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Zum Swingen in den Keller


Autor: Teresa Hirschberg

Bad Kissingen, Freitag, 14. Sept. 2018

Schon seit 18 Jahren wird im "Bismarck's Basement" in der Oberen Saline musiziert. Aber wie ist der Jazz eigentlich ins Museum gekommen?


Teresa Hirschberg Entweder man liebt es oder hasst es. Wie die Finger des Pianisten über die Klaviatur wirbeln, die Trompete dazwischen vorprescht und das Saxophon plötzlich einen Alleingang wagt. Jazz ist Geschmackssache. Aber Jazz funktioniert in Bad Kissingen richtig gut. Und das ausgerechnet in Ottos altem Keller.

2000, kurz nach der Eröffnung des Museums Obere Saline, entstand "Jazz im Bismarck's Basement". Mit zwei Pilotveranstaltungen ging die Konzertreihe im Gewölbekeller zunächst an den Start. Begonnen hatte das Experiment jedoch schon eher, in der Aula des Bad Kissinger Jack-Steinberger-Gymnasiums. Oberstudienrat und Kunstlehrer Wolfgang Röhrle hatte hier bereits eine lockere Jazzreihe geschaffen. "Wir haben dem Ganzen dann einen attraktiven Rahmen gegeben und es professionalisiert", erklärt Kulturreferent Peter Weidisch.

Wie ist die Akustik in den alten Museumsmauern? Wie reagieren Publikum und Musiker in dieser Location aufeinander? Die Antwort: "Es kam hervorragend an", sagt Peter Weidisch. Das Konzept der Veranstaltungsreihe ist denkbar einfach - und gesundheitsschonend: unplugged und rauchfrei. Das Prinzip hat sich bewährt. Das Museumsteam plant derzeit bereits das Programm für 2020/21.

Wohlfühlen hat Priorität

Die Künstlerbetreuung übernimmt Helena Scharf. Die ehemalige Museumsleiterin hat die Konzerte von Beginn an mit ihrem Team organisiert und sich um die Musiker gekümmert. "Denn Künstler, die sich wohlfühlen, spielen auch gleich besser", meint Peter Weidisch. Und das tun sie wirklich: Besonders die intime, familiäre Atmosphäre im Jazzkeller würden sie zu schätzen wissen.

"Das Publikum ist sehr nah an der Musik dran. Das ist auch die Besonderheit dieser Konzerte", meint Peter Weidisch. Seine Kollegin Annette Späth, die im Februar dieses Jahres Helena Scharfs Nachfolge angetreten hat, ist da ganz seiner Meinung: "Die Location ist beliebt. Die Künstler fragen öfter: ,Sie wissen aber schon, dass sich das bereits in der Szene herumgesprochen hat?‘"

Guter Resonanzkörper

Der Gewölbekeller diene als guter Resonanzkörper, der Ton und Stimme trage. Bis zu 90 Gäste passen in den Raum - dann wird es aber auch ziemlich eng. Dresscode gibt es hier keinen, tanzen ist erlaubt - rein theoretisch. "Dafür haben wir wohl leider gar keinen Platz", gibt Annette Späth zu.

Aber was hat es eigentlich mit dem Namen der Konzertreihe auf sich - war Otto von Bismarck wohl glühender Jazz-Fan? "Wir haben beim Namen auch bewusst die englische Form gewählt, um auch einen sprachlichen Bezug zum Jazz herzustellen", erklärt Kulturreferent Peter Weidisch. Außerdem würde der Titel den familiären Charakter der Konzerte unterstreichen: Man trifft sich eben bei Bismarck im Keller.

Der Reichskanzler war ab 1874 mehrmals in Bad Kissingen und auch in der Oberen Saline zu Gast. "Es wäre schon interessant zu wissen, was er von unserer Veranstaltung halten würde", fragt sich Annette Späth. "Und ob Bismarck mitgeswingt hätte."

Das Publikum tut es jedenfalls: Bad Kissingen habe nämlich seine eigene kleine Jazz-Nische. Die Zuhörer kommen aus dem Landkreis, aus Schweinfurt oder sind als Kurgäste in der Stadt. Aber nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne finden sich Stammgäste. Die Kissinger Wolfgang Kriener und Michael Keul zieht es beispielsweise immer wieder in den Keller. Unter den Musikern finden sich aber nicht nur etablierte Jazz-Hochkaräter, sondern auch Newcomer. Und manch einer hatte im Bismarck's Basement sogar seinen großen Durchbruch.

Nur die Besten schaffen es

"Wir wollen wirklich gute Leute", macht Peter Weidisch deutlich. "Wir laden niemanden ein, den wir nicht bereits kennen oder in dessen Demos wir reingehört haben."

Bewerbungen um einen Programmplatz würden täglich im Mailordner eintreffen. Echoes of Swing, Witchcraft, Claus Koch, Carolin Breuer oder Johannes Ochsenbauer zählt Helena Scharf unter anderem zu ihren ganz persönlichen Top-Künstlern.

"Das sind Musiker, die ihr Instrument wirklich beherrschen. Wenn die improvisieren, wird nicht einfach rumgeklimpert", betont Annette Späth. "Wie der Funke von den Musikern aufs Publikum überspringt - das erlebt man hier."