Druckartikel: Zahlungsmoral der Eltern bereitet Sorge

Zahlungsmoral der Eltern bereitet Sorge


Autor: Peter Schmieder

Haßfurt, Freitag, 03. Juni 2016

Die Arbeiterwohlfahrt stellt das Essen für die Mensa am Schulzentrum in Haßfurt. Täglich werden bis zu 350 Portionen ausgegeben. Der Laden läuft. Allerdings gibt es kleinere Probleme: Die Schüler müssen in Spitzenzeiten lange anstehen. Der Müll bleibt liegen. Und dann das Geld.
Das Thema Schulessen beschäftigte den Schulzweckverband am Mittwoch. Besonders die schlechte Zahlungsmoral der Eltern sorgte für Kopfzerbrechen. Foto: Peter Schmieder


In der Sitzung des Zweckverbandes Schulzentrum Haßfurt ging es unter anderem um das Essen, das für die Schüler in der Mittagspause angeboten wird. Die Mensa und das "Chilly-Café" werden von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) betrieben. "Mein Team hat sie zu einer runden Sache gemacht", sagte der Geschäftsführer Toni Michels. So werden in der Mensa täglich rund 320 bis 350 Essen ausgegeben. Was im "Chilly-Café" verkauft werde, sei nicht zählbar aufgrund des hohen Andrangs, hieß es.
Michels sagte allerdings auch: "Die runde Sache hat bei genauerem Hinsehen ein paar kleinere Dellen." So sprach er von den schlechten Möglichkeiten, den großen Ansturm der Schüler besser zu kanalisieren, wodurch die Schüler oft bis vor die Tür stehen. Gerade in den Pausen, in denen sich die Schüler erholen sollen, sei das problematisch, denn "die Atmosphäre ist gleich null".
Weiter beklagte er das "fürchterliche Ordnungsempfinden" mancher Schüler. So sammelten sich Müllberge an und Dinge würden beschädigt, berichtete er. "Wir haben keine Lösung", meinte Michels weiter. Den Mitarbeitern fehle auch die Zeit, in den Pausen diese Probleme zu beseitigen.
Kleinere Mängel hatte die Awo hingegen von sich aus abstellen können. So reagierte das Team auf eine Schülerbeschwerde, dass von dem vegetarischen Essen oft zu früh nichts mehr übrig sei. Mittlerweile wird daher mehr davon zubereitet.
Erhöht wurde außerdem der Bio-Anteil in den verwendeten Lebensmitteln. "Man schmeckt's auch", sagte Michels und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: "Hoffentlich." Wichtig sei auch, dass Produkte aus der Region verwendet werden und der Awo alle Lieferanten bekannt sind.
Ein großes Problem, das Michels ansprach, war die Zahlungsmoral der Eltern. An der Essensausgabe wird registriert, was die Schüler essen, die Rechnung sollte dann später von den Eltern beglichen werden. "Es ist außergewöhnlich, wie wir dem Geld hinterherrennen müssen", beklagte Michels. "Manche sind's gewohnt, dass nichts passiert", kommentierte er das Fehlen von Mitteln, die Menschen dazu zu bringen, ihre Schulden zu begleichen.
Dieser Punkt führte zu einer längeren Diskussion, wie sich dieses Problem lösen lasse. Gerade bei Kindern aus prekären finanziellen Verhältnissen gebe es hier häufig Schwierigkeiten. Diese beziehen sich nicht nur aufs Essen. Verbandsrätin Helene Rümer merkte an, dass auch Lehrer, die beispielsweise für das Fach Werken von den Eltern ihrer Schüler Materialkosten verlangen müssen, das gleiche Problem hätten. "Das müssten wir mal generell besprechen", meinte sie.
Auch die Rektorin der Mittelschule, Susanne Vodde, berichtete von einem Fall, in dem die Schule auf den Kosten für eine Klassenfahrt sitzen blieb, weil die Eltern eigentlich Anspruch auf Unterstützung gehabt hätten, jedoch die nötigen Formulare nicht abgaben. "Die Eltern versprechen alles, aber tun nichts", sagte sie. "Das ist wirklich ein Dilemma", sagte sie, denn wie andere sprach auch sie sich dagegen aus, die Schüler unter der schlechten Zahlungsmoral ihrer Eltern leiden zu lassen.
"Für mich ist Priorität, dass die Kinder was zu essen kriegen", betonte Verbandsrat Hachem Farmand. Auch der Sander Bürgermeister und Kreisrat Bernhard Ruß sagte, die Folge dürfe nicht sein, dass die Kinder der zahlungsunwilligen Eltern dann an der Essensausgabe abgewiesen werden. "Das wäre eine weitere Stigmatisierung. Und die Kinder können nichts dafür." Toni Michels äußerte die Sorge, dass manche Eltern ihre Kinder eher vom Schulessen abmelden würden, als die ausstehenden Schulden zu bezahlen. "Gerade diese Kinder tragen schon genug mit sich rum."


