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"Wir sind sehr stolz auf ihn"


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Schweinfurt, Freitag, 09. Sept. 2016

Kennen Sie Friedrich Rückert? - Das wurden Passanten auf dem Schweinfurter Marktplatz gefragt.
Rückert zum Anfassen gab es im Juni auf dem Marktplatz. 500 bunte Büsten standen zum Verkauf. Ottmar Hörl hatte den Kopf des Dichters in Plastik gegossen. Foto: Oliver Schikora


Nach exakt 87 Minuten waren am Rückert-Denkmal auf dem Marktplatz 50 Antworten von 50 Fußgängern notiert. Da die Meinungsforscher über nicht repräsentative Umfragen die Erkenntnis gewonnen haben, dass sich zumindest Trends erkennen lassen, lautet des Ergebnis, dass der Schweinfurter weiß, wer auf dem Stuhl des Denkmals sitzt, und dass dessen Geburtshaus an der Ecke Markt/ Rückertstraße einen neuen Anstrich braucht.
Nichts oder auch "gar nix" wussten nur fünf von 50 Befragten über Friedrich Rückert, - geboren am 16. Mai 1788 in Schweinfurt; gestorben am 31. Januar 1866 in Neuses, deutscher Dichter, Sprachgelehrter und Übersetzer sowie einer der Begründer der deutschen Orientalistik; gilt als Sprachgenie und beschäftigte sich mit mindestens 45 Sprachen.
Allen anderen war zumindest der Name bekannt und auch der "Dichter aus Schweinfurt, dessen Werke sehr bekannt sind und auf den wir sehr stolz sind", meinte ein 13-jähriger Schüler.
Etwa jeder Zweite konnte mit Begriffen wie Orientalist oder Weltpoet etwas anfangen, weil er darüber in den Zeitungen gelesen - und im Rückert-Jahr "sehr viel gelesen" hat. Veranstaltungen und Ausstellungen, die bislang zum Rückert-Jahr stattfanden, haben nur wenige besucht.


Nachhilfe in Sachen Heimatkunde

Allerhand Lob gab es trotzdem für die Organisatoren, denn dass es ein Rahmenprogramm gibt, habe man allenthalben erfahren. So freute sich ein 73-jähriger Rentner über die Nachhilfe in Sachen Heimatkunde.
Während ein weiterer Rentner aus Gerolzhofen "leider nur von vielen Gedichten" und dem Rückert-Haus wusste, hatte ein Angestellter, der in der Innenstadt arbeitet und täglich von Fladungen nach Schweinfurt pendelt, den Namen des Dichterfürsten noch nicht gehört.


Innige Beziehung

Eine fast schon innige Beziehung hat ein Oberndorfer zu seinem "Freund Friedrich" aufgebaut. Am Denkmal ruht er sich oft aus, wartet, bis seine Frau ihn beim "Friedrich" abholt. Wunderschön sei der Marktplatz, er und "Friedrich" seien mittendrin im Stadtgeschehen.
Zwei Männer in der Mittagspause meinten, dass man an Rückert im Rückert-Jahr nicht vorbeigekommen sei - auch ohne an Führungen und Ausstellungen teilgenommen zu haben.
Eine der beiden Frauen im Straßencafé am Denkmal war dabei, als Anfang Juni die 32 Zentimeter hohen Rückert-Büsten aus Plastik des Konzeptkünstlers Ottmar Hörl vorgestellt wurden. Auch die "sehr informative" Ausstellung in der Kunsthalle hat sie besucht. Ähnliche Aktionen zu Kunst und Kultur wünscht sich die Frau öfters, deren Bekannte Rückert in dessen 150. Todesjahr Rückert sein lässt.Gleich nebenan kritisierte eine Viererrunde das Erscheinungsbild des Geburtshauses des Weltpoeten, das gewisslich keine Werbung für Schweinfurt sei. Statt lauter Vorschriften zu machen, hätte das Rathaus besser in den Stadtsäckel greifen und den Eigentümer bei der Renovierung unterstützten sollen, so die Meinung der zwei Frauen und zwei Männer.
Richtig gut informiert über den Orientalisten und Dichter ist eine junge Mutter, deren Nachwuchs im Kindergarten mit Rückert konfrontiert wurde, - der das Gedicht vom Spielmann kennenlernte, und der den Friedrich Rückert malte.
"Kein Interesse" hatten zwei 19-Jährige und auch die Gruppe von 16- und 17-jährigen Schülerinnen konnte mit Rückert wenig anfangen, Nach kurzer Beratung einigten sich die Mädchen auf "ein Dichter und Orientalist".
Die drei Taxifahrer berichteten von einigen Fahrgästen, die vor etlichen Wochen zu einer Rückert-Ausstellung zu fahren waren; die Marktfrau am Rückert-Denkmal von "jeder Menge Führungen, häufiger als irgendwann in der Vergangenheit und von einem tollen Interesse bei Einheimischen und von Touristen".


Pralinen und Sekt

Rückert-Pralinen und Rückert-Schokolade hat ein Schoko-Geschäft in der Rückertstraße "gut verkauft", während der Rückert-Sekt in der Weinhandlung am Markt "immer und seit Jahren läuft".
Ein Mann aus Oberlauringen hat nicht viel vom Rückert-Jahr mitbekommen, obwohl er oft in Schweinfurt ist, "weil die Stadt so schön ist". Rückert zum Anfassen mit Aktionen auf dem Marktplatz hätte er sich gewünscht.


Extra wegen Rückert gekommen

Nicht wegen Rückert, sondern um Äpfel zu kaufen, war Kulturamtsleiter Christian Kreppel auf den Markt gekommen. Ihn hat es besonders gefreut, dass die überregionale Presse über Schweinfurt und Rückert berichtet hat, über die Stadt und ihren großen Sohn, der schon zu seiner Zeit Antworten auf ganz aktuelle Fragen gegeben habe.
Die Antwort Nummer 50 kommt nicht vom Markt, sondern aus der Tourist-Info im Rathaus: Viele Gäste haben sich über Rückert und das Rückert-Jahr, über das Rahmenprogramm und die Sonderveranstaltungen informiert. Gäste seien extra wegen Rückert gekommen, freut man sich in der Tourist-Info.