Zwei Morde und Meraniens Untergang
Autor: Matthias Einwag
Lichtenfels, Montag, 21. Sept. 2015
Italientour In dieser Woche geht es in der Serie "Europatour" um Italien. Ein weites Feld - ist doch Italien das klassische Urlaubsziel der Deutschen. Doch es geht auch um Franken. Deshalb wollen wir eine reale italienische Region, das Friaul, mit einer fiktiven Reise verbinden, die in Niesten beginnt.
von unserem Redaktionsmitglied
Matthias Einwag
Kreis Lichtenfels — Wer heute die Burgruine Niesten bei Weismain besucht, findet kaum noch historisches Gemäuer. Lediglich eine unscheinbare Stützmauer und einige Kehlgräben zeugen von der einst mächtigen Burg. Hier starb am 19. Juni 1248 Herzog Otto II. - der letzte Meranier. Die Umstände seines Todes sind bis heute mysteriös. Hartnäckig hält sich die Version, der 30-jährige, kinderlose Herzog sei von seinem Hofmeister ermordet worden. Der Mord gleicht einem Krimi: Der Herzog könnte erstochen, erdrosselt oder vergiftet worden sein. Genau ist auch das nicht bekannt.
Warum aber kam es ausgerechnet in der tiefsten fränkischen Provinz zum Zusammenbruch des ruhmreichen Geschlechts mit europäischem Ruf? Niesten war zwar die Lieblingsburg Ottos, aber längst nicht die bedeutendste der zahlreichen Ansitze der Meranier.
Machtzentrum in Franken
Eigentlich hatte Otto vorgehabt, sein neues Machtzentrum im Gebiet des heutigen Oberfranken aufzubauen - die Veste Plassenburg ist mit großer Wahrscheinlichkeit auf seine Initiative zurückzuführen. Die Meranier hatten das Gebiet um Hof als Reichslehen inne. Bayreuth, Kulmbach, Niesten mit Weismain, Lichtenfels, Scheßlitz, Thurnau, Guttenberg, die Burg Zwernitz, die Veste Rosenberg, der Gügel und Klosterlangheim - all diese Orte sind Zeugnisse davon, welchen entscheidenden Anteil zur wirtschaftlichen Erschließung des Landes die Meranier hatten.Doch etwas kam dazwischen. Bevor Otto II. seine immense Territorialbildung am Obermain - vom Fichtelgebirge bis zum Frankenwald - abschließen konnte, erlosch das Geschlecht.
Meranien - das Land am Meer
Ihre unmittelbare Nähe zum staufischen Herrscherhaus wird von Historikern als Grund für den Aufstieg der Andechs-Meranier, für ihre Macht und ihren Einfluss gewertet - aber auch als wichtige Ursache für ihren Niedergang. Die Zugehörigkeit zur Oberschicht des Reiches hatte Berthold IV. wohl Ende 1180 den Titel Herzog von Meranien, Dalmatien und Kroatien eingebracht, eines an Istrien grenzenden Gebietes der nordöstlichen Adriaküste. Die Forschung geht heute davon aus, dass dies als Ausgleich für die Übertragung des bayerischen Herzogtums an Otto von Wittelsbach geschah. Der Name Meranien hat übrigens nichts mit der Stadt Meran zu tun; terra Marani bedeutet so viel wie "Gebiet am Meer", "Land am Meer gelegen".
Letzte Machterweiterung
Das Herzogtum Meranien war Ende des 12.
Jahrhunderts ein realer Territorialstaat geworden, der den westlichen Teil des Herzogtums Baiern zwischen Augsburg und Bozen zu einem eigenen Feudalfürstentum und einer Landesherrschaft werden ließ. Die Meranier kontrollierten die wichtigsten Alpenpässe und sie stellten mit Berthold V. ab 1218 den Patriarchen von Aquileia. Das war jedoch die letzte Machterweiterung des Geschlechtes südlich der Alpen.Ein Mord könnte Auslöser des Niedergangs der Meranier und des Aufstiegs der Wittelsbacher gewesen sein: Otto von Wittelsbach erstach 1208 König Philipp von Schwaben in der Residenz des andechs-meranischen Bischofs Ekbert in Bamberg. Der Bischof und sein Bruder Heinrich, der Markgraf von Istrien, wurden verdächtigt, Mitwisser zu sein, verfielen der Reichsacht und mussten fliehen. Philipp war der letzte noch lebende Sohn Kaiser Friedrich Barbarossas.