Wiedersehen nach 75 Jahren
Autor: Rainer Glissnik
Lichtenfels, Dienstag, 11. August 2020
1945 als Nachbarsjungen aus dem oberschlesischen Gleiwitz geflüchtet und in Kronach gelandet. Helmut Glissnik und Manfred Puschmann lebten in Kronach beziehungsweise in Lichtenfels und trafen sich nun wieder.
Was für ein Moment: Ziemlich genau vor 75 Jahren hatten sich die beiden Gleiwitzer Helmut Glissnik und Manfred Puschmann nach ihrer Flucht zum letzten Mal im damals selbstständigen Gehülz gesehen. Nach einem Zeitungsbericht im März kam es zum Kontakt und jetzt zum Treffen.
Am 10. März früh um 3 Uhr hielt auf Gleis 3 im Kronacher Bahnhof ein Zug mit Flüchtlingen. Gemeinsam in einem Abteil Paula Glissnik mit ihren Kindern Helmut (13) und Edeltraud, dazu noch Martha Reimann, die dann einige Jahre später in Breitenloh verstarb. Und Emmi Puschmann mit ihrem sechsjährigen Sohn Manfred und Tochter Ingrid.
Am 10. März 2020 brachten Zeitungen in Kronach einen Bericht darüber, ein Freund erzählte Manfred Puschmann davon. Und der nahm Kontakt mit seinem Mitflüchtling auf. Aufgrund der Corona-Krise dauerte es etwas, aber jetzt kam es nach 75 Jahren zum Treffen. Dabei gab es so viel zu erzählen.
Im gleichen Haus in Gliwice
Helmut Glissnik hatte zur Familie Puschmann ein besonderes Verhältnis. Diese wohnte im gleichen Haus in Gleiwitz. Die oberschlesische Großstadt in Polen heißt nun Gliwice.
Am 16. September 1941 war Helmut allein mit seinem Vater in der Wohnung, als dieser nach Luft rang. Mutter und Schwester waren außer Haus, so ging Helmut zur Nachbarin Emmi Puschmann. Die eilte in der Nachbarschaft bei den Geschäften herum, um ein Telefon zu suchen und im Krankenhaus anzurufen. Ein Arzt war nicht erreichbar, zumal wegen des Kriegs viele Ärzte weg waren. Papa Franz kämpfte um sein Leben - und verstarb.
Schließlich kam der Krieg ins oberschlesische Gleiwitz. Die Mütter, Emmi Puschmann mit ihren zwei Kindern und Paula Glissnik mit Tochter Edeltraud, nutzten am 18. Januar 1945 den letzten abfahrenden Zug zur Flucht.
Flucht aus Oberschlesien
Sie fuhren nach Görtelsdorf im Riesengebirge zu Verwandten der Puschmanns. Manfred Puschmann hatte seinen Schulranzen dabei. Sein Vater war ebenso Eisenbahner wie der früh verstorbene Vater von Helmut Glissnik. Helmut wollte keine Schulzeit versäumen und blieb zurück. Erst am 15. Februar traf Helmut die Seinen wieder in Görtelsdorf im Riesengebirge, bei den Puschmanns und deren Verwandten.