Druckartikel: Zweiter Anlauf bringt den Erfolg

Zweiter Anlauf bringt den Erfolg


Autor: Sonja Adam

Ködnitz, Dienstag, 26. Juli 2022

Eigeninitiative  Der erste Versuch, bedürftigen Menschen ein bisschen Abwechslung und Glück zu schenken, war noch im Sande verlaufen. Beim zweiten Partytermin wurde der Ködnitzer Horst Ramming zum "Helden des Alltags".
Auf keinen Fall sollte Horst Ramming wieder alleine feiern, dachte sich diese Gruppe, und kam spontan vorbei. Alle hatten Spaß.


Nach dem gescheiterten Versuch, Tafelkunden zu einer Party nach Ködnitz einzuladen, war Horst Ramming zugegebenermaßen etwas frustriert. Denn am Wochenende war niemand gekommen, obwohl Ramming Bockwurst mit Kraut, Weißwürste mit Brezen, Blaugesottene, Brotzeiten, Suppen, Pizza, Bier, Mineralwasser und Säfte bereitgestellt hatte.

Doch der Bericht in der Bayerischen Rundschau über den totalen Flop führte zu einer immensen Resonanz. Schnell machte die Geschichte die Runde.

Und beim zweiten Versuch kamen die Menschen: Ganz normale Bürger, die Horst Ramming ihren Respekt für die Idee aussprechen wollten, und auch Tafelkunden, die sich allerdings nicht gerne ablichten lassen wollten.

Heike K. etwa berichtete, dass sie als Teilzeitkraft im Verkauf arbeitet. Sie hat ein Kind und kann von dem, was sie verdient, nicht leben. "Ich glaube nicht, dass es bei mir irgendwann besser wird. Im Gegenteil: Jetzt wird alles teurer. Es ist schön, wenn sich jemand einfach mal so Gedanken macht und sich engagiert. Ich bin gerne gekommen", sagte die Kulmbacherin.

"Hier gibt es Sachen, die man sonst nicht jeden Tag hat. Ich hatte Weißwürste, dann noch eine Pizza", erzählt eine andere Tafel-Kundin, die ebenfalls lieber anonym bleiben möchte. Die Otto-Normal-Bürger, die aus Neugier zu Horst Ramming gekommen waren, waren nicht von den Tafelkunden zu unterscheiden. Nur die Erzählungen unterschieden sich.

Eine junge Frau, die mit ihrer Mutter nach Ködnitz gekommen war, war gerade einmal 29 Jahre alt. Sie lebt in der Münchberger Gegend und war als Diätassistentin tätig. Dann bekam sie Corona und zwar richtig heftig. Und seitdem schmeckt und riecht die 29-Jährige nichts mehr. Seit mehr als zwei Jahren!

Sie wollte eine Umschulung machen, doch bislang hat das zuständige Jobcenter ihr genau diese nicht genehmigt. Das Problem ist, dass sie am Anfang der Pandemie infiziert war und dass dies nicht diagnostiziert wurde. "Es ist für mich schwer, zur Tafel zu geben. Wenn man ansteht, dann fahren Autos vorbei und mancher schaut einen an, als ob man Abschaum wäre", berichtete sie. Aus diesem Grund fand die junge Frau die Einladung zum Fest in Ködnitz gut. Denn endlich begegneten sich die Menschen auf Augenhöhe - ohne Vorurteile.

Eine Familie war eigens aus der Oberpfalz angereist. Eine andere Frau erzählte, dass sie bei der Justiz tätig war und trotzdem von Hartz IV lebe. "Aber ich komme raus. Ich studiere jetzt und möchte einen besseren Job", sagte sie.

Ein 52-jähriger Tafel-Kunde berichtete, dass er früher einmal Bürokaufmann war. Doch das sei schon viele Jahre her. "Wenn ich mich bewerbe, dann hagelt es nur Absagen." Und mit jeder Absage werde sein Selbstbewusstsein ein bisschen geringer.

Eine Dose mit Glücks-Sprüchen

Eine alleinerziehende Frau aus Kulmbach hatte dem Gastgeber eine Urkunde ausgedruckt: "Held des Alltags" steht auf dem Papier - und der Name des Gastgebers. Doch das ist nicht alles. Als Gastgeschenk bekam Horst Ramming eine Dose mit Glücks-Sprüchen.

"Ich war selbst bei der Tafel und habe mir angeschaut, wie alles abläuft. Manche packen sich die Taschen voll und gehen dann wieder. Ich wollte mit meiner Aktion einmal etwas anders machen. Ich wollte mit den Menschen fröhlich sein und über Gott und die Welt reden", sagte Horst Ramming. Doch eigentlich hoffte der Ködnitzer nur eins: Dass sein Beispiel Schule machen solle.

Tatsächlich gab es für die Einladung von Horst Ramming nicht nur Lob und Anerkennung. "Manche haben geschrieben, dass ich Fahrdienste hätte anbieten sollen, dass ich keinen Alkohol anbieten soll und dass die Lebensmittel nicht funktionieren würden." Trotzdem gibt er nicht auf. Am Donnerstag und Freitag lädt Horst Ramming erneut zum Essen in seinen Garten. Die neuen Feste finden jeweils ab 16 Uhr statt. Willkommen sind alle, die Lust auf Austausch und zum Plaudern haben.

Kein Ersatz für die Tafel

Doch wie sieht eigentlich die Tafel die Aktion? Vorsitzende Elfriede Höhn konnte beim ersten Termin nicht kommen. "Wir haben mit der Aktion nichts zu tun, aber ich habe die Flyer gesehen", so Höhn. "Wir hätten den Initiator gerne mit unserem Know-ow unterstützt." Da mehr als 80 Prozent aller Tafelkunden einen Migrationshintergrund haben, habe sie für weitere Fleischsorten plädiert. Kein Verständnis hat Höhn dafür, dass an die Menschen Alkohol ausgeschenkt wird. "Es könnten auch trockene Alkoholiker oder Suchtkranke dabei sein. Bei der Tafel gibt es generell keinen Alkohol", sagt sie. Sie sieht das Fest höchstens als nette Geste, keinesfalls als Ersatz für die Tafeln. Auch den Ort des Festes hält Höhn für nicht ideal. Denn die Anbindung sei schwierig.