Bei den meisten klappt es ja

Landrat Wilhelm Schneider bemerkte hingegen, welche fatalen Folgen es hätte, den Eltern den Eindruck zu vermitteln, die Kinder würden versorgt, auch wenn das Geld nicht fließe. "Sowas darf sich nicht rumsprechen, sonst haben wir ein noch größeres Problem." Weiter sagte er allerdings, man solle diese Problemfälle nicht überbetonen. "Über 300 Schüler werden versorgt. Das klappt in den meisten Fällen reibungslos."
Ein weiteres Thema waren die Schülerzahlen. Während die Vertreter von Mittelschule, Realschule und Gymnasium von stabilen bis leicht rückläufigen Schülerzahlen berichteten, kündigte Grundschulrektorin Gisela Schott an, es werde bald erhöhten Raumbedarf geben. Das liege nicht nur an den steigenden Schülerzahlen, welche nicht ausschließlich mit Flüchtlingskindern zu tun hätten. "Der Unterricht hat sich in den letzten 20 Jahren total verändert", begründete Schott, warum eine Schule heute bei gleichen Schülerzahlen nicht mehr auf dem gleichen Raum unterrichten kann wie damals.
Ebenfalls um die Grundschule ging es bei der Entscheidung, im Schulgebäude einen Aufzug einzubauen, der die Mitglieder zustimmten. Zuvor hatte Gisela Schott über den aktuellen Stand der Dinge berichtet. Demnach ist ein Unterricht nur für Schüler möglich, die sowohl das Erdgeschoss als auch den ersten Stock des Gebäudes erreichen können, da es bestimmte Räume jeweils nur in einem der beiden Stockwerke gibt. So berichtete die Schulleiterin, dass bereits Schüler abgewiesen werden mussten, weil diese die Treppen nicht hätten nutzen können. "Weil wir eine Schule für alle sein wollen, ist der Aufzug für uns ganz wichtig", sagte Schott: An der inklusiven Schule wird eine sonderpädagogische Klasse der Lebenshilfe unterrichtet. Auf die Frage, wie in Notfallsituationen, in denen Aufzüge nicht benutzt werden dürfen, behinderte Schüler gerettet werden können, erklärte Schott, Lehrer, die gerade im Lehrerzimmer weilen, hätten die Weisung, im Fall eines Feueralarms den Schülern der Lebenshilfeklasse zu helfen.
Der Aufzug kommt auf knapp 100 000 Euro. Die Regierung von Unterfranken beteiligt sich zu 50 Prozent.
Außerdem erklärte Gisela Schott, der Aufzug sei nur mit einem Schlüssel zu betreten, den die Betreuer der behinderten Schüler bekommen. Damit soll verhindert werden, dass nicht behinderte Schüler zum Spaß mit dem Aufzug fahren oder darin Unfug anstellen.