Druckartikel: Zwischen Schotterbett und Lok

Zwischen Schotterbett und Lok


Autor: Klaus Oelzner

Pressig, Sonntag, 09. Juli 2017

Der ehemalige Pressiger Lokführer Karl Daum steht heute im Mittelpunkt einer ARD-Sendung.
In Führerständen von Dampfloks verschiedener Baureihen (im Bild Baureihe 89) stand Karl Daum beruflich viele Jahre seinen Mann.  Foto: kos


Zum Auftakt einer sechsteiligen Dokureihe unter dem Titel "Geheimnisvolle Orte" haben heute Erinnerungen des ehemaligen Pressiger Lokführers Karl Daum TV-Premiere. Ab 23.55 Uhr stehen in der ARD im Rahmen der 45-Minuten-Sendung mit dem Arbeitstitel "Der Grenzbahnhof Probstzella" unter anderem Episoden aus seinem Dienstverlauf zwischen Schotterbett und Lokführerstand im Mittelpunkt.
Bei der Aufzeichnung im bis zur Wende systematisch abgeschotteten Grenz- und Systemwechselbahnhof haben "die Fernsehmacher" besonderen Wert auf authentische Reportagedetails vor Ort gelegt. Für den heute in Lichtenfels lebenden 88-jährigen Senior bot sich damit eine Bühne, in seinem reich gefüllten Erlebnis-Schatzkästchen zu kramen. Die politischen Beziehungen hatten in der ehemaligen Deutsch-Deutschen Demarkationslinie zwischen Ludwigsstadt und Probstzella ein "Schlupfloch" für Güterverkehr und die als "Interzonenzüge" bezeichnete Schnellzuggarnituren offen gehalten.
Der jetzige Ruheständler war befugt, während der Zeit des "kalten Kriegs" Personen- und Güterzüge über die nicht nur im Gleisbereich gesicherte Demarkationslinie bis nach Probstzella (seit 1961 Sperrgebiet) zu führen bzw. nach Ankoppeln einer Elektrolokomotive Zuggarnituren zur Weiterfahrt in dem elektrifizierten Bereich der damaligen Deutschen Bundesbahn (DB) abzuholen.


Erniedrigendes Vorgehen

"Von Probstzella kannte ich bis zur Wende nur das Bahnhofsschild und die schon 1885 fertiggestellten historischen Bahnhofsgebäude", erinnert sich Daum und schiebt gleich nach: "Wenn ich am Tag dreimal über die Grenzlinie rollte, dreimal den gleichen DDR-Grenzern ausgeliefert war, musste ich dreimal meinen Ausweis vorzeigen und dreimal das von links und von rechts bewachte Durchsuchungsprozedere auf der Maschine über mich ergehen lassen", beschreibt er das letztlich unmenschliche, erniedrigende Vorgehen der "volkseigenen Transportpolizisten (TRAPO). "Sie kannten meinen Lebenslauf und mein Hobby als begeisterter Chorleiter und Aktiver im Pressiger Eisenbahnerchor Frohsinn ganz genau." Nach Ende der Prozedur wurde er vom Führerstand in einen betont schlicht ausgestatteten Aufenthaltsraum begleitet. Dort war Warten bis zum nächsten Einsatz angesagt.
Die Zusammenlegung der Bahnverwaltungen Ost und West zur Deutschen Bahn brachte die (wieder) durchgehende Elektrifizierung der Hauptbahn München - Berlin mit sich. Längst verkehren Fern- und Regional-, aber auch Güterzüge in Richtung Saalfeld/Saale bzw. Kronach/Lichtenfels ohne zeitraubende Zwangsaufenthalte und erforderlichen Lokomotivtausch.
An die Historie erinnert das inzwischen im früheren Empfangsgebäude installierte (bundesweit einzige) Grenzbahnhofsmuseum. Jeweils 300 Kilometer entfernt von München im Süden und Berlin im Norden. Details, die auch im Fernsehdokument eine Rolle spielen. kos