildungsmanagerin am Landratsamt, Julia Hünemörder, ergänzte, dass sie ehrenamtlich alle Bildungsträger und ehrenamtlichen Angebote bestmöglich vernetzen wolle. Sie teilte mit, dass ein Helferkreis gefördert werden könne (Informationen bei Monika Strätz-Stopfer, Landratsamt, Telefon 09521/27313).


Versicherung ist durch den Nachbarschaftshilfevertrag gegeben

Auf die Frage von Mark Plate, wie die Flüchtlinge versichert seien, wenn man sie in Vereinen integrieren wolle, sagte der Zweite Bürgermeister von Sand, Gerhard Zösch: "Alle sind durch den Nachbarschaftshilfevertrag versichert." Bürgermeister Schneider betonte, dass man den Flüchtlingen mitteilen müsse, dass es für die hiesige Bevölkerung auch nicht einfach sei. Deutschland sei kein "Wolkenkuckucksheim". Seine Leistungsgesellschaft beginne schon in der Grundschule.

Die Asylsuchenden müssten Geduld haben, da nicht alle Versprechungen der Schlepper zuträfen. Eine kurze Befragung ergab, dass alle hier bleiben wollten. "Doch wenn sich das politische System in Syrien ändert, würden sie alle gerne nach Hause zurückkehren", übersetzte Siza Zaby.

Nachdem Matthias Schneider informiert hatte, dass die Asylsuchenden Freizeitarbeit verrichten und Praktika wahrnehmen könnten, erklärten sich acht Personen aus Untertheres, vier aus Horhausen und eine Frau aus Obertheres zur Mithilfe bereit. Sie möchten Fahrdienste leisten, bei der Erlernung der deutschen Sprache helfen und die Flüchtlinge ganz allgemein unterstützen. Schneider bilanzierte:"Gemeinsam schaffen wir das."