"Wunderbar war mir es ums Herz"

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Ansicht der Burg Zwernitz beim Buchenwald, gezeihnet von Johann Köppel im Jahr 1792.
Ansicht der Burg Zwernitz beim Buchenwald, gezeihnet von Johann Köppel im Jahr 1792.
 
Ansicht vom Buchenwald Sanspareil mit dem Morgenländischen Bau,, ebenfalls 1792 gezeichnet von Johann Köppel Repros: Reinhard Löwisch
Ansicht vom Buchenwald Sanspareil mit dem Morgenländischen Bau,, ebenfalls 1792 gezeichnet von Johann Köppel  Repros: Reinhard Löwisch
 

Vor 250 Jahren kam ein Mann auf die Welt, der nicht nur als Politiker und Professor für Furore sorgte, sondern auch als erster "offizieller" Wanderer der Fränkischen Schweiz: Ernst Moritz Arndt.

Eine Woche lang durchstreifte Ernst Moritz Arndt die Region und hielt seine Eindrücke und Erlebnisse in detailgenauen Tagebucheinträgen fest, die dann unter dem Titel "Bruchstücke einer Reise von Bayreuth bis Wien" 1801 von ihm veröffentlicht wurden.

Arndt startete, um in der Chronologie seiner Einträge zu bleiben, am 19. Juni in Bayreuth zu seiner Reise in die Fränkische Schweiz, nachdem er zuvor zehn Tage lang durch den Thüringer Wald und das Fichtelgebirge gelaufen war, um seinen Bruder zu besuchen. Den Kutschenwegen damaliger Zeit folgend, lief er über Donndorf-Eckersdorf, vorbei an Schloss Fantaisie und dem berühmten Park nach Obernsees, wo er, wegen starken Regens in einem Gasthaus einkehrte und dort einen Schneider kennenlernte, mit dem er am nächsten Morgen nach Sanspareil weiterwanderte.

Dabei fiel ihm auf, "dass außer Hafer und Roggen zuweilen auch Gerste und Weizen, aber kümmerlich", hier wächst und "hie und da auf den hohen Wiesen und an den Bergen Kinder und Ziegen weiden". Die "beschindelten Dächer" nehmen ab, beschreibt er weiter seine Beobachtungen und "Strohdächer und einige beziegelten geben einen freundlichen Anblick". Er kommt auch an der Rupertuskapelle vorbei, "wohin (...) noch jährlich viele Menschen wallfahrten".

Vater war noch Leibeigener

Die Gespräche mit den Bauern und dem Wirt im Wirtshaus von Obernsees haben Arndt ausnehmend gut gefallen. "Mir ist wohl unter euch Menschen aus niedrigem Volk" hielt er im Tagebuch fest. Vielleicht hat er dabei auch an seinen Vater gedacht, der noch als Leibeigener einem Gutsherrn ausgeliefert war, ehe er sich freikaufen konnte.

Erst um 10 Uhr, so schrieb Arndt, machte er sich mit dem neuen Freund auf den Weg. Über Schönfeld und Gelbsreuth "bald auf bambergischen, bald auf bayreuthischem Gebiet" liefen die beiden "durch alle möglichen Steige und Gehölze", ehe sie Sanspareil erreichten. Dort trennten sich die Wege und Arndt besuchte sogleich den "Wald der großen Buchen, denn er mag nicht über 400 Fuß breit seyn".

Hier hatte Arndt, ähnlich wie später in Waischenfeld, ein großes Naturempfinden: "Mein Seele war froh, aber nicht leicht, ich sah alle Dinge nur groß und furchtbar. Wunderbar war mir es ums Herz, als ich die einzelnen großen Massen erblickte, die aus Zauberhänden als ein Spiel der Zauberey hingewälzt schien".

"Widerlich die Schnörkeleyen"

Er meinte die vielen künstlich angelegten Grotten und Aussichtsplätze, das Ruinentheater und Skulpturen der griechischen Mythologie, die im Buchenwald zu finden waren. Beim genaueren Hinsehen bemerkte Arndt jedoch: "Natur hat hie und da Grotten gegraben, Kunst zuweilen verbessert, öfter verschlimmert." Besonders ärgerten ihn hölzerne Bänke und Tische: "Widerlich (...) die Schnörkeleyen von Menschenhänden unten und oben, doch Gottlob werden die vermodert seyn, wenn der 20. Enkel von mir hierher wallfahret".

Arndt besuchte noch das Jagdschloss des Markgrafen Friedrich, Schloss Zwernitz, ehe er sich aufmachte und über Wonsees und Hollfeld nach Hochstahl lief. Offensichtlich war er am Fronleichnamstag unterwegs, denn "der ganze Kirchhof lag voll Knieenden und von Ferne schon hörte man die Stimmen der Pfaffen und der Orgel".

Er wollte nach dem Weg fragen, fand aber in den Häusern nur kleine Kinder vor. "In den folgenden Dörfern war es ebenso" schrieb er. Er fand keine Menschen, nur "Heiligenbilder, Christusse, Marien an allen Ecken und Kreuzwegen in allen Gestalten", womit er vermutlich Kleindenkmäler meinte: Martern, Wegkreuze und dergleichen. "Da ärgert mich die Frömmigkeit der guten Christenkinder und ich ging missmuthig aufs Geratewohl weiter", hielt er im Tagebuch fest.

Streit und Flucht

Dann traf er doch auf Einheimische, die er verärgert und offensichtlich recht forsch anging mit der Frage nach dem richtigen Weg. Jedenfalls zog einer der angesprochenen ein Messer, worauf Arndt schnell das Dorf verließ: "Ich verließ mich dabey auf die Behändigkeit meiner Füße" notierte er später. Ein Junge zeigte ihm dann schließlich den Weg nach Muggendorf, "wo ich nun sitze unter Amtsschreibern und Posthaltern aus Streitberg und mich in politischen Diskursen für den Schlaf bereite